Feuerball
schwarzblauen Spiegel der See und hinterließ eine tiefe, schäumende Heckwelle. In der großen Hauptkabine war es still bis auf das dumpfe Maschinengedröhn und das leise Klingeln eines Glases auf der Anrichte. Obwohl die Bullaugen abgeblendet waren, brannte nur eine Navigationslaterne. Ihr schwaches rotes Licht beleuchtete unruhig die Gesichter der um den langen Tisch versammelten zwanzig Männer.
Eben begann Largo, der den Vorsitz führte, mit schweißglänzendem Gesicht zu sprechen. Seine Stimme war heiser vor verhaltener Erregung. »Ich muß Ihnen berichten, daß ein Alarmfall eingetreten ist. Vor einer halben Stunde ertappte Nr. 17 auf dem Oberdeck Miß Vitali, wie sie mit einer Kamera herumspielte. Sie gab vor, ein Foto von Palmyra zu machen, hatte aber die Schutzkappe noch auf der Linse. Nr. 17 schöpfte Verdacht und berichtete mir den Vorfall. Ich untersuchte die Kamera: sie ist eine Attrappe und enthält einen Geigerzähler, der natürlich über 500 Milliröntgen anzeigt. Auf meine Befragung erhielt ich keine Antwort, aber zu gegebener Zeit werde ich Miß Vitali zum Sprechen zwingen und sie dann liquidieren lassen. Ich habe den Vorfall bereits Nr. 2 berichtet.«
Largo verstummte. In das drohende Gemurmel der anderen fragte Nr. 14, einer der Deutschen: »Und was sagt Nr. 2 dazu?«
»Er befahl uns, weiterzumachen. Die ganze Welt sei jetzt voll von Geigerzählern, die nach uns suchten. Sämtliche Geheimdienste seien gegen uns mobilisiert. Aber Nr. 2 meint, es gebe nichts mehr zu fürchten, sobald wir erst die Bombe ins Zielgebiet gebracht hätten. Wir haben den Funkverkehr zwischen Nassau und der Küste abgehört. Er ist normal. Das Unternehmen läuft also planmäßig weiter. Nach Verlassen des Teilgebiets geht die Bleihülle der Bombe über Bord. Sie wird die Leiche von Miß Vitali enthalten.«
Nr. 14 blieb hartnäckig: »Aber zuerst werden Sie doch die Wahrheit aus dieser Frau herausbringen? Wir müssen für später wissen, ob wir unter Verdacht stehen!«
»Ich beginne gleich nachher mit der Befragung. Ich selbst glaube ja, die beiden Männer von gestern - Mr. Bond und Mr. Larkin - haben dabei die Hand im Spiel. Möglicherweise sind es sogar Geheimagenten. Larkin hatte eine Kamera die der von Miß Vitali glich. Leider war ich nicht vorsichtiger, aber das Anliegen der beiden klang so überzeugend. Jedenfalls ist morgen früh nach unserer Ankunft in Nassau größte Vorsicht geboten. Miß Vitali wird über Bord gefallen sein, ich werde die Einzelheiten der Geschichte inzwischen ausarbeiten. Unsere Zeugen werden unerschütterlich sein. Natürlich brauchen wir auch die Münzen als zusätzliches Alibi für unseren Verbleib während der Nacht. Nr. 5, ist der Erosionszustand der Münzen zufriedenstellend?«
Nr. 5, der Physiker Kotze, sagte: »Er ist hinreichend und wird einer flüchtigen Prüfung standhalten. Es sind echte Dublonen und Realen aus dem frühen siebzehnten Jahrhundert. Seewasser hat keinen großen Einfluß auf Gold und Silber, ich habe also ein wenig Säure verwendet. Man wird die Münzen natürlich dem Untersuchungsrichter übergeben und als Schatzfund deklarieren müssen, aber den Ort brauchen wir nicht preiszugeben. Allenfalls die Wassertiefe - sagen wir zehn Faden, an irgendeinem Riff. Draußen bei den Riffen fällt der Grund oft sehr steil und tief ab. Miß Vitali könnte da Schwierigkeiten mit ihrer Aqualunge gehabt haben und über einer Tiefe von hundert Faden verunglückt sein.«
Largo sah zufrieden aus. »Und jetzt noch rasch die letzten Einzelheiten.« Er sah auf seine Uhr. »Wir haben Mitternacht. Von drei Uhr an herrscht Mondlicht, kurz nach fünf wird es schon Tag. Es bleiben uns also zwei Stunden. Wir nehmen Nordkurs auf West End, das ist die normale Zufahrt zu den Inseln. Sollte uns das Radar der Raketenbasis entdecken, so wird man uns für eine Jacht halten, die vom Kurs abgekommen ist. Um drei Uhr gehen wir vor Anker, das Schwimmkommando nimmt dann die Bombe die letzten 800 Meter zur Küste mit. Die fünfzehn Mann schwimmen in Keilformation, Wagen und Bombenschlitten in ihrer Mitte. Diese Ordnung ist genau einzuhalten, um Abweichungen zu vermeiden. Alles richtet sich nach dem Blaulicht auf meinem Rücken. Verliert jemand den Anschluß, so kehrt er unverzüglich zum Schiff zurück. Die Bedeckung achtet in erster Linie auf Haie und Barrakudas. Denken Sie stets daran, daß unsere Schußweite nur sechs Meter beträgt und daß die Fische in den Kopf zu treffen sind! Jedenfalls sollte
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