Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
»Ein Ring aus Kälte, der das Feuer in seiner Mitte eindämmt.«
    »Das ist doch absurd«, flüsterte Will. »Selbst, wenn es hier wirklich so etwas gäbe – um es am Laufen zu halten, bräuchten Sie ein ganzes Heer von Servicetechnikern.«
    »Ein ganzes Heer ist etwas übertrieben«, antwortete Reimann säuerlich. »Aber soweit ich weiß, sind schon ein paar Mann nötig, damit wir keinen Wärmebruch bekommen. Eine ziemlich aufwendige und selbst für unsere Spezialisten undurchsichtige Angelegenheit, die wohl nur deshalb funktioniert, weil die Kraft des Feuers über ein System von Hohlräumen und Löchern an die Oberfläche entweichen kann, wann immer hier etwas Unvorhergesehenes passiert.«
    Will schüttelte halb verwirrt, halb empört den Kopf. »Den Blödsinn können Sie doch selbst nicht glauben.«
    »Und ob ich das kann«, schnappte Reimann. »Ich habe die Brandlöcher gesehen, die wie Überschlagventile funktionieren, immer und immer wieder, und ich habe versucht, ihre Anordnung zu begreifen, zusammen mit einem Spezialisten, der davon tausendmal mehr versteht als ich. Aber es ist uns noch nicht einmal im Ansatz gelungen. Unsere Altvorderen haben in dieser Hinsicht ganze Arbeit geleistet. Und was das bedeutet, können Sie sich ja vorstellen.«
    »Nein, das kann ich nicht«, antwortete Will ärgerlich. »Es sei denn, Sie meinen, dass aus einem dieser Löcher kochendes Gestein hervorgequollen ist, dem Falkenberg vor unseren Augen zum Opfer gefallen ist.«
    Reimann packte etwas fester zu, und Will musste die Zähne zusammenbeißen, um nicht laut aufzustöhnen, als ein scharfer Schmerz durch sein Bein fuhr. »Genau das ist es«, sagte er grob. »Ich verstehe nichts von den Kältemaschinen, aber man hat mir versichert, dass sie nach wie vor einwandfrei funktionieren. Aber irgendetwas passiert hier unten. Es eskaliert. Haben Sie eigentlich eine Vorstellung, was gerade über uns, in Köln geschieht?«
    Will verzichtete darauf, den Kopf zu schütteln oder etwas Entsprechendes zu sagen, als Reimann auch schon fortfuhr: »Es ist die Hölle, die dort ausbricht, das leibhaftige Fegefeuer. Oder, um es etwas prosaischer zu sagen: Es brechen vollkommen unkontrolliert Feuerfontänen hervor. Autos geraten plötzlich und scheinbar wie aus heiterem Himmel in Brand, Schulkinder werden von brennenden Gesteinssplittern getroffen und versengt, Hausfrauen stürzen plötzlich auf klaffende Erdspalten, aus denen rot glühendes, flüssiges Gestein hervorquillt, Feuerfontänen schleudern Kinderwagen beiseite … Ein unvorstellbarer Geruch nach verbranntem Menschenfleisch hängt in der Luft, giftige Schwaden verbrannten Kunststoffs wabern durch die Straßen, und aus Häusern dringen dicke Rauchschwaden, die die Luft so verpesten, dass man kaum noch atmen kann.«
    Reimann schwieg, wie erschöpft, nachdem er das gesagt hatte, und Will, erschüttert nicht nur durch seine Worte, sondern durch das leise Beben in seiner Stimme, das er so noch nie an dem ansonsten ausgesprochen beherrscht wirkenden Polizisten wahrgenommen hatte, entschlüpften zwei ausgesprochen dämliche Worte. »Sie übertreiben!«
    »Ich übertreibe – ach ja?« Reimann machte ein verächtliches Geräusch und stieß Will mit einer fast groben Bewegung halb von sich, die ihn stolpern ließ und wohl auch zu Fall gebracht hätte, wenn der Polizist nicht im letzten Augenblick wieder zugepackt und ihn mit sich geschleift hätte. »Ich übertreibe keineswegs, und das sollten ausgerechnet Sie wissen, Lokkens, denn schließlich stehen Sie im Zentrum dieser ganzen Scheiße. Vielleicht ist das, was ich erzählt habe, schon geschehen, vielleicht geschieht es gerade jetzt – und vielleicht haben wir noch ein, zwei Stunden Zeit, um die endgültige Katastrophe aufzuhalten.« Er atmete ein paar Mal heftig ein und aus, bevor er zwischen zusammengepressten Zähnen und mit der gefährlichen Ruhe eines Mannes fortfuhr, der nahe daran ist, endgültig die Nerven zu verlieren: »Feuer und Kälte sind seit Urzeiten in einem verdammt labilen Gleichgewicht. Das ist vielleicht überall so. Aber hier – hier ist vor einer unvorstellbar langen Zeit etwas aus dem Ruder gelaufen. Etwas, das mit einem erbitterten Streit zu tun hat. Und wie es aussieht, gehören Sie zu der einen und ich zu der anderen Gruppe, ob wir das nun wollen oder nicht.«
    Das aus dem Mund des nüchtern wirkenden Polizisten zu hören hätte Will bei jeder anderen Gelegenheit verblüfft. Aber jetzt war das nicht mehr der Fall. Jetzt

Weitere Kostenlose Bücher