Feuer / Thriller
unterwegs.«
»Was ist los?«, fragte sie. »Ich dachte, du musst erst um acht wieder den Dienst antreten.«
»Sondereinsatz. Ein Hausbrand ist außer Kontrolle geraten. Sie brauchen jeden, den sie kriegen können.«
»Und warum rufen sie dann nicht einfach andere Wachen an?«
»Schon passiert. Aber es scheint richtig schlimm zu sein, und bei uns sind bereits Männer ausgefallen. Das Feuer ist auf das Nebenhaus übergegangen. Ein Propangastank ist explodiert und hat einen Teil des Blocks zerstört.« Er zog sich zu Ende an, dann beugte er sich zu ihr herab und küsste sie hart. »Schlaf noch ein bisschen. Es kann dauern, bis ich zurück bin.« An der Tür zögerte er. »Olivia …«
Sie wusste, was er sagen wollte, aber auch, dass es viel zu früh für Worte war, die sie beide sehr ernst nehmen würden. »Alles in Ordnung. Pass du auf dich auf.«
»Das tue ich. Ich rufe dich an, wenn ich morgen früh noch nicht zurück bin.«
Sie schaltete das Licht aus und zog die Decke wieder hoch. Aus einem Impuls heraus tauschte sie die Kissen aus und sog seufzend seinen Duft ein. Sie war fast wieder eingeschlafen, als ihr Handy die Looney-Tunes-Melodie spielte. Laut. »Sutherland.«
»Kane hier. Du musst zur Gehörlosenschule kommen. Sofort.«
Sie schwang die Beine aus dem Bett und verzog das Gesicht. Ihre Muskeln waren überstrapaziert. »Wieso?«
»Eine Bombendrohung.«
Das Adrenalin vertrieb die Benommenheit, und sie streifte sich das Kleid über den Kopf. »Wann?«
»Vor zehn Minuten. Sie evakuieren die Schule gerade. Die Sprengstoffabteilung und die Feuerwehr sind bereits da.«
Ihre Gedanken rasten, als sie ihre Füße in die hochhackigen Pumps steckte. »Wo bist du?«
»Auf dem Weg zum Auto. Ich kann mit Blaulicht in einer Viertelstunde da sein. Und wo bist du?«
»In Davids Hütte. Ich komme, so schnell ich kann.« Sie holte die Schlüssel aus der Handtasche und hastete zum Wagen, wo sie eine gepackte Tasche deponiert hatte. »Kane, warum sollte jemand die Schule bombardieren wollen?«, fragte sie und fürchtete, dass sie es bereits wusste.
»Vielleicht handelt es sich um einen Irren. Oder jemand hat etwas gegen die Schule. Oder jemand will, dass die Leute aus dem Wohnheim evakuiert werden müssen.«
»Kenny! Wir haben mit einundzwanzig Jungen gesprochen. Nur Kenny schläft im Wohnheim.«
»Ja, ich weiß. Ich habe bereits der Zentrale gesagt, sie soll die ersten Leute, die vor Ort sind, anweisen, Kenny ausfindig zu machen und zu beobachten. Ich habe auch Kennys Beschreibung durchgegeben, falls es auf dem Gelände zu einem Durcheinander kommt.«
»Wie kann der Täter von Kenny wissen?« Sie hatte ihre Tasche genommen und lief nun zur Hütte zurück. »Er ist unsere Verbindung zu einem potenziellen Augenzeugen, aber wer außer uns könnte weitergegeben haben, dass er mit uns gesprochen hat?«
»Eigentlich jeder aus der Schule. Du kannst nicht erwarten, dass zwanzig Jungen den Mund halten.«
»Oh, Gott!« Übelkeit machte sich in ihr breit. »Kane, ich habe nicht mehr persönlich mit Val geredet. Ich habe ihr zwar auf die Mailbox gesprochen, aber sie hat nur noch Nachrichten verschickt!«
»Verdammt. Zieh dich an und komm her. Ich schicke einen Wagen zu der Dolmetscherin.«
Mittwoch, 22. September, 0.45 Uhr
Es herrschte kontrolliertes Chaos. Er stand im Schatten der Bäume jenseits des Schulgebäudes und beobachtete, wie verängstigte Kinder und Jugendliche aller Altersklassen von fünf bis achtzehn in Schlafanzügen aus dem Wohnheim kamen. Es waren mehr, als er gedacht hatte.
Sie trugen Schuhe oder hielten zumindest welche in der Hand. Sein Blick glitt zu der Gruppe der ältesten Jungen, und er hielt Ausschau nach blauen Converse High-Tops.
Die Kinder gebärdeten aufgeregt, als man sie in die Sicherheitszone geleitete. Er fing schon an zu glauben, dass er Kenny nicht mehr finden würde, als er ihn plötzlich entdeckte. Sandfarbenes Haar, ungefähr eins achtundsiebzig, blaue Basketballschuhe. Hielt sich etwas abseits und sah niedergeschlagen aus.
Er nahm seinen Notizblock und schrieb verschiedene Nachrichten auf, dann schlenderte er zu dem Jungen hinüber, wie er in den vergangenen Jahren zahllose Cops in seinen Laden hatte schlendern sehen. Er tippte Kenny auf die Schulter, ohne sich um die anderen Leute in der Nähe zu kümmern.
Kenny las den Zettel.
Kenny Lathem, die Detectives wollen noch einmal mit dir reden.
Einen Moment lang glaubte er, dass der Junge weglaufen würde. Doch schließlich
Weitere Kostenlose Bücher