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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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einige dieser undenkbaren Ursachen, die Will so sehr beunruhigten.
    Als gut eine halbe Stunde vergangen war, klopfte es an der Tür, und Georg selbst kam herein und brachte ihm ein Tablett mit Kaffee und kalten Sandwichs, das er kommentarlos neben dem Fernseher ablud, um sich dann wieder zu entfernen, noch bevor Will, dem vor Verblüffung schier der Unterkiefer heruntergeklappt war, irgendetwas sagen konnte. Er hatte noch nie erlebt, dass Georg einen seiner Gäste selbst bewirtete; so etwas war normalerweise deutlich unter seiner Würde, und das machte Will nur umso klarer, dass hier irgendetwas nicht mit rechten Dingen zuging.
    Er nahm das Tablett, stellte es neben sich auf das Bett und ertappte sich tatsächlich bei der kindischen Vorsichtsmaßnahme, die Sandwichs aufzuklappen und sich davon zu überzeugen, dass sie auch tatsächlich nur Wurst, Käse und Salat enthielten und nicht etwa geriebene Glassplitter oder kleine Stücke Stacheldraht. Will schüttelte den Kopf über seine eigene Narrheit – selbst wenn Georg wirklich etwas gegen ihn im Schilde führte, hätte seine Fantasie niemals ausgereicht, um sich eine so subtile Falle auszudenken –, biss vorsichtig von dem ersten Brot ab und schlang den Rest des Sandwichs dann mit Heißhunger herunter. Die ersten Bissen hatten seinen Appetit erst richtig geweckt, er hatte seit mehr als vierundzwanzig Stunden nichts Vernünftiges mehr gegessen.
    Während er den Teller methodisch bis auf den letzten Krümel leerte, ließ er die Kassette weiter laufen und spulte dann und wann ein Stück vor; die Bilder des brennenden Gebäudes waren immer gleich, auch wenn ihn das Ausmaß, das das Feuer am Ende angenommen hatte, wider besseres Wissen doch noch erschreckte. Aber er hielt stets an, wenn ein Zeuge befragt wurde, ein Spezialist seine Meinung zum Besten gab oder die Kommentatoren irgendeine Neuigkeit zu verkünden hatten.
    Das, worauf er wartete, kam nicht. Kein Wort über Reimann Falkenbergs Verbrecherfoto wurde ein paar Mal gezeigt und sein eigenes Fahndungsbild ebenfalls, aber dass es noch ein weiteres Opfer gegeben hatte, schien außer ihm niemand zu wissen. Aus einem Grund, den Will selbst nicht wirklich benennen konnte, beunruhigte ihn diese Erkenntnis mehr, als sie es sollte. Und dazu kam noch etwas: Er hatte den brennenden Volvo eine Straße weiter mit eigenen Augen gesehen, aber in den Nachrichten wurde der Wagen mit keiner Silbe erwähnt. Natürlich war ein in Brand geratener Pkw nichts, was mit einer abgefackelten Häuserzeile mithalten konnte, doch zumindest eine kleine Meldung hätte er wert sein sollen. Und niemand sagte etwas über Duffy. Was ging hier vor?
    Will sah sich das Band bis zum Ende an und stellte nach einem Blick auf die Uhr überrascht fest, dass beinahe zwei Stunden vergangen waren. Georg hatte sich nicht wieder blicken lassen, und auch unten in der Bar war es erstaunlich ruhig. Der Fasan öffnete erst gegen sechs, aber Will war oft genug hier gewesen, um zu wissen, dass es in der Bar im Grunde niemals wirklich ruhig war, und schon gar nicht für so lange Zeit. Davon abgesehen, dass sie Georg tagsüber als konspirativer Versammlungsort für seine nicht ganz koscheren Geschäfte diente, herrschte auch auf der legalen Seite der Gesetzeslinie meist ein ständiges Kommen und Gehen. Seit er hier oben saß, hatte er jedoch nicht den mindesten Laut von unten gehört, obwohl er den Fernseher bewusst leise eingestellt hatte.
    Er erwog, sich das Band noch einmal und gründlicher anzusehen, entschied sich aber dann dagegen und stand auf, um das Zimmer zu verlassen. Allerdings blieb es bei diesem Versuch. Die Türklinke ließ sich herunterdrücken, aber die Tür selbst bewegte sich nicht. Will runzelte, eher verblüfft als verärgert, die Stirn, blickte die Klinke eine Sekunde lang fast vorwurfsvoll an und versuchte es dann noch einmal, mit dem gleichen Ergebnis. Aus seiner Verwirrung wurde jäher Zorn, dann Bestürzung. Georg hatte ihn eingeschlossen.
    Für einen Moment drohte er wieder in Panik zu geraten. Er fuhr herum, war mit zwei Schritten am Fenster und wollte es aufreißen, führte die Bewegung aber dann nicht zu Ende. Das Zimmer lag im ersten Stock, und darunter befand sich nur eine senkrechte, glatt verputzte Wand, die in einen Innenhof hinabführte, der keine Verbindung zur Straße hatte. Sämtliche Fenster an diesem Gebäude waren vergittert. Will hatte sich oft gefragt, vor wem Georg eigentlich solche Angst hatte, dass er diese schäbige

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