Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feuereifer

Feuereifer

Titel: Feuereifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
Vom Netzwerk:
war zu allem imstande. Josie hatte erwähnt, dass Billy sein Handy weggegeben hatte; offenbar hatte er sich meine Bemerkung über den GPS-Chip gemerkt. Ich fragte mich, ob er den Miata inzwischen auch abgestoßen hatte. »Rufen Sie Pastor Andres an«, sagte ich schließlich. »Mit ihm spricht Billy zurzeit am häufigsten. Ich glaube, dass Sie auch Josie finden werden, wenn Sie erst wissen, wo Billy ist. Oder aber er kann Ihnen zumindest sagen, wo sie ist.« Zehn Minuten später rief Rose wieder an. »Pastor Andres sagt, er weiß nicht, wo Billy ist. Hat ihn seit dem Gottesdienst gestern nicht mehr gesehen. Sie müssen herkommen und mir helfen, Josie zu finden. Wen soll ich sonst fragen? An wen kann ich mich wenden?«
    »An die Polizei«, riet ich ihr. »Die wissen, wie man nach verschwundenen Personen sucht.«
    »Die Polizei«, fauchte sie. »Wenn die überhaupt abnehmen! Meinen Sie vielleicht, das kümmert die?«
    »Ich kenne den Watch Commander vom Revier persönlich«, sagte ich. »Den könnte ich anrufen.«
    »Sie kommen her, Ms. V. I. War... War...«
    Mir wurde klar, dass sie von einer der Visitenkarten ablas, die ich ihren Töchtern gegeben hatte, und meinen Namen tatsächlich nicht kannte. Als ich ihn für sie aussprach, sagte sie wieder, ich solle herkommen; die Polizei würde ihr nicht zuhören, das wisse sie, aber ich sei Detektivin und kenne mich in der Gegend aus, bitte, es sei alles zu viel für sie, die Fabrik kaputt, keine Arbeit, die vielen Kinder und nun das.
    Ich war müde und hatte zwei Gläser schweren italienischen Rotwein intus. Außerdem war ich heute schon einmal in South Chicago gewesen, hatte keine Lust mehr, vierzig Kilometer zu fahren, und dann noch die neuerlich malträtierte Schulter... und ich sagte ihr, ich würde mich beeilen.

25
    Gutenachtgeschichten
    Ku rz vor elf hielt ich vor dem Haus in der Escanaba, in dem die Dorrados wohnten, in Begleitung von Mr. Contreras und Mitch. Man konnte nie wissen - Mitch hatte Jagdhundblut und mochte uns als Spürnase nützlich sein. Wie nicht anders zu erwarten, hatte sich mein Nachbar sichtlich geärgert, als ich ankündigte, dass ich noch mal losziehen müsse, aber ich umging eine Zankerei, indem ich ihn kurz entschlossen einlud mitzukommen. »Ich weiß, dass es spät ist und ich nicht mehr fahren sollte. Wenn Sie mitkommen und dafür sorgen könnten, dass ich wach bleibe, wäre das fantastisch.«
    »Aber gewiss doch, Liebchen, natürlich gerne.« Seine Begeisterung war geradezu rührend.
    Ich ging ins Schlafzimmer, zog Jeans und ein paar lose sitzende, dünne Wollpullis unter meine blaue Seemannsjacke an und nahm meine Pistole aus dem Wandsafe. Ich hatte keine Tätlichkeiten mit Billy im Sinn, falls er und Josie tatsächlich zusammen abgehauen waren. Aber Drive-by-Shootings gehörten zum tristen Alltag in meiner einstigen Gegend, und ich hatte nicht die Absicht, mit einer Kugel im Rücken in irgendeinem verlassenen Lagerhaus zu enden, weil ich nicht anständig gerüstet war. Mitch nahmen wir auch vor allem aus diesem Grund mit - die wenigsten Gangbanger haben was übrig für große Hunde.
    Bevor wir in Lakeview losfuhren, rief ich Billys Mutter an. Unter ihrer Nummer meldete sich ein Mann, der Butler oder Sekretär sein mochte, jedenfalls eindeutig der Telefonvorkoster war. Er weigerte sich zunächst, Mrs. William ans Telefon zu rufen, und als er auf mein Drängen hin endlich nachgab, trat der Grund für sein Verhalten zutage: Annie Lisa lief auf irgendetwas. Ob es sich um moderne Substanzen wie Xanax oder traditionelle wie Old Overholt handelte, war nicht ganz klar, aber sie reagierte auf jede Äußerung von mir mit einer Verzögerung wie ein Echo.
    Ich sprach langsam und geduldig wie zu einem Kind und rief ihr in Erinnerung, dass ich die Detektivin war, die nach Billy suchte. »Wann haben Sie zuletzt von ihm gehört, Mrs. Bysen?«
    »Gehört?«, echote sie.
    »Hat Billy Sie heute angerufen?«
    »Billy? Billy ist nicht hier. William, William ist wütend.« »Und warum ist William wütend, Ma'am?«
    »Ich weiß nicht.« Sie war verwirrt und setzte zu einer längeren Äußerung an. »Billy ging zur Arbeit, im Lagerhaus, das machen anständige Jungen, er arbeitet schwer für seinen Lebensunterhalt, das hat Daddy Bysen uns immer aufgetragen. Weshalb ist William dann wütend? Vielleicht nur, weil Billy tut, was Daddy Bysen sagt, William kann es nicht leiden, wenn Billy auf Daddy Bysen hört, aber er findet Kinder, die hart arbeiten, auch gut.

Weitere Kostenlose Bücher