Feuer Und Stein
aus.« Er betrachtete mich prüfend. Ich schaute in den Spiegel und entdeckte, daß meine Haare in alle Richtungen abstanden und ich dunkle Ringe unter den Augen hatte.
»Mit mir ist alles in Ordnung«, sagte ich, um Selbstbeherrschung bemüht. »Und wie geht es Laoghaire?« fragte ich betont beiläufig.
»Prächtig«, antwortete Jamie. Er lehnte sich mit verschränkten Armen gegen die Tür und beobachtete mich nachdenklich. »Etwas überrascht von der Neuigkeit, daß wir verheiratet sind, denke ich.«
»Prächtig«, echote ich und holte tief Atem. Ich blickte auf und stellte fest, daß Jamie mich angrinste.
»Du beunruhigst dich doch nicht wegen des Mädchens, oder, Sassenach?« fragte er. »Sie hat keine Bedeutung für dich - und für mich ebensowenig«, fügte er hinzu.
»Ach, tatsächlich? Sie wollte - oder konnte - dich nicht heiraten. Du mußtest jemanden haben, also hast du mich genommen, als sich die Chance dazu bot. Ich kann es dir nicht verdenken, aber -«
Jamie kam mit zwei großen Schritten zu mir und ergriff meine Hände. Er legte einen Finger unter mein Kinn und zwang mich, ihn anzusehen.
»Claire«, begann er ruhig, »ich werde dir zu gegebener Zeit sagen, warum ich dich geheiratet habe. Ich habe dich um Ehrlichkeit gebeten, und ich war ehrlich zu dir. Ich bin es auch jetzt. Das
Mädchen hat keinerlei Ansprüche auf mich. Aber Höflichkeit kann sie von mir erwarten.« Jamie drückte mein Kinn. »Das ist ihr gutes Recht, und ich werde sie nicht enttäuschen.« Er ließ mein Kinn los. »Hörst du mich, Sassenach?«
»O j a, ich höre dich!« Ich trat einen Schritt zurück und rieb mir grollend das Kinn. »Ich bin sicher, daß du ausgesucht höflich zu ihr sein wirst. Aber zieh nächstes Mal den Vorhang des Alkovens ganz zu - ich möchte nicht zusehen.«
Jamie hob errötend die Augenbrauen.
»Willst du damit andeuten, daß ich dir untreu war?« fragte er ungläubig. »Wir sind noch nicht einmal eine Stunde auf der Burg, ich bin verschwitzt und staubig und so müde, daß mir die Knie zittern, und du meinst, ich hätte mich auf den Weg gemacht, um ein Mädchen von sechzehn Jahren zu verführen?« Jamie schüttelte fassungslos den Kopf. »Ich weiß nicht, ob du meine Manneskraft über-oder meinen Anstand unterschätzt, Sassenach, doch mir gefällt weder das eine noch das andere. Murtagh hat mir gesagt, Frauen seien unvernüftig, aber heiliger Gott!« Jamie fuhr sich mit seiner großen Hand durch die Haare, so daß sie wirr emporstanden.
»Natürlich meine ich nicht, du hättest sie verführt«, erwiderte ich, verzweifelt um Gelassenheit bemüht. »Ich meine nur …« Mir ging auf, daß Frank dieses Problem weitaus eleganter in Angriff genommen hatte als ich, und doch war ich damals verstimmt gewesen. Wahrscheinlich gab es keine gute Methode, seinem Partner eine solche Möglichkeit anzudeuten.
»Ich meine nur, mir … mir ist klar, daß du deine Gründe hattest, mich zu heiraten - und diese Gründe sind deine Sache«, fügte ich hastig hinzu. »Auch ich habe keinen Anspruch auf dich. Es steht dir also völlig frei, dich so zu verhalten, wie du willst. Wenn es … wenn du dich zu einer anderen hingezogen fühlst … ich meine… ich werde dir kein Hindernis in den Weg legen«, schloß ich lahm. Ich spürte, wie mir das Blut in die Wangen schoß und meine Ohren brannten.
Als ich aufblickte, entdeckte ich, daß auch Jamie rote Ohren hatte. Auch sein Hals und sein Gesicht glühten, ja sogar seine Augen.
»Keinen Anspruch auf mich!« rief er. »Und was, denkst du, ist ein Eheversprechen, Mädel? Hohles Getön in der Kirche?« Er schmetterte die Faust krachend auf den Tisch, so daß der Waschkrug aus Porzellan klirrte. »Keinen Anspruch«, murmelte er wie
im Selbstgespräch. »Es steht mir frei, mich zu betragen, wie ich will. Und du wirst mir kein Hindernis in den Weg legen?!«
Jamie bückte sich, zog die Stiefel aus und warf sie, so fest er konnte, an die Wand. Ich zuckte zusammen, als sie von den Steinen abprallten und zu Boden donnerten. Er riß sich das Plaid von den Schultern und warf es achtlos hinter sich. Dann ging er mit bösem Blick auf mich los.
»Du erhebst also keinen Anspruch auf mich, Sassenach? Du stellst es mir frei, mich zu vergüngen, mit wem ich will, ja? Hast du das gemeint?« fragte er gebieterisch.
Ich trat unwillkürlich zurück. »Äh - richtig«, antwortete ich. »Das habe ich gemeint.« Jamie packte meine Arme. Seine schwieligen Handflächen waren so heiß, daß ich
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