Feuerfrau
ironisches Funkeln in den Augen.
»Wie du siehst, ist alles vorhanden.«
Ich zog den Reißverschluß meiner Windjacke auf.
»Ich würde gerne eine Dusche nehmen.«
Manuel kniete nieder, wühlte in seinem Sportsack und reichte mir ein zusammengefaltetes Handtuch.
»Für heißes Wasser kann ich nicht garantieren.«
»Das macht nichts.«
Ich zögerte kurz, bevor ich die weiße Baumwolldecke vom Bett nahm.
In den winzigen Duschraum roch es nach billigem Waschmittel und verstopfter Kanalisation. Ich zerrte mein verschwitztes T-Shirt über den Kopf, zog Jeans und Slip aus. Als ich den Duschhahn drehte, gurgelten sämtliche Rohre. Ich brauste mich schnell ab, das lauwarme Wasser jagte mir kurze Schauer über den Körper. Ich hätte mir auch gerne das Haar gewaschen, aber dazu war mir das Wasser zu kalt. Doch als ich mich abtrocknete, spürte ich, wie Wärme in meine verkrampften Glieder zog. Ich wickelte mir die große Baumwolldecke um den Körper, so daß nur meine Schultern nackt blieben. Als ich aus der Dusche kam, lag Manuel halb ausgestreckt auf dem Bett und schrieb etwas in ein kleines Heft. Er hob die Augen und lächelte mich an.
»Eine Gewohnheit von früher. Vor dem Zubettgehen mache ich mir Notizen. Was ich so täglich erlebe. Nur Stichworte, die ich später ergänze.«
Ich setzte mich neben ihn, warf einen Blick auf die runde, etwas kindliche Schrift.
»Steht da etwas über mich?«
»Natürlich.«
»Was denn?«
»Dein Name. Ariana.«
»Und was noch?«
Er nickte, halb spöttisch, halb verlegen.
»Zeig her!«
»Kannst du spanisch?« fragte er.
»Ja. Ich war eine Zeitlang in Spanien.«
Er klappte das Heft rasch zu. Seine Wangen waren um eine Spur dunkler geworden. Ich lächelte ihn an.
»Willst du mir nicht zeigen, was du über mich geschrieben hast?«
Er schüttelte lachend den Kopf. Seine Zähne waren weiß, kräftig und ganz ebenmäßig. Er hielt das Heft von mir weg. Ich lehnte mich über seine Knie und griff danach. Wir balgten uns eine Weile wie Kinder.
»Tu doch nicht so!« sagte ich.
Sein Lachen erlosch. Er blinzelte ein wenig, öffnete das Heft und hielt es mir hin. Ich las die Worte halblaut vor:
»Sie ist mein Labyrinth.«
Stille. Unsere Blicke begegneten sich, hielten einander fest. Ein Motorrad fuhr mit lautem Knattern unter dem Fenster vorbei. Erst als das Geräusch sich entfernte, legte er die Hände auf meine nackten Schultern.
Behutsam streichelte er meinen Hals, umfaßte mein Gesicht. Ich warf den Kopf rückwärts; nicht die Berührung der Hand erregte mich, sondern das Zittern der Finger, die weich und zärtlich über meine Haut glitten. Dabei sah er mich unverhohlen an, voller Aufmerksamkeit, er hatte einen ganz ruhigen Ausdruck dabei. Ich fühlte, wie ein antwortendes Beben in mir begann, ein feines Beben wie von einem vibrierenden Draht. Langsam bewegte er die Finger, ließ sie über meine Wangen, über meine Stirn und Augenlider wandern. Als ob er jede Linie meines Gesichtes erforschen und sich einprägen wollte. Doch im trüben Licht der Neonröhre leuchteten seine Augen klar und scharf. Mein Mund strich über sein Gesicht, saugte an seiner Unterlippe. Er lächelte, als meine Zunge seinen Mund öffnete. Eine Erinnerung stieg in mir auf, verschwand am Rande meines Bewußtseins, bevor sie deutliche Konturen annahm. Hier war etwas anderes, etwas so subtil Neues, daß ich es nicht nur mit dem Körper, sondern auch mit meiner ganzen Wahrnehmung aufspüren mußte. Während wir uns küßten, schlug er die Decke zurück, die ich um mich geschlungen hatte. Ich hatte das seltsame Gefühl, daß seine Hände zwei Kelche waren, und meine Brüste genau die richtige Größe hatten, daß er sie umfassen konnte. Ich fiel auf das Bett zurück, und er legte sich auf mich; er küßte mich, zärtlich, behutsam, forschend. Seine Zunge wanderte über das Innere der Lippen, tauchte tiefer in meinen Mund. Ich schlug die Arme um seine Hüften, um seine schlanken Lenden. Wir bewegten uns ganz langsam, rieben unsere Körper aneinander; meine Hände wanderten über seine Schultern, knöpften langsam sein rotes Hemd auf, er ließ es mit einer Schulterbewegung zurückgleiten. Und jetzt erlebte ich etwas Verblüffendes: Angekleidet war er mir elastisch und schmal vorgekommen, nun fühlte ich unter der glatten Haut die langen, starken Muskeln eines Athleten. Dieser Körper, der sich so sanft und elastisch auf mir bewegte, verfügte über eine Stärke, so ausgewogen und beherrscht, daß keiner sie
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