Feuer / Thriller
gebrochener Stimme. »Wir haben sie ermordet.«
»Sei kein Kleinkind, Fischer«, knurrte Albert. »Ja, wir haben sie umgebracht. Krieg dich wieder ein.«
Mary verengte die Augen. »Lass ihn in Ruhe. Er steht unter Schock und hat Kopfschmerzen. Du hättest nicht so hart zuschlagen dürfen.«
Alberts Gesicht verfinsterte sich. »Ich hätte noch viel härter zuschlagen sollen. Dann müsste ich mir das Gewinsel nicht mehr anhören.
Wir haben sie ermordet
«, äffte er Joel nach. »Okay – na und? Wir können das verdammt noch mal nicht mehr ändern, also sag deinem Weichei von Freund, dass er endlich die Schnauze halten soll, sonst sorge ich dafür, dass er es tut.«
Bleich vor Wut öffnete Mary den Mund, um ihm ihre Meinung an den Kopf zu schleudern, und vermutlich hätte es jeder Nachbar auf Erics Etage gehört.
»Regt euch ab«, fauchte Eric. »Wir wollten ein Zeichen setzen. Wir wollten der Baufirma eine deutliche Botschaft schicken, dass sie sich von dem See fernhalten soll, und das haben wir getan.«
Joel setzte sich auf und betastete vorsichtig die Beule, die Alberts Knüppel auf seinem Hinterkopf hinterlassen hatte. »Mach dir doch nichts vor. Niemand wird unsere Botschaft hören. Man wird nur davon reden, dass ein Mädchen umgekommen ist. Unseretwegen lebt sie nicht mehr.«
»Und es ist ein trauriger Verlust«, sagte Mary und strich Joel über das Haar. »Du hast selbst gesagt, dass wir uns in einem Krieg befinden.«
Joel schloss die Augen. »Ich weiß, was ich gesagt habe. Aber das war vorher. Wir haben einen Menschen getötet, Mary. Glaubst du, die Bullen würden uns das durchgehen lassen? Die werden uns aufspüren.«
»Und sie hätten nicht lange suchen müssen, wenn wir zugelassen hätten, dass du sie rufst«, knurrte Albert.
»Albert«, zischte Mary. »Halt die Klappe.«
Eric hatte plötzlich die kindliche Sehnsucht nach einem Schalter, mit dem er die Zeit zurückdrehen könnte. Aber er würde keine zweite Chance bekommen. Sie hatten getan, was sie getan hatten. Und nun mussten sie den Kopf einziehen und sich verstecken.
»Seid still, ihr alle. Wir müssen uns beruhigen, oder wir gehen alle ins Gefängnis.« Er schaltete den Fernseher ein und fing an, durch die Sender zu zappen. Alle fuhren zusammen, als Bilder des Brandes den Bildschirm ausfüllten. »Lasst uns sehen, was die Presse zu sagen hat. Dann überlegen wir, was wir als Nächstes tun müssen – falls überhaupt.«
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2. Kapitel
Montag, 20. September, 1.30 Uhr
L iv, warte.«
Olivia ging mit weit ausholenden Schritten um den ausgebrannten Neubau herum, verlangsamte ihr Tempo aber, als Kanes ruhige Stimme hinter ihr erklang. Sie hatte sich ihm gegenüber ausgesprochen barsch benommen, obwohl er ihr nur hatte helfen wollen. »Es tut mir leid«, sagte sie leise. »Ich hätte dich nicht so anfahren dürfen.«
»Daran bin ich ja gewöhnt«, klagte er in einem Tonfall, der sie sehr an I-Aah, den Freund von Pu dem Bären, erinnerte und unwillkürlich zum Lächeln brachte. Er erwiderte das Lächeln. »Na, siehst du. Ich wusste doch, dass sich deine Mundwinkel aufwärtsbewegen können. Das tun sie in letzter Zeit allerdings nicht besonders oft. Hör mal, ich wollte es nicht noch schlimmer machen.«
Olivia ließ die Schultern sinken. »Ich tue meine Arbeit, Kane.«
»Das weiß ich doch.« Seine Stimme klang tröstend, ohne herablassend zu sein. »Und unsere Psychologin kann dir nicht helfen?«
»Ich brauche keine verdammte Seelenklempnerin.« Sie wusste, dass sie sich kindisch verhielt, und seufzte. »Verflixt noch mal, Kane. Ich brauche bloß Zeit.«
»Dann nimm dir Zeit. Aber versprich mir etwas. Wenn es bis Neujahr nicht besser ist, dann sag es mir. Ich kenne einen Therapeuten, der dir helfen könnte. Und den du bestimmt leiden kannst.«
Sie wusste, warum er diesen Zeitpunkt nannte. Silvester war sein letzter offizieller Arbeitstag. Kane ging nach fast dreißig Jahren Dienst in Rente. Olivia wollte gar nicht daran denken. Wollte nicht daran denken, sich an einen neuen Partner gewöhnen zu müssen. Aber ihr war klar, dass er sich Sorgen um sie machte, also nickte sie. »Okay. Können wir uns jetzt den toten Wachmann ansehen?«
Sie bogen um die Ecke und erkannten augenblicklich Henry Weems’ Leiche im Scheinwerferlicht der CSU . Er lag auf dem Bauch, einen Arm unter sich, den anderen ausgestreckt, die Pistole ein paar Zentimeter vor seinen Fingern. Der Rücken seiner Uniform war dunkel von Blut, die Austrittswunde größer
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