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Feuer und Glas - Der Pakt

Feuer und Glas - Der Pakt

Titel: Feuer und Glas - Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Truppen verstärken sollten.
    Ob Luca inzwischen auch dazugehörte und sie ihn deswegen nirgendwo mehr entdecken konnte?
    Milla hatte sich noch nicht ganz von diesem Gedanken erholt, als Ysa sie mit gebieterischer Geste heranwinkte. Widerwillig erhob sie sich und kam herbeigetrottet.
    »Du erinnerst dich noch an Rosaria, Nichte?«
    Warum waren Ysas Augenbrauen so stark nach oben gezogen?
    »Ja«, murmelte sie. »Schon. Aber es ist eine ganze Weile her …«
    »Tatsächlich? Dann muss Rosaria vor zwei Tagen auf Murano jemanden gesehen haben, der dir gleicht wie ein Ei den anderen!«
    Milla blieb stumm.
    »Aber sie war es!«, rief Rosaria. »Ich bin mir ganz sicher. Allerdings hat sie es wohl sehr eilig gehabt. Ebenso wie der junge Mann im dunklem Umhang, der vorangelaufen ist!«
    Warum tat sich kein gnädiger Spalt im Erdboden auf, um sie zu verschlucken? Milla rang die feuchten Hände und suchte nach den richtigen Worten.
    »Wer war der junge Mann, Milla, mit dem du solch interessante Ausflüge unternimmst?«, fragte Ysa unerbittlich weiter. »Kenne ich ihn?«
    Millas Augen flogen über die Piazza. Uhrenturm, Campanile, Markusdom – alles prunkte ungerührt im hellen Licht des Vormittags. Von nirgendwo schien Hilfe zu kommen, bis sie ein Stück entfernt im Sonnenschein zwischen anderen Köpfen einen rötlichen Schopf leuchten sah.
    »Marco Bellino«, sagte sie rasch. »Ich hätte es dir schon noch erzählt.«
    »Und wann genau? Zum Neuen Jahr vielleicht?«
    Zu Millas Entsetzen hob Ysa den Arm und begann zu winken.
    »Messèr Bellino«, rief sie. »Hierher! Hier sind wir.«
    Er drehte den Kopf, erkannte sie, begann zu lächeln. Viel zu schnell stand Marco bei ihnen.
    Milla stierte an ihm vorbei, doch das schien Marcos gute Laune nicht zu beeinträchtigen. Ysas Blicke wanderten zwischen ihnen hin und her.
    Sie weiß, dass ich lüge, dachte Milla verzweifelt. Wie wird sie reagieren, wenn die Wahrheit ans Licht kommt?
    »Treibt es mir nicht zu weit, Messèr Bellino!« Scheinbar spielerisch drohte ihm Ysa mit dem Finger. »Unsere Kleine ist erst sechzehn und muss auf ihren guten Ruf achten!«
    »Ich weiß gerade nicht, was Ihr meint, Mona Ysa …« Fragend schaute er sie an.
    »Ich denke, das wisst Ihr sehr genau! Ein junges Mädchen im Morgengrauen auf ein Boot zu entführen und nach Murano zu rudern, selbst wenn sie Euch darum gebeten haben sollte …«
    Bitte, o bitte, dachte Milla flehend. Sag ihr, dass du es warst. Lass mich nicht im Stich!
    Doch der Ausdruck seiner hellen Augen verhieß nichts Gutes.
    »Ich war schon zwei geschlagene Jahre nicht mehr auf Murano, Monna Ysa«, sagte Marco. »Ihr müsst mich mit einem anderen verwechseln.«
    Rosaria, der allmählich aufzugehen schien, was sie mit ihrer Bemerkung angerichtet hatte, biss sich auf die Lippen. Milla starrte zu Boden. Nur Ysa schien noch immer nicht zufrieden.
    »Und das ist die Wahrheit, Messèr Bellino?«, fragte sie. »Schwört es beim Angedenken Eurer toten Mutter!«
    »Ich schwöre es«, sagte Marco, während sich sein Gesicht immer weiter verschloss.
    Ahnte er ebenfalls, was Milla getan hatte?
    »Dann wirst du dich erklären müssen, Nichte.« Ysa klang nicht nur enttäuscht, sondern auch zutiefst verletzt. »Aber nicht hier. Komm, wir müssen nach Hause!«
    Sie drehte sich um, in der sicheren Erwartung, dass sich Milla ihr anschließen würde, doch die tat genau das Gegenteil. Anstatt Ysa in Richtung der Prokuratien zu folgen, die als mächtiger Gebäudekomplex die Nordseite der Piazza einfassten, rannte sie in die andere Richtung und verschwand in einer kleinen Nebengasse.
    Wie elend sie sich fühlte, wie beschämt, wie bloßgestellt!
    Marco musste sie für eine Lügnerin halten, und was in Ysa vorgehen mochte, die ihr vertraut hatte, daran mochte sie erst gar nicht denken.
    Jetzt, wo sie alle vor den Kopf gestoßen hatte und ganz auf sich allein gestellt war, gab es für Milla nur noch eine einzige Zuflucht.

Sechstes Kapitel
    Die niedrigen Holzgebäude ähnelten sich zum Verwechseln, das musste Milla feststellen, als sie durch Dorsoduro rannte, bis heftiges Seitenstechen sie zum Innehalten zwang. Beim letzten Mal war sie mit Luca vom Wasser her gekommen und später, nach dem Fund der Karte, viel zu aufgeregt gewesen, um sich den Weg genauer einzuprägen. Jetzt erst wurde ihr bewusst, wie viele Werften es hier gab.
    Atemlos schaute sie sich um.
    Auch heute roch es nach Holz und Leim, doch das allgegenwärtige Hämmern, Feilen und Sägen, an das

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