Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
durch die Menge einen Weg zum Tresen und zurück, in jeder Hand einen großen Brandy mit Soda.
    Da ich aus Erfahrung wußte, wie schwer es war, unter solchen Umständen Franks Aufmerksamkeit zu erregen, nahm ich einfach seine Hand, schloß seine Finger um das Glas und überließ ihn sich selbst.
    Ich sah Mrs. Baird auf einer Bank in der Nähe des Fensters. Sie trank ein Glas halbdunkles Bier mit einem alten Herrn, den sie mir als Mr. Crook vorstellte.
    »Das ist der Mann, von dem ich Ihnen erzählt habe, Mrs. Randall«, sagte sie mit hellen Augen, belebt durch den Alkohol und die Gesellschaft. »Der sich so gut mit Pflanzen auskennt.«
    Und dann erklärte sie ihrem Gefährten, der seinen Kopf in einer Mischung aus Höflichkeit und Schwerhörigkeit neigte: »Mrs. Randall interessiert sich sehr für Pflanzen. Preßt sie in Büchern und so.«
    »Wirklich?« fragte Mr. Crook, eine buschige weiße Augenbraue hochziehend. »Ich habe ein paar Pflanzenpressen - die richtigen, wohlgemerkt. Habe sie von meinem Neffen gekriegt, als er in den Ferien hier war. Er geht zur Universität. Hat sie extra für mich mitgebracht, und ich konnte ihm nicht sagen, daß ich keine Verwendung dafür habe. Kräuter hängt man einfach auf, oder man trocknet sie auf einem Rahmen und tut sie in Leinenbeutel oder in Gläser, aber warum man die kleinen Dinger plattdrückt, das weiß ich nicht.«
    »Um sie anzuschauen vielleicht«, warf Mrs. Baird freundlich ein. »Mrs. Randall hat so hübsche Sachen aus Malvenblüten und Veilchen gemacht, die könnte man ohne weiteres einrahmen und an die Wand hängen.«
    »Mmmpf.« Von Mr. Crooks zerfurchtem Gesicht war abzulesen, daß er dies, wenn auch nur unter gewissen Vorbehalten, für möglich hielt. »Also, wenn Sie die Pressen brauchen können, Missus, dann können Sie sie gerne haben. Ich will sie nicht wegwerfen, aber ich muß sagen, daß ich keine Verwendung dafür habe.«
    Ich versicherte Mr. Crook, daß ich begeistert wäre, wenn er mir seine Pflanzenpressen gäbe, und noch begeisterter, wenn er mir zeigte, wo die selteneren Pflanzen der Region zu finden seien. Er beäugte mich einen Moment mit scharfem Blick, den Kopf zur Seite gelegt wie ein alter Turmfalke, aber dann schien er zu dem
Schluß zu kommen, daß mein Interesse echt war, und wir verabredeten für den nächsten Morgen eine Exkursion ins hiesige Buschwerk. Frank hatte vor, den ganzen Tag in Inverness zu verbringen, wo er im Rathaus irgendwelche Urkunden einsehen wollte, und es freute mich, daß ich eine gute Ausrede hatte, um ihn nicht begleiten zu müssen. Für meine Begriffe glichen sich solche Dokumente wie ein Ei dem anderen.
    Bald darauf riß sich Frank vom Pfarrer los, und wir gingen gemeinsam mit Mrs. Baird nach Hause. Ich scheute mich, das Hahnenblut auf der Treppe zu erwähnen, aber Frank war nicht so schüchtern und fragte unsere Wirtin eifrig nach den Hintergründen dieses Brauches aus.
    »Er ist sehr alt, nicht wahr?« erkundigte er sich, wobei er einen abgebrochenen Zweig durch die Gewächse am Straßenrand sausen ließ. Weißer Gänsefuß und Fingerkraut blühten bereits, und am Besenginster schwollen die Knospen - noch eine Woche, und sie würden platzen.
    »Ja.« Mrs. Baird watschelte flotten Schrittes dahin. »Älter als die Erinnerung. Den gab’s schon vor den Riesen.«
    »Riesen?« fragte ich.
    »Ja. Fionn und seine Männer.«
    »Gälische Volkssagen«, bemerkte Frank. »Helden, weißt du. Wahrscheinlich nordländische Wurzeln. Es gibt hier etliche altnordische Einflüsse, die ganze Küste hinauf und bis nach Westen. Manche Ortsnamen sind nicht etwa keltisch, sondern altnordisch.«
    Ich befürchtete eine weitere Eruption gelehrten Wissens und rollte die Augen, aber Mrs. Baird lächelte freundlich und ermutigte Frank, sagte, das sei wahr und sie sei selbst einmal im Norden gewesen und habe den Zwei-Brüder-Stein gesehen und der sei auch altnordisch, nicht wahr?
    »Die Nordländer sind zwischen 500 und 1300 nach Christus Hunderte von Malen an dieser Küste gelandet«, fuhr Frank fort und blickte verträumt zum Horizont, wo er wohl in den windzerzausten Wolken Drachenschiffe sah. »Wikinger. Und sie brachten viele ihrer Mythen mit. Dies ist ein gutes Land für Mythen. Die Dinge scheinen hier Wurzeln zu schlagen.«
    Das glaubte ich Frank aufs Wort. Die Dämmerung brach herein, und ein Gewitter zog auf. Im unheimlichen Licht wirkten selbst die modernen Häuser an der Straße so uralt und düster wie
der piktische Stein

Weitere Kostenlose Bücher