Feuerbande
doch gekommen war, und das fand er eigenartig.
Er erzählte der jungen Frau von seiner Suche nach der Hexe und der Bitte, die er an sie richten sollte, und auch die junge Frau kicherte wie die beiden anderen.
„Wenn der König sich selbst nicht entscheiden kann, wird keiner Hexe dies Kunststück gelingen. Vielleicht weiß ich jedoch einen Rat. Bleibe noch diese Nacht bei mir und achte auch auf deine Träume. Wenn du es wünschst, wirst du Antworten finden.“
Marten der Falkner nickte nur, denn er war sich nicht sicher, ob er die Hexe, die er suchte, nun vielleicht schon gefunden hatte. Doch jetzt war es ohnehin zu spät, den Weg für heute fortzusetzen, die Dunkelheit war längst hereingebrochen. Und als ihn die Müdigkeit überkam wie schon an den beiden Abenden zuvor, legte er sich auf seine Bank und fiel in unruhigen Schlummer.
Wieder spürte er sanfte Berührung, wie weiche Haut an seiner Wange. Wieder setzte er sich ruckartig auf, und wieder gab es nichts Ungewöhnliches. Wieder öffnete er die Tür und trat hinaus unter den Nachthimmel.
Ein leises Geräusch ließ ihn herumfahren, und er entdeckte erneut die Eule, die diesmal auf dem Hausdach saß. Und während er sie noch betrachtete, schien sie vor seinen Augen zu verschwimmen, und plötzlich war dort nicht mehr von ihr übrig als ein heller, mondbeschienener Fleck.
Marten der Falkner schüttelte den Kopf und trat wieder in die Hütte zurück, doch es war nun nicht mehr finster darin. Die junge Frau hatte sich erhoben und das Herdfeuer neu geschürt, so dass das knisternde Licht nun Wärme und Helligkeit verbreitete.
„Ich konnte nicht schlafen“, sagte sie. „Und du auch nicht, wie ich sehe. Ich kann dir helfen, wenn du willst. Ich kann dir die Braut für deinen König verschaffen.“
„Wie willst du das tun?“, fragte Marten verwundert. „Und welchen Lohn begehrst du für deine Hilfe?“ Denn er trug ein Säcklein mit Münzen bei sich, doch er wusste nicht, ob es reichen würde.
„Teile in dieser Nacht mein Lager mit mir. Gib mir die Tochter, die meine Linie fortführen kann. Wenn du dies tust, wird ein Teil von dir ein Teil von uns werden, und wir werden dir helfen, wo wir es vermögen.“
Marten blickte sie an, noch immer verwundert. „Ich habe bereits ein Weib daheim, und wir haben Kinder zusammen. Du verlangst viel, und ich kann dir nichts bieten.“
„Ich verlange nicht mehr, als du bereit bist, zu geben“, sprach sie. „Deiner Familie wird es dadurch an nichts fehlen, und sie werden es durch mich nie erfahren. Ich schlage dir diesen Handel vor – du bist ein freier Mann und kannst wählen. Vielleicht findest du auch ohne mich die, die du suchst. Doch mich wirst du dann nie wieder finden.“
Marten wusste nicht mehr, ob er wach war oder träumte. All das erschien ihm so unwirklich. Doch ihm gefiel die junge Frau, und so schien ihm ihr Handel nicht unbillig. Und so geschah es, dass sie ihr Lager teilten, und sie hatten beide Freude daran.
Als der Morgen graute, fiel Marten in einen leichten Schlummer, und wieder sah er die schlafende Frau, und nie schien ihm der Zeitpunkt ihres Erwachens näher gekommen zu sein als jetzt. Doch er kehrte abermals aus dem Traum zurück, bevor sie die Augen öffnen konnte.
Die junge Frau neben ihm regte sich, und er erzählte ihr seine Vision und auch die Erlebnisse der vergangenen Nächte. Sie nickte leicht und sprach zu ihm: „Du bist hier im Haus der Hexe, die zu finden du gekommen bist, und sie ist meine Großmutter, die Vergangenheit, und meine Mutter, die Gegenwart, und ich, unsere Zukunft, werde bald eine neue Zukunft gebären. Was du erlebt und gesehen hast, sind Antworten auf deine Suche. Die Frau, die dein König lieben wird, schläft tief und wartet auf ihr Erwachen, und er wird sie nicht eher finden können, bis er selbst aufbricht, nach ihr zu suchen.“
„Wie kann er das, wo er doch noch gar nichts von ihr weiß?“, fragte Marten der Falkner verwirrt.
„Er weiß es jetzt“, erklärte die Frau und blickte ernst in die prasselnden Flammen. „Jemand, den du in den letzten Nächten gesehen hast, hat deine Träume zu ihm getragen. Er hat diese Frau bereits im Schlaf gesehen, und er läuft nun ruhelos hin und her, darüber rätselnd, wo sie wohl zu finden wäre.“
„Und wo mag das sein?“, fragte Marten mit leiser Stimme. Ihm war plötzlich ganz eigenartig zumute, die ganze Welt schien um ihn zu schwanken, und er legte sich wieder zurück auf das Lager, schloss die Augen, um
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