Feuerflut
sie sie erst überschritten hatte, konnten die Menschen ihr nicht mehr folgen. Die zierlichen Flieger konnten sich ihr nicht entgegenstellen, wenn sie sich entschloß weiterzugehen, aber sie machten keine Anstalten, sie vorbeizulassen. Dark hielt inne.
Ebenso wie sie hatten auch die Flieger riesige Augen, um so das Spektrum ihres Sehvermögens zu erweitern. Gepanzerte Brauenwülste und durchsichtige Schilde schützten Darks Augen und verbargen sie beinahe. Auch die Augen der Flieger waren geschützt, aber durch dichte schwarze Wimpern, die sie abwechselnd ver- und wieder entschleierten.
„Was willst du, Kleine?“ sagte einer der Flieger. Seine Stimme klang tief und sanft, und er hüllte seinen Körper in schillernde schwarze Flügel.
„Eure Hilfe“, sagte Dark. „Zuflucht.“ Hinter ihr blieben jetzt auch die Menschen stehen. Sie wußte nicht, ob sie sie jetzt noch rechtmäßig einfangen konnten. Ihr stählernes Netz scharrte über den Boden, und sie kamen zögernd näher. Der schwarze Flieger sah sie mit blitzenden Augen an, und die menschlichen Laute verstummten. Dark schob sich langsam vorwärts, aber die Flieger wichen nicht von der Stelle.
„Warum bist du gekommen?“ Die Stimme des schwarzen Fliegers ließ keinerlei Gefühl erkennen, weder Wärme noch Willkommen lag darin.
„Um mit euch zu sprechen“, sagte Dark. „Mein Volk braucht eure Hilfe.“
Der Flieger mit den rabenschwarzen Flügeln rührte sich nicht, er zwinkerte nur einmal mit seinen leuchtenden Augen. Aber sein blaugefiederter Begleiter betrachtete Dark eingehend. Er machte einen Schritt hierhin und einen dorthin und schüttelte das Gefieder seiner Flügel. Die Bewegungen des blauen Fliegers waren so flink und abgehackt wie die eines Vogels.
„Wir können euch keine Hilfe anbieten“, sagte der schwarze Flieger.
„Laßt mich hinein, laßt mich mit euch reden.“ Ihre Klauen knirschten in nervöser Bewegung über den Steinboden. Sie konnte nicht fliehen, und sie wollte nicht kämpfen. Sie konnte die Menschen oder die Flieger zermalmen, aber man hatte sie nicht ausgewählt, weil sie zu Gewalttaten fähig war. Ihre Verfolger wußten das sehr wohl.
Wieder scharrten die Netze hinter ihr, als die Menschen vorrückten.
„Wir sind nur ihretwegen hier“, sagte einer von ihnen. „Sie ist ein Flüchtling – wir wollen nicht, daß ihr deswegen Unannehmlichkeiten habt.“ Der starke Suchscheinwerfer in seiner Hand strich über Darks Rücken hinweg und durchbohrte die Flieger, so daß sie das Gesicht abwandten. Das grelle weiße Licht wischte das irisierende Funkeln aus dem schwarzen Gefieder, aber die Flügel des anderen erstrahlten in den leuchtenden Farben eines Eichelhähers.
„Löscht das Licht“, sagte Häher mit einer Stimme, die so rauh und fordernd war wie die eines wirklichen Eichelhähers. „Es wird schon hell – ihr könnt genug sehen.“
Der Mensch zögerte, schwenkte dann den Scheinwerfer weg und schaltete ihn ab. Er winkte zum Hubschrauber hinüber, und auch dessen Lichter verloschen. Wie der Häher gesagt hatte, dämmerte der Morgen, diesig, grau und unwirklich. Die Flieger wandten sich wieder Darks Widersachern zu.
„Wir haben nicht mehr Mittel als ihr“, sagte der rabenschwarze Flieger. „Welche Hilfe erwartet ihr von uns? Wir haben uns. Wir haben unser Land. Das habt ihr auch.“
„Land!“ sagte Dark verbittert. „Habt ihr mein Land je gesehen? Dort gibt es nichts als zerfallende Steine und Tümpel mit rostigem Wasser …“ Sie brach ab; einen solchen Ausbruch hatte sie nicht beabsichtigt. Aber sie stand jetzt am Rande der Gefangenschaft. Sie versuchte verzweifelt, eine sichere Zuflucht zu erreichen, und man wollte sie zurückweisen.
„Schickt sie heraus, damit wir sie mitnehmen können, ohne eure Grenzen zu verletzen. Laßt euch nicht von ihr in Schwierigkeiten bringen.“
„Ein wenig spät für solche Vorsicht“, sagte Häher. „Rotflügel, wenn wir uns jetzt ihren Drohungen beugen, was werden sie dann beim nächstenmal tun? Wir sollten sie hereinlassen.“
„Damit die Wühler mit unserem Refugium tun können, was sie mit dem ihren getan haben? Tümpel und rostiges Wasser …“
„Es war schon so, als wir kamen!“ rief Dark, schockiert und verletzt. „Wir graben Tunnel, ja, aber wir zerstören nichts! Bitte hört, was ich zu sagen habe. Wenn ihr dann wollt, daß ich gehe … dann werde ich gehorchen.“ Sie zögerte bei diesem Versprechen, weil sie wußte, wenn sie erst einmal in der Nähe
Weitere Kostenlose Bücher