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Feuer und Glas - Der Pakt

Feuer und Glas - Der Pakt

Titel: Feuer und Glas - Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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ihm? Nichts außer ein paar hingeworfenen Sätzen, die für sie plötzlich ganz neue Bedeutung bekamen, und ein paar Blicken, die ihr tief unter die Haut gegangen waren. Hatte sie sich die ganze Zeit über von seinen betörenden Lagunenaugen blenden lassen?
    Sie sind anders als wir. Du hast ja nicht die geringste Ahnung, wozu diese Wasserleute fähig sind …
    Schlagartig waren Ysas Worte in ihr wieder lebendig. Was, wenn die Tante doch recht behalten sollte? Und was hatten Marcos Warnungen zu bedeuten, die sie bislang als Unsinn abgetan hatte?
    Steig nicht in diese Gondel …
    Du kennst sie nicht …
    Versuchten die falschen Leute gerade, sie zum Reden zu bringen? Milla wusste nicht, wie das alles zusammenhing, doch bis sie halbwegs Klarheit besaß, würden ihre Lippen versiegelt bleiben – das beschloss sie in diesem Augenblick.
    »Ich habe nichts von meinem Vater«, erwiderte sie und musste dabei nicht einmal lügen. »Nichts, außer meinen Erinnerungen.«
    Die Enttäuschung der beiden Männer konnte sie fast körperlich spüren. Würden sie jetzt zu anderen, härteren Methoden greifen?
    Dazu würde sie ihnen keine Gelegenheit geben!
    »Das ist es, was ihr wolltet«, sagte sie. »Die Gondel – nichts weiter! Deshalb habt ihr Luca auf mich angesetzt. Deswegen die Fahrt zur Werft und der Ausflug in die Lagune. Ihr wolltet mich einlullen, mit eurer Freundlichkeit, eurer Anteilnahme, eurem Reichtum, um mich auszufragen – aber ihr habt euch gründlich geirrt, alle miteinander!«
    Sie sprang auf und wäre dabei um ein Haar über Puntino gestolpert, der vor ihr saß. Mit einem kühnen Satz brachte sich der Kater in Sicherheit. Milla aber lief aus dem Bootshaus und durchquerte den Garten, eilig und doch halb benommen, als seien ihre Beine plötzlich bleischwer geworden. Immer weiter lief sie.
    Dass ihr Tränen über die Wangen liefen, wurde ihr erst bewusst, als sie wieder an der Rialtobrücke angelangt war.
    Wie sie den Nachmittag überstanden hatte, wusste Milla später nicht mehr genau. Ein wenig half es, dass der Zustrom der Gäste nicht endete, als wollten sie alle gemeinschaftlich dem drohenden Unheil trotzen, das als Schatten über Venedig lag. Jeder, der das ippocampo betrat, wusste Neues über den Einsturz des Palazzo Bernardone zu berichten. Waren die brennenden Gondeln auf dem nächtlichen Canal Grande nicht schon mehr als genug gewesen? Wollten die schrecklichen Vorfälle, die ganz Venedig erschütterten, denn gar kein Ende mehr nehmen?
    Einer hatte den Schrei eines Ungeheuers gehört, der wie eine Warnung geklungen hatte. Ein anderer wollte mit den aufgelösten Dienerinnen gesprochen haben, die von einer riesigen Welle gestammelt hatten. Doch wie konnte das sein – jetzt, mitten im Frühling, wo nicht einmal starker Regen gefallen war?
    Vielleicht hatte der Schreck sie geblendet, so wenigstens glaubten die meisten Gäste, die dennoch den ganzen Mittag über kein anderes Gesprächsthema fanden, während Milla den Mund hielt, auch wenn es ihr so schwerfiel wie kaum jemals zuvor.
    Auch Ysa und Savinia äußerten ihre Ansichten darüber. Während Millas Mutter an baufällige Pfeiler glaubte, die eingebrochen seien, blieb die Tante eher vage und unterstrich ihre halb ausgesprochenen Vermutungen mit zahlreichen Gesten.
    »Sie lassen es uns spüren«, rief sie. »Sie wollen, dass wir Angst bekommen. Ich hab es euch ja immer gesagt!«
    Milla suchte dringend nach Ablenkung und holte ein paarmal tief Luft, um endlich die Nachricht von Cassianos Mieterhöhung loszuwerden, doch dann fehlte ihr plötzlich die Kraft dazu.
    Als draußen ein Trupp junger Männer vorbeigeführt wurde, die offenbar als Soldaten rekrutiert waren, und ein paar der anwesenden Frauen die Augen verdrehten und zu kreischen begannen, als wären jene bereits verletzt oder gar tot, kroch Angst in Milla hoch.
    »Am Sonntag sollen in San Marco die Waffen geweiht werden«, rief eine. »Beim feierlichen Hochamt. Und mein armer Neffe wird auch darunter sein!«
    »Im Arsenal läuft jetzt Tag für Tag eine neue Kriegsgaleere vom Stapel«, schrie die nächste. »Wie viele unserer Söhne und Enkel müssen denn noch in ihrem gierigen Schlund verschwinden?«
    »Der Papst hat uns gebannt«, kam von einer Dritten. »Jetzt sind wir mit dem Teufel im Bunde – Heilige Jungfrau Maria, erbarme dich unser!«
    Das Gleichgewicht von Feuer und Wasser ist zerstört und damit der Frieden verwirkt – waren diese jungen Männer deshalb dazu verdammt, ihr Leben aufs Spiel

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