Feuerball
Enthusiasmus schwang in der Stimme mit. »War nur einmal dort, mußte damals zwei Buchmacher mit ihren Huren nach London bringen. Zehn Pfund und ein Fünfer Trinkgeld, das war ein gefundenes Fressen.«
»Das glaub’ ich. Aber in Brighton können Sie alles haben. Da heißt es aufpassen, sonst ist man schon ’reingelegt. Ein paar ganz üble Banden arbeiten dort! Was ist denn jetzt aus dem >Bucket of Blood< geworden?«
»Haben nicht mehr aufgesperrt seit der letzten Sache, die durch alle Zeitungen gegangen ist.« Der junge Mann merkte, daß er wie zu seinesgleichen redete. Interessiert warf er einen abschätzenden Blick auf Bond. »Bleiben Sie in den Scrubs , oder sind Sie nur zu Besuch?«
» Scrubs ?«
»Na ja, Shrublands - Scrubs«, sagte der junge Mann lakonisch. »Wissen Sie, Sie sind anders als die Leute, die ich sonst hinbringe - meistens fette Weiber und kreuzlahme alte Knacker, die mich in einem fort anjammern, nicht so schnell zu fahren wegen ihrem Ischias.«
Bond lachte. »Ich hab’ vierzehn Tage gekriegt. Der Doktor meint, es wird mir guttun, ich soll ausspannen. Was hält man hier herum von dem Nest?«
Der junge Mann bog jetzt von der Brighton Road ab und fuhr längs der Downs westlich durch Poynings und Fulking. Monoton brummte der Austin durch die fade Gegend. »Ach, wissen Sie, die Leute meinen, dort gibt’s nichts als Spinner. Sie halten nicht viel von der reichen Bande, die nichts ausgibt. Höchstens die Tea-Rooms verdienen ein bißchen - besonders wenn die Patienten schwindeln.« Er sah Bond an. »Sie würden staunen. Erwachsene Menschen, oft in guten Positionen, fahren da mit ihren Bentleys durch die Gegend, nichts im Bauch, kehren in einem Tea-Room ein, nur eben auf eine Schale Tee, was anderes dürfen sie ja nicht nehmen. Da sehen sie am Nebentisch einen essen - und schon bestellen sie haufenweise Buttertoast und Kuchen und schlingen das Zeug in sich hinein wie Kinder, die über die Vorratskammer hergezogen sind! Dabei schauen sie fortwährend herum, ob sie nicht jemand erwischt - und schämen sich nicht einmal.«
»Und da zahlen sie noch einen Haufen Geld für diese >Kur< oder wie man es nennen soll!«
»Ja, das kommt noch dazu!« sagte der Fahrer empört. »Gut, sollen sie zwanzig Pfund die Woche verlangen, wenn sie einem dafür drei ordentliche Mahlzeiten hinstellen. Aber zwanzig Pfund für nichts als warmes Wasser - das versteh’ ich nicht!«
»Die Behandlung wird so viel kosten. Und wenn sich die Leute besser fühlen, ist es ihnen das wert.«
»Kann sein«, sagte der junge Mann. »Manche sind ja verändert, wenn ich sie wieder abhole.« Er lachte in sich hinein. »Und mancher ist ein richtiger alter Bock nach einer Woche Vitaminkost und so. Vielleicht probier’ ich es selber einmal.«
»Was soll das heißen?«
Der junge Mann sah Bond an. »Ach wissen Sie, wir haben da ein Mädel in Washington. Klasse, sag’ ich Ihnen, erste Dame am Platz, Sie verstehen ... Sie war Kellnerin im Tea-Room Honey Bee, wir haben fast alle bei ihr angefangen, Sie wissen schon . Ein Pfund pro Mal. Kennt eine Menge französische Tricks. Na, das hat sich auch in den Scrubs herumgesprochen, und so haben ein paar von den alten Böcken angefangen, Polly zu begönnern - Polly Grace, so heißt sie. Luden sie in ihre Bentleys und hatten ihren Spaß mit ihr in einem alten Steinbruch oben in den Downs. Es war das Geschäft ihres Lebens, leider; denn sie zahlten ihr fünf bis zehn Pfund, und so war sie sich bald zu gut für unsereins. Die haben sozusagen die Preise ruiniert, die reinste Inflation! Und neulich hat sie alles hingeworfen im Honey Bee und, was glauben Sie« - seine Entrüstung hatte den Höhepunkt erreicht -, »für ein paar hundert Pfund kauft sie sich einen alten Austin Metropolitan und ist motorisiert! Genau wie die Huren in der Curzon Street in London! Na, und jetzt ist sie in Brighton, in Lewes - überall dort, wo’s Kundschaft gibt. Und dazwischen immer noch die Gelegenheitsarbeit im Steinbruch! Nicht zu fassen!« Verärgert hupte er drauflos. Ein schuldloses Paar auf einem Tandem wich erschrocken zur Seite.
»Schlimm!« sagte Bond. »Ich hätte nicht gedacht, daß man nach Nußkoteletts und Löwenzahnwein noch auf solche Ideen kommt.«
»Wir auch nicht. Aber ein Freund von mir, sein Alter ist Doktor hier, hat mit ihm darüber gesprochen - indirekt. Und der Alte sagt, daß die Diät, die Ruhe, die Massage, die Wechselbäder - daß das alles den Kadaver wieder auf Touren bringt. Dann sticht
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