Feuerflut
feinere Signale entwickelt worden. Sie schaltete es ab, so wie sie in blendendem Licht die Augen schließen würde.
Dark tauchte wieder unter und folgte dem Hauptlauf des Flusses stromaufwärts. Während sie die Zuflüsse passierte, die sich rauschend in den Hauptstrom ergossen, wurde der Fluß selbst allmählich zu einem bloßen Bach, so daß Dark sich nur noch im Schütze eines dünnen Rinnsals bewegte.
Wieder spähte sie hinaus.
Der Paß über den Bergkamm lag nicht weit entfernt über ihr, gleich hinter der Quelle, aus der der Fluß entsprang. Zu ihrer Linken sah Dark ein weites Geröllfeld, wo ein Felsenhang eingestürzt war. Der Fluß nahm seinen Weg um den Schutt herum, von Tonnen zerbrochenen Gesteins aus der Bahn gedrängt. Das Geröllfeld zog sich ziemlich weit hin, mindestens bis zum Paß, und wenn sie Glück hatte, noch darüber hinaus. Es war ideal. Kaum vom Wasser bedeckt, durchquerte sie die Strömung. Unter ihren Füßen spürte sie, wie an die Stelle der runden, wassergeglätteten Steine jetzt scharfkantige, frisch zertrümmerte Steine traten. Sie erreichte den Fuß des Hangs, wo die Felstrümmer in den Fluß hineinragten. Auf der stromabwärts gelegenen Seite stieß sie ein paar große Steinbrocken beiseite, setzte sich zurecht und grub sich flink in das Geröll hinein.
Die zertrümmerte, kristalline Bodenformation unterbrach ihre Echowahrnehmung. Ständig erwartete sie, auf eine solide Felswand zu stoßen, die sie schutzlos ins Freie drängen würde, aber die Bedingungen blieben auf dem ganzen Weg über den Paß hinweg gleichmäßig gut. Als sie auf der anderen Seite einen Blick ins Freie riskierte, stellte sie fest, daß sich die Bodenbeschaffenheit auf dieser Seite des Bergkammes abrupt änderte. Als das Geröllfeld zu Ende war, brauchte sie keinen neuen Fluß zu suchen. Sie grub sich geradewegs aus dem Schutt in die Erde.
In der kühlen, trockenen Finsternis kam sie langsamer, aber auch sicherer vorwärts als im Fluß. Unter der Erde riskierte sie nicht, daß das Radiosignal hinausdrang und sie verriet. Sie wußte stets ganz genau, wo die Oberfläche war. Anders als die Grenze zwischen Wasser und Luft veränderte sie sich hier nicht ständig. Wenn nicht gerade ein Berghang abbrach, würde es kaum etwas geben, was sie ans Licht bringen könnte. Ein Erdrutsch war möglich, aber ihr Sonar vermochte Störungen und Schwachstellen im Boden und im Fels auszumachen, die gefährlich werden konnten.
Sie hätte sich gern ausgeruht, aber sie wollte das Schutzgebiet der Flieger erreichen, so schnell es ging. Sie hatte es jetzt nicht mehr weit. Jedes Stückchen Weg, das sie zurücklegte, konnte wichtig werden, denn in Sicherheit würde sie erst sein, wenn sie die Grenze überschritten hatte … Dort würde sie vor normalen Menschen sicher sein – was die Flieger tun würden, wenn sie kam, konnte sie nicht sagen.
Darks Sehvermögen umfaßte einen größeren Bereich des Spektrums als zu der Zeit, da sie noch ein Mensch gewesen war. Am Tag sah sie Farben, aber nachts und unter der Erde nutzte sie den Infrarotbereich, in dem es unterscheidbare und voneinander abgegrenzte Schattierungen von Schwarz gab. Sie sollten zwar wie Farben aussehen, aber sie sah sie alle schwarz. Sie sagten ihr, in welcher Bodensorte sie sich befand, und verrieten ihr viel über das, was oben wuchs. Trotzdem brach sie, als die Sonne unterging, durch den dicken Mutterboden und betrachtete den Wald ringsumher. Der Mond war noch nicht aufgegangen, und ein nahe gelegener Bach war fast so dunkel wie Eis. Die Fichten hatten denselben tiefen Ton wie im hellen Sonnenlicht. Alle Farben jedoch waren schwarz.
Dark atmete tief in der kühlen Luft. Es war stickig unter der Erde, wenngleich sie nicht ihren eigenen Sauerstoffvorrat hatte angreifen müssen. Er war für größere Tiefen bestimmt, für Regionen, die insgesamt schwieriger waren.
Die Luft roch nach Moos und Farn, nach Immergrün und verwittertem Gestein. Aber unter allem lag der Schwefel des Vulkans und der süße, zarte Duft der Flieger.
Dark sank wieder unter die Erde und setzte ihren Weg fort.
Je näher Dark an den Vulkan herankam, desto unregelmäßiger und verworfener wurde die Struktur des Bodens. Lavaströme und Erdbewegungen, Gletscher und Erosion hatten die Erdoberfläche und alles, was darunterlag, mit Narben übersät, aus dem Gleichgewicht gebracht und verzerrt. Tief im Boden stieß Dark auf eine schräg liegende Granitplatte, die zu hart war, als daß sie sich
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