Feuer Und Stein
aber will es ein bißchen wärmer.« Hier zwinkerte Rupert mir zum Vergnügen der Zuhörer schamlos lüstern zu.
»Und so war die Frau des Wasserpferdes traurig in ihrem neuen Zuhause unter den Wellen, auch fror sie und hatte Hunger, da sie sich nicht viel aus Schnecken und Schlingpflanzen machte. Das Wasserpferd, das von freundlichem Wesen war, begab sich nun beim Haus eines Mannes, der einen guten Ruf als Baumeister hatte, ans Ufer des Lochs. Und als der Mann ans Ufer kam und das schöne goldbraune Pferd mit dem silbernen Zaumzeug sah, konnte er dem Drang, die Zügel zu fassen und sich auf das Tier zu schwingen, nicht widerstehen.
Natürlich trug ihn das Wasserpferd geradewegs ins Wasser und hinab in die Tiefen zu seinem kalten Zuhause. Und dort sagte es
dem Baumeister, wenn er wieder frei sein wolle, müsse er eine schöne Kochstelle bauen und einen Schornstein dazu, damit die Frau des Wasserpferdes ein Feuer habe, an dem sie ihre Hände wärmen und auf dem sie ihren Fisch braten könne.«
Ich hatte den Kopf an Jamies Schulter gelegt, fühlte mich angenehm schläfrig und freute mich auf mein Bett, auch wenn es nur eine über den Granit gebreitete Decke war. Plötzlich merkte ich, wie sich Jamies Körper straffte. Warnend legte er mir eine Hand auf den Nacken. Ich blickte in die Runde und nahm nichts wahr, was Anlaß zur Besorgnis gab, aber ich spürte die Spannung in der Luft, die sich von Mann zu Mann übertrug.
Ich sah, wie Rupert Dougal kaum merklich zunickte; gleichwohl fuhr er unbeirrt mit seiner Geschichte fort.
»Und so tat der Baumeister, da er keine andere Wahl hatte, wie geheißen. Das Wasserpferd aber hielt Wort und brachte ihn unweit seines Hauses ans Ufer zurück. Und die Frau des Wasserpferdes hatte es jetzt warm, und sie war glücklich und satt von dem Fisch, den sie sich briet. Und das Wasser gefriert nie am östlichen Ende von Loch Garve, weil die Hitze aus dem Schornstein des Wasserpferdes das Eis zum Schmelzen bringt.«
Rupert saß auf einem Felsblock. Während er sprach, bückte er sich, als wollte er sich am Bein kratzen. Mit fließender Bewegung faßte er das Messer, das vor seinen Füßen lag, und verbarg es in den Falten seines Kilts.
Ich schmiegte mich an Jamie und zog seinen Kopf zu mir herab, als überwältigten mich meine Gefühle. »Was ist?« flüsterte ich ihm ins Ohr.
Er nahm mein Ohrläppchen zwischen die Zähne und wisperte zurück: »Die Pferde sind unruhig. Irgend jemand ist in der Nähe.«
Ein Mann stand auf und schlenderte zum Rande des Felsens, um sich zu erleichtern. Als er zurückkam, setzte er sich an einen neuen Platz. Ein anderer Mann erhob sich, lugte in den Kochtopf und nahm sich einen Bissen Fleisch. Im ganzen Lager rührte und regte es sich verstohlen, während Rupert weitersprach.
Schließlich ging mir auf, daß sich die Männer näher zu den Stellen bewegten, an denen sie ihre Waffen abgelegt hatten. Alle schliefen mit ihren Dolchen, doch die Schwerter, Pistolen und kleinen Lederschilde, die Tartschen genannt wurden, legten sie gewöhnlich in säuberlichen Haufen am Rande des Lagers ab. Jamies zwei
Pistolen und sein Schwert lagen etwa dreißig Zentimeter entfernt auf dem Boden.
Ich konnte den Feuerschein auf der Damaszenerklinge tanzen sehen. Während Jamies Pistolen ganz gewöhnliche Schußwaffen waren, stellten sein Breitschwert und sein Bidenhänder etwas Besonderes dar. Er hatte sie mir bei einem unserer Aufenthalte stolz gezeigt.
Der Bidenhänder war in eine Decke gewickelt; ich sah das große T-förmige Heft. Ich hatte ihn gehoben und fast wieder fallen lassen. Er wog an die fünfzehn Pfund, hatte Jamie gesagt.
Während der Bidenhänder düster wirkte, so war das Breitschwert einfach schön. Die zehn Pfund schwere Waffe war ein tödliches, schimmerndes Gerät, geschmückt mit islamischen Ornamenten, die sich die bläuliche Stahlklinge emporwanden bis zum Korbgriff. Ich hatte gesehen, wie Jamie das Breitschwert spielerisch führte, erst rechtshändig im Scheingefecht mit einem der Bewaffneten, dann linkshändig mit Dougal als Partner. Und Jamie war herrlich anzuschauen dabei, flink und sicher, mit einer Anmut, die durch seine Größe noch mehr beeindruckte.
Er beugte sich zu mir, küßte mich zärtlich und nahm die Gelegenheit wahr, um mich ein kleines Stück zu drehen, so daß ich zu einem der wirren Felshaufen schaute.
»Bald«, murmelte er. »Siehst du die kleine Öffnung im Stein?« Ich sah eine knapp meterhohe Spalte, die von zwei großen
Weitere Kostenlose Bücher