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Feuer und Glas - Der Pakt

Feuer und Glas - Der Pakt

Titel: Feuer und Glas - Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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zu setzen?
    Mit jedem Augenblick fühlte sich Milla elender.
    Savinia, die den Herd nicht verlassen konnte, weil zu viel zu tun war, schien zu spüren, dass etwas nicht stimmte, und schenkte Milla nachdenkliche Blicke, und auch Ysa suchte ihre Nähe.
    »Ich frage dich lieber nicht, wo du heute Morgen gewesen bist«, flüsterte sie ihr zu, als Milla die schmutzigen Teller zurückbrachte. »Dann musst du auch nicht lügen! Aber du solltest es besser nicht übertreiben. Wenn man Männern zu sehr entgegenkommt, werden sie rasch übermütig – und dann fangen die Schwierigkeiten erst richtig an.«
    Milla schwieg beharrlich, lief zu den Tischen, servierte, kassierte, brachte aber kein einziges Lächeln zustande.
    Als einer der letzten Gäste erschien Marin Donato, und sein Anblick ließ Milla trotz der milden Frühlingswärme das Blut in den Adern gefrieren. Er war so einfach gekleidet wie die Fischer, die ihre Netze in der Lagune auslegten, und trug die typische Fischermütze mit den beiden Hörnern, der die goldene Prunkkappe des Dogen nachempfunden war.
    »Frische Fische gefällig?«, fragte er und deutete auf die beiden Körbe neben seinem Stuhl. »Und einen ordentlichen Satz Frühlingszwiebeln hätte ich ebenfalls anzubieten!«
    »Wir brauchen keine Almosen.« Ysa, die an Millas Stelle antwortete, klang plötzlich schneidend. »Schon gar nicht von Leuten wie Euch!«
    »Wer redet denn hier von Almosen?« Marin ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Ich biete euch gute Ware zu einem anständigen Preis. So haben wir es seit je gehalten!«
    »Nimm bloß alles, was er hat, Ysa«, hörte man Savinia aus der Küche rufen. »Diesen Mann hat der Himmel geschickt. Damit sind wir wenigstens bis morgen gerettet.«
    Widerwillig zählte Ysa ihm das Geld auf den Tisch.
    »Und jetzt geht!«, zischte sie. »Und lasst Euch hier nicht wieder blicken.«
    »Das werde ich, keine Sorge, aber erst, nachdem ich gegessen habe. Einen Teller Fischsuppe und einen Weißen!«
    »Haben wir das dir zu verdanken?« Auf dem Weg zur Küche packte Ysa Milla am Arm. »Deine angeblichen Freunde, diese Wasserleute …«
    »Sie sind nicht meine Freunde!«, protestierte Milla. »Und jetzt lass mich los. Ich muss weiterarbeiten!«
    Als sie Marin die Suppe brachte, ruhten seine Augen lange auf ihr, ein wenig blasser und vom Alter trüber als Lucas, aber ebenfalls in der unverwechselbaren Farbe der Lagune.
    »Hat er dir wehgetan?«, fragte er leise. »Oder mit deinen Gefühlen gespielt? Dann werde ich meinem Großneffen die Löffel lang ziehen müssen!«
    »Haben sie jetzt Euch vorgeschickt?«, konterte Milla mit einer Gegenfrage. »Als letzte Rettung? Weil sie wissen, dass sie es sich mit mir verdorben haben?«
    »Du bist ein kluges Mädchen, Milla.« Er lächelte feinsinnig. »Aber einen Marin Donato schickt niemand. Ich dachte, das wüsstest du.«
    »Ich mag es nicht, wenn man mich anlügt«, sagte sie heftig. »Und genau das hat Luca getan.«
    »Gib dem Jungen trotzdem noch eine Chance«, sagte er eindringlich. »Es geht um so viel mehr als verletzte Eitelkeiten!«
    Sie wusste sofort, was er meinte.
    »Die brennenden Gondeln«, sagte sie. »Und das eingestürzte Fundament des Palasts! Sieht etwa so unsere Zukunft aus?«
    Seine Augen hatten jeden Glanz verloren.
    »Das Schicksal Venedigs steht auf dem Spiel, Milla, so viel kann ich dir sagen. Ihr beide, du und Luca könntet …«
    »Milla – kommst du endlich?«, hörte sie Ysa aus der Küche rufen. »Hier wird noch alles eiskalt, wenn du weiter so herumtrödelst!«
    »Ich bin schon unterwegs!« Erleichtert, der blaugrünen Tiefe dieses Augenpaars entfliehen zu können, lief Milla los.
    Als sie wieder zurückkehrte, war Marins Platz leer. Neben dem unberührten Suppenteller lag eine glänzende Silbermünze, die Milla nach kurzem Zögern in ihr Mieder schob, bevor sie die anderen Tische abräumte.
    Es gab nur eine kurze Pause zum Durchschnaufen, bevor bereits die ersten Abendgäste eintrudelten. Salvatore war zum Glück nicht darunter, wie Milla erleichtert feststellte. Die Seide, die er Savinia geschenkt hatte, war in ihren Augen nichts als ein weiterer Versuch, sich bei ihr unentbehrlich zu machen, um Leandro endgültig auszustechen. Und seine Taktik schien aufzugehen. Mindestens dreimal hatte die Mutter sie heute schon gefragt, ob er nicht endlich gekommen sei, was Milla jedes Mal mit großer Genugtuung verneinte.
    Dafür saß Marco wieder an seinem Platz und verschlang sie regelrecht mit Blicken.

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