Feuereifer
an das Land, aus dem sie flüchten musste. Vor einigen Jahren waren zwei zerbrochen, und ich wollte auf keinen Fall noch weitere einbüßen.
Ich spülte sie sorgfältig und trocknete sie ab, ließ aber eines draußen, um ein Glas Torgiano zu trinken. Normalerweise benutze ich im Alltag gewöhnliche Gläser, aber die Erinnerung von vorhin ließ mich nicht los, und ich hatte das Bedürfnis, Gabriella nah zu sein.
Ich rief Morrell an und erklärte, ich sei zu müde, um heute noch nach Evanston zu kommen. »Marcena kann dich mit ihrem wortgewandten Geplänkel unterhalten.« »Könnte sie, wenn sie hier wäre, Süße, aber sie ist wieder verschwunden. Heute Mittag hat jemand angerufen und ihr weitere Abenteuer in der South Side verheißen, worauf sie sofort losgezogen ist.«
Ich musste an Sandras bittere Bemerkung über Bron und die Hure aus England denken. »Romeo Czernin.«
»Schon möglich. Ich hab nicht drauf geachtet. Wann sehen wir uns? Könnte ich dich nicht morgen Abend zum Essen ausführen? Dich mit gesunder Nahrung füttern und mit meinem eigenen wortgewandten Geplänkel unterhalten? Ich weiß, dass du verstimmt bist, weil ich gestern nach Hause wollte.«
Ich lachte etwas zögerlich. »Ah ja, richtig: Contenance gehört nicht zu meinen Stärken. Abendessen würde mir gefallen, aber nur mit Geplänkel.«
Wir einigten uns auf eine Zeit, und ich spazierte in die Küche und beschäftigte mich mit dem heutigen Abendessen. Auf dem Rückweg von Lottys Klinik hatte ich es endlich geschafft einzu kaufen und war nun wieder ausgestattet mit allem Notwendigen von Seife bis Joghurt sowie frischem Fisch und Gemüse.
Ich dünstete Thunfisch mit Knoblauch und Oliven für Mr. Contreras und mich. Wir machten es uns im Wohnzimmer bequem, aßen und schauten dabei gemeinsam Monday Night Foot-ball, New England gegen die Chiefs. Ich trank meinen Wein, Mr. Contreras ein Bud. Er schließt immer Wetten ab und versuchte, mich auch jetzt zu überreden, nicht nur zu mutmaßen, sondern auch Geld zu setzen.
»Aber nicht über so was wie wer den ersten Down oder den stärksten Tackle macht«, protestierte ich. »Fünf Mäuse auf den Ausgang, nicht mehr.«
»Ach, kommen Sie schon, Liebchen: einen Dollar, wenn die Chiefs als Erste scoren.« Er zählte allerlei Möglichkeiten zum Wetten auf und sagte schließlich beleidigt: »Ich hab immer geglaubt, Sie seien risikofreudig.«
»Sie kriegen Rente von der Gewerkschaft, da kann man sich Risikofreudigkeit leisten«, grummelte ich. »Ich hab nur 'nen mageren Rentenfonds, in den ich letztes Jahr nicht mal was einzahlen konnte.« Aber zu guter Letzt ließ ich mich breitschlagen und rückte fünfzehn Dollar in Einern raus.
Rose Dorrado rief an, als die Chiefs gegen Ende der ersten Halbzeit einen heroischen Angriff starteten; da waren mir bereits sechs Dollar flöten gegangen. Wegen des Getöses wanderte ich mit dem Telefon in den Flur.
»Josie ist heute nicht von der Schule heimgekommen«, sagte Rose ohne Umschweife. »Sie war heute gar nicht in der Schule, haben mir die Mädchen aus dem Team gesagt.« »Nicht in der Schule? Aber sie ist heute Morgen pünktlich losgegangen! Wo ist sie denn hin? Oh, nein, nein, Dios, hat jemand mein Kind entführt?« Ihre Stimme wurde schrill. Ich sah die dunklen Seitenstraßen und verlassenen Gebäude in der South Side vor mir, in der nicht selten Mädchen vergewaltigt und umgebracht wurden. Aber ich glaubte nicht, dass Josie so etwas widerfahren war.
»Haben Sie Sandra Czernin angerufen? Vielleicht ist sie zu April gefahren.«
»Hab ich, daran hatte ich auch gedacht, aber Sandra hat nichts von ihr gehört, hat sie vergangenen Samstag zum letzten Mal gesehen, als sie April im Krankenhaus besucht hat. Was haben Sie gestern zu ihr gesagt? Haben Sie die Kleine so aufgeregt, dass sie ausgerissen ist?«
»Ich habe ihr gesagt, dass ich es nicht für eine gute Idee halte, wenn sie die Nacht mit Billy verbringt. Wissen Sie, wo er ist?«
Sie rang hörbar um Atem. »Glauben Sie, er ist mit ihr durchgebrannt? Aber warum? Und wohin?«
»Ich glaube im Moment gar nichts, Rose. Ich würde jedenfalls erst mal mit Billy sprechen, bevor ich die Polizei anrufe.«
»Oh, ich dachte, es gibt nichts Schlimmeres, als den Job zu verlieren, aber jetzt das, das! Wo finde ich ihn, diesen Billy?«
Ich überlegte mir, wo er stecken könnte. Dass er freiwillig nach Hause zurückgekehrt war, nahm ich nicht an. Vielleicht hatte sein Großvater ihn irgendwo aufgegriffen -Buffalo Bill
Weitere Kostenlose Bücher