Feuerflügel: Roman (German Edition)
mir hoch!“ Sie schlug heftig mit den Flügeln und versuchte, sich loszureißen. Nutzlos. Mit ihrem freien Fuß trat sie wild auf den Trieb ein, aber er zog sich nur enger und wickelte sich noch höher auf ihre Hüften zu.
„Okay“, sagte Greif. „Es ist okay. Nur so eine Art Schlingende-Ranken-Situation. Ich werde ... hm ... es noch einmal versuchen.“
Er kniff die Augen zusammen und biss zu. Der fleischige Trieb wand sich zwischen seinen Kiefern wie ein Lebewesen. Seine Zähne gingen vollständig hindurch. Es gab ein scharfes Zischen wie ein schockiertes Atemholen. Angeekelt spuckte ihn Greif sofort wieder aus. Das abgebissene Ende des Triebs fiel zu Boden, der Rest verwelkte an Lunas Knöchel, löste sich in dünne Luft auf.
„Flieg weg!“, rief er.
„Kann nicht!“
Wild schaute er sich um und sah, dass ein zweiter Trieb aus dem Ast geschossen war und sich um Lunas Bein kringelte. Ängstlich untersuchte er seinen eigenen Körper – er war frei von so etwas –, dann streckte er sich vor, um diese neue Ranke abzubeißen. Plötzlich stellten sich auf ganzer Länge hässliche kleine Dornen auf.
„Greif, da kommt etwas!“
Er wirbelte herum und dachte: Nicht jemand, sondern etwas. Mit den Augen suchte er den Himmel ab und erfasste die Silhouette, die über die Wüstenebene auf sie zugeflattert kam. Sie war noch ganz weit entfernt, aber allein an ihrer Größe und dem gezackten Zuschnitt der Flügel erkannte er, dass es kein Silberflügel war.
Er wusste nicht, warum der Anblick seinen Körper flüssig vor Angst werden ließ. Das Geschöpf war allein, strebte direkt auf den Kaktus zu, und es lag etwas Brutales in der gebündelten Energie seiner hochgezogenen Schultern, dem wütenden Schlag seiner Flügel, das Greif denken ließ: Es ist hinter uns her.
„Komm schon, Greif“, rief Luna, die hilflos in der Luft hing, „mach dieses Ding von mir los!“
„Bin dabei!“
Er wandte sich wieder dem stachligen Trieb zu und fand ein Stück frei von Dornen. Im gleichen Augenblick, als er zupackte, sah er aus den Augenwinkeln, wie zwei neue Triebe aus dem Ast hervorbrachen. So schnell er konnte, trennte er den ersten mit dem Mund ab, aber die anderen hatten sich schon um Lunas Flügel geringelt.
„Greif!“
Er warf schnell einen verzweifelten Blick zum Himmel und ...
Die riesigen Flügel der Fledermaus verdeckten die Sterne, als sie herabstürzte. Greif starrte hoch, gelähmt vor Entsetzen. Ein Meter Flügelspanne, ein Körper mit breiter Brust, ein langer Schädel, dessen Schnauze wie eine Spitze nach oben stand. Sein Maul offen. Ich weiß, was das ist.
Ein Vampyrum Spectrum.
Der Kannibale machte einen schnellen Rundflug um den Kaktus, prüfte das dornige Gewebe seiner Äste, suchte die beste Anflugmöglichkeit. Greif ließ mit den Daumenklauen los und hing nur noch an den Füßen, beobachtete, wollte wegfliegen. Aber er konnte nicht. Vielleicht war es nur sein Entsetzen. Vielleicht war es Luna, die verstrickt und hilflos neben ihm hing. Er konnte nicht wegfliegen.
Der Vampyrum kam niedrig herangeflogen, verschwand für eine Sekunde zwischen den Ästen unter ihnen – und kam dann direkt zu ihnen hoch. Greif hörte Schreien, wusste nicht, ob es sein eigenes war oder nicht. Er sah, wie Luna mit den Flügeln um sich schlug. Er sah den Vampyrum und dass seine Augen auf ihn gerichtet waren.
Was Greif als Nächstes tat, war purer Instinkt. Er hatte nie in seinem ganzen Leben gegen eine andere Fledermaus gekämpft. Er zog seine Flügel vor der Brust fest zusammen und schlug mit beiden heftig zu, legte seine ganze Kraft in den Schlag. Er hörte und spürte mit dem ganzen Körper den Zusammenprall, erwartete, dass sein Flügel zerkrümeln würde, erwartete den endgültigen Zusammenprall mit einem festen Körper und mit Kiefern.
Es kam nicht dazu.
Er konnte kaum seinen Sinnen trauen, als der Vampyrum von ihm weggetrieben wurde. Die Kannibalenfledermaus taumelte durch die Luft zurück und hart gegen einen Ast. Dornen stachen in seine Flügel und er brüllte. Und während er sich noch frei zu machen versuchte, schlang der Kaktus schnelle Ranken um seine Beine und Schultern.
Greif verschwendete keine Sekunde. Mit drei brutalen Bissen zertrennte er die letzten Ranken um Luna, und mit einem Ruck war sie frei. Schrecklich zitternd sprang Greif von dem Ast und entfaltete die Flügel. Er zuckte zusammen, als ein scharfer Schmerz durch die Prellungen seiner Unterarme schoss.
„Die Karte!“, rief er besorgt. Der
Weitere Kostenlose Bücher