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Feuer / Thriller

Feuer / Thriller

Titel: Feuer / Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Rose
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gut. Aber ich versuchte nur, bei Verstand zu bleiben. Die Bilder in meinem Kopf zu verdrängen.«
    »Wie Lincoln. Das war es, was du verstanden hast. Und du hattest Mitleid mit ihm.«
    Er atmete tief ein. »Ich muss immer daran denken, dass ich auch so hätte enden können.«
    »Das ist nicht dasselbe«, murmelte sie, »aber ich kann nachvollziehen, wo du die Parallele siehst. Irgendwie hat Lincoln wohl gespürt, dass du es verstehst. Vielleicht warst du für ihn seit längerer Zeit der erste richtige menschliche Kontakt.« Olivia legte ihre Wange an seinen Arm. »Wie furchtbar, ein solches Geheimnis über eine so lange Zeit hinweg für sich zu behalten.«
    »Tja, nicht wahr?«, antwortete er müde.
    »Trotzdem warst nicht du derjenige, der Megan und ihre Familie getötet hat. Ihre Mutter war die Erwachsene, und sie ist mit diesem gewalttätigen Mann zusammengeblieben. Warum ist Megan nicht zur Polizei gegangen? Warum ist sie zu dir gekommen?«
    »Sie glaubte vermutlich, wir seien noch immer Freunde, und vielleicht war sie noch immer ein bisschen in mich verliebt. Ich schnitt sie ja nicht, und manchmal unterhielten wir uns in den Pausen auf dem Flur. Wie ich schon sagte, sie tat mir leid. Im Rückblick wird mir klar, wie isoliert sie gewesen sein muss. Sie lief immer mit gesenktem Kopf herum. Ich dachte, sie sei bloß traurig, weil sie nicht zu den beliebtesten Mädchen der Schule gehörte.«
    »Aber du warst noch ein Jugendlicher, David.«
    »Ich weiß. Dennoch.« Wieder holte er bebend Luft, und sie begriff, dass er noch mehr zu erzählen hatte. »Nachdem ich sie … erschlagen gesehen hatte, ging ich nach Hause. Ich versuchte mich zu erinnern, was sie gesagt hatte, und fragte mich, warum sie ausgerechnet zu mir gekommen war. Dann fiel mir ein, dass sie einen Tag vor der Party in der Pause zu mir gekommen war und mich aufgeregt gefragt hatte, ob ich den Zettel gefunden hatte, den sie mir in eines meiner Bücher gesteckt hatte. Ich war gedanklich woanders und sagte nur ›klar‹. Sie fragte mich weiter, ob ich es denn tun würde, und da ich keine Ahnung hatte, wovon sie redete, sagte ich wieder nur ›klar‹ – ich blieb nicht einmal stehen. Am Tag, an dem sie gestorben war, fand ich den Zettel dann.«
    »Und was stand drauf?«
    Er kam müde auf die Füße, um seine Brieftasche aus der Hose zu ziehen, die er über einen Stuhl geworfen hatte. Er holte ein brüchiges Stück Papier hervor, faltete es vorsichtig auf und reichte es ihr.
    Olivia hatte Mühe, nicht das Gesicht zu verziehen, als sie Megans Worte las, die glaubte, ihr ehemaliger Freund sei immer noch ihr bester Freund. »Ihre Mutter wollte den Mann nicht verlassen, und sie wusste nicht, wem sie außer dir trauen konnte«, murmelte sie. »Sie hat dich gebeten, sie am nächsten Abend abzuholen.«
    »Da hatte die Party stattgefunden. Sie wollte mit ihrem kleinen Bruder abhauen. Sie brauchte bloß jemanden, der sie zum Busbahnhof gebracht hätte. Ich hätte sie retten können, wenn ich mir die Mühe gemacht hätte, ihre Nachricht zu suchen und zu lesen.«
    Sie seufzte. »Okay. Du hättest sie retten können. Aber es hätte ebenso gut sein können, dass der Stiefvater euch alle erschossen hätte, wenn du sie mit dem Wagen abgeholt hättest. Fakt ist, dass es für Megan und ihre Mutter Möglichkeiten gegeben hätte. Ihre Mutter war erwachsen. Sie hätte die Polizei rufen müssen. Es war eine Tragödie, ja, aber du hast sie nicht verursacht, David.«
    Er faltete das Papier wieder zusammen, schob es zurück in die Brieftasche und sah sie gequält an. »Ich sehe ihre Gesichter immer noch.«
    »Weil du ein Mensch mit einer Seele bist. Es kann dich nicht kaltlassen. Aber du konntest doch nicht wissen, wie kritisch die Lage war. Hättest du es gewusst, dann hättest du etwas getan.«
    Er schluckte. Hart. »Woher weißt du das?«
    »Weil du nicht über Nacht zu dem Mann, der du jetzt bist, ›geworden‹ bist. Diese Werte und Prinzipien steckten bereits in dir, oder du hättest dich nicht achtzehn Jahre lang selbst kasteit. David, du hast so vielen Menschen geholfen. Du hast eine Tragödie in eine gute Sache umgewandelt. Wie lange willst du den egoistischen Jungen denn noch büßen lassen?«
    »Ich weiß nicht. Aber deswegen habe ich mir wegen unserer ersten Nacht Sorgen gemacht.«
    »Willst du mir sagen, dass du geglaubt hast, du hättest mich zu etwas gezwungen? David, du hast doch auch Megan damals nicht gezwungen. Sie wollte, dass du aufhörst, und das hast du

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