Feuer und Eis
auf sich, mit seiner Mutter zu sprechen.
Xante konnte sich nicht erinnern, wie er an jenem Tag nach Hause gekommen war. Vielleicht hatte ihn ein Wagen mitgenommen, er wusste es nicht.
Woran er sich erinnerte, war der Schock, das Haus zu betreten und seine Mutter von Kopf bis Fuß in Schwarz zu sehen.
Sie war erst Mitte zwanzig, aber an diesem Tag schien sie um dreißig Jahre gealtert zu sein. Jede Farbe, jede Freude am Leben war aus ihr gewichen.
An jenem Tag hatte er nicht nur seinen Vater verloren, sondern auch das fröhliche Lachen seiner Mutter.
Wie sehr wünschte er es sich seither zurück! Wünschte, sie würde wieder ihre hübschen Röcke mit den Blumenmuster anziehen und die weißen Tops aus Baumwolle. Sehnte sich nach den Locken, die sie nun unter einem schwarzen Tuch versteckte. Hoffte, sie wieder geschminkt zu sehen und ihr Parfüm zu riechen.
Aber seine Mutter hüllte sich und ihr Haus in Trauer.
Mit vierzehn fand Xante eine Ablenkung.
Er war weit für sein Alter und schon damals recht attraktiv. Die Touristen mochten seine Stadt und strömten in Scharen auf die Insel. Die älteren Jungs erklärten ihm, wie er die Sache anzupacken hatte. Und nachdem er die Kunst des Küssens erlernt hatte, war es an der Zeit, in die Berge zu fahren. Mit einem hübschen Mädchen hinter sich auf dem Motorroller, das bunte Röcke und Make-up trug, über seine Witze lachte und die Arme um seine Taille geschlungen hatte, genoss er die Freiheit von den spießigen Regeln seiner Mutter.
Natürlich wurde er erwischt. Die Schule schrieb einen Brief und beschwerte sich über seine häufigen Fehlzeiten. Seine Mutter rief seinen Onkel an, und der entdeckte ihn in einer ziemlich kompromittierenden Situation in den Bergen. Xante wurde nach Hause zurückgeschleift und heftig verprügelt, während seine Mutter unablässig schrie, er habe Schande über ihr Haus und ihren Namen gebracht.
Eine Weile hörte er mit dem Unfug auf.
Er strengte sich in der Schule an, seine Noten besserten sich. Doch die Berge hörten nicht auf, ihn zu locken und zu rufen.
Und selbst heute noch erinnerte er sich an den Triumph, den er in seinen Tagen als Casanova empfunden hatte, wenn unter seinen Händen eine hübsche Jungfrau erblühte, oder er einer einsamen Hausfrau half, ihrem langweiligen Alltag zu entfliehen.
Eisprinzessin! Xante lächelte. So etwas gab es nicht!
Heute jedoch war er zu beschäftigt, um sich ablenken zu lassen. Er setzte sich in einen der Sessel, die in der Lounge standen, weil sein kleiner Palmcomputer seine Aufmerksamkeit forderte. Ein Kellner brachte ihm eine Tasse Kaffee. Allerdings konnte Xante nicht anders und beobachtete die schöne Unbekannte, als auch sie in die Lounge kam.
Der umsichtige Oberkellner geleitete sie zu einem Platz. Erst jetzt bemerkt er, wie nervös sie wirklich war. Ihr Blick irrte unruhig durch den Raum, was jedoch durch ihre überaus selbstsichere Ausstrahlung kaschiert wurde. Die anderen Gäste sahen nur eine elegante Frau, die gelassen und aufrecht zu ihrem Tisch schritt.
Viele Köpfe drehten sich zu ihr um, als sie vorbeiging.
Weltklassesportler, die jede Frau haben konnten – und auch hatten –, schauten ebenso auf wie Xante. Daran war nichts Anrüchiges. Auch die anwesenden Frauen sahen der Unbekannten nach. Da war etwas an ihr, das sich nicht mit einem flüchtigen Blick erfassen ließ.
Noblesse.
Ja, das war das Wort.
Feine Züge, die Haut zart wie Porzellan, die Art, wie sie saß, die Beine ein wenig schräg zur Seite, die schmalen Knöchel über Kreuz geschlagen.
Sie war kein Hotelgast, dessen war er sich jetzt sicher. Sie trug keinen Laptop bei sich und blickte auch nicht ständig auf die Uhr, als warte sie auf jemanden. Stattdessen griff sie nach der Karte und bestellte dann mit einer klaren Stimme, die eine höhere Bildung verriet, eine Tasse Tee und ein Sandwich.
Unvermittelt klingelte sein Handy. Der Anruf war wichtig, wie es alle in letzter Zeit zu sein schienen. Also nahm er ihn entgegen und sprach auf Griechisch mit seinem Börsenmakler. Die hübsche Blondine verschwand aus seinem Bewusstsein, jetzt ging es ums Geschäft … bis sie plötzlich aufstand. Diese Bewegung kostete Xante ein kleineres Vermögen. Rasch teilte er dem Makler mit, dass er sich selbst um die Konsequenzen kümmern würde und schaltete das Telefon aus.
Die Frau schlenderte durch die Lounge auf die Schaukästen zu, in denen einige Erinnerungsstücke aus der Welt des Rugby ausgestellt waren. Xante
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