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Feuerfrau

Feuerfrau

Titel: Feuerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Männer klappten das Backgammon zu. Sie wünschten sich gute Nacht, traten langsam nach draußen.
    Manuel trank sein Glas aus.
    »Und wie kommen Sie morgen nach Langada?«
    »Irgendwie. Mit dem Bus oder dem Taxi, ich weiß es noch nicht.«
    »Ich habe einen Wagen«, sagte er. »Ich könnte Sie hinfahren.«
    »Großartig!«
    Der Wirt spülte die Gläser, wischte die Theke trocken und gähnte.
    Manuel warf ihm einen Blick zu und wandte sich mir zu, wie ein Mensch, der sich plötzlich auf etwas besinnt.
    »Ich wohne in einer kleinen Pension. Keine Luxusabsteige, aber sauber.
    Möchtest du mitkommen?«
    Er hatte mich geduzt, ohne sich dessen bewußt zu sein. Ich lächelte ihm zu. Jede Frau hätte ihm zugelächelt.
    »Möchtest du das denn?« fragte ich.
    Seine Antwort kam gleichmäßig, gelassen.
    »Ich nehme an, es ist unvermeidlich, Ariana.«
    Die Art, wie er meinen Namen aussprach, erinnerte mich an etwas. An etwas von früher, das mich erschauern ließ. Er sah mich an und wartete. Ich nickte wortlos.
    Ich wollte zahlen, doch Manuel hatte schon ein paar Münzen auf den Tisch gelegt. Er zog eine gesteppte Daunenjacke über sein rotes Hemd.
    Auch als ich meinen Rucksack anschnallen wollte, kam er mir zuvor.
    »Du hast Schulterschmerzen.«
    Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.
    »Woran merkst du das?« fragte ich überrascht.
    »An deinem Gang. Dein ganzes Gewicht drückt auf die Knie, weil du die Schultern entspannen willst.«
    »Du bist ein guter Beobachter.«
    »Stimmt.«
    Er hob den Rucksack auf die Schultern; er hatte nicht die rohe europäische oder amerikanische Kraft, sondern eine elastisch gespannte Geschmeidigkeit, gleich der einer stählernen Spiralfeder. Das etwas Linkische, Jungenhafte seiner Erscheinung täuschte. Er ist sich überhaupt nicht bewußt, dachte ich, wie er auf Frauen wirkt.
    »Kali nichta – gute Nacht«, sagte der Wirt. Wir traten aus dem Cafe und hörten, wie er hinter uns die Tür schloß. Draußen hatte sich der Wind gelegt; die Luft war feucht und lauwarm. Wir wanderten die Straße entlang.
    Gleich hinter dem Platz begann das Hafengelände; die Straßenbeleuchtung war ausgeschaltet. Nur die funkelnde Kette der Schiffslichter zog sich den Hafen entlang und verlief schließlich in der dunklen Weite des Meeres. Der Mond schwebte schon tief im Meeresdunst, aber die Sterne waren hell, und die Düfte blühender Bäume mischten sich in Gerüche nach Dieselöl, Teer und Fäulnis. Die Kaianlagen und der Uferdamm lagen verlasen nirgends ließ sich ein Mensch blicken. Nur ein einsamer Lastwagen donnerte über die Hauptstraße. Wir lehnten uns an das Geländer, blickten auf die dunklen Schiffe, die Öltanks, die schräg aufgerichteten oder eingeknickten Kräne.
    Am fernen Ende der Mole drehte der Leuchtturm seinen phosphoreszierenden Strahl durch die Nacht. Das Wasser gluckste mit leisen, schmatzenden Geräuschen. Ich brach als erste das Schweigen.
    »Eine seltsame Geschichte ist das mit uns!«
    »Ich glaube schon, daß mir auch etwas seltsam zumute ist.«
    »Ich mußte mich von Martin trennen. Ich mußte es einfach tun. Es ließ mir keine Ruhe.«
    Er nickte vor sich hin, das Gesicht dem dunklen Meer zugewandt.
    »Scheinbar isolierte Zufälle bilden oft eine Kette und werden zu dem, was wir Schicksal nennen. Aber wir nehmen es erst später wahr, wenn wir zurückdenken.«
    Mein Atem stockte.
    »Ich kenne einen Mann, der auch so spricht.«
    Er wandte mir das Gesicht zu.
    »Dann ist er kein Fremder in seiner eigenen Welt. Wer frühere Ereignisse zusammenbringt, lernt sich selber kennen. Aber viele Menschen bewahren die Erinnerungen nicht im Gedächtnis, bis sie einen Sinn ergeben. Sie wissen nicht einmal, daß sie es können. Daß auch das Licht mancher Sterne uns erst dann erreicht, wenn sie längst erloschen sind.«
    Meine Kehle wurde eng; warum hatte ich plötzlich von dir gesprochen?
    Auch dein Leben und mein Leben bestand aus einem wirren Ablauf von Ereignissen, aus einem Vordringen ins Unbekannte, durch Tiefen und Höhen. Aber wohin führte unser Weg? Ich schüttelte diesen Gedanken ab und sprach von etwas anderem:
    »Warum hast du dein Studium eigentlich fallenlassen?«
    »Ich merkte, das war nichts für mich. Mir war, als ob ich mit dem Schädel gegen eine Wand rannte, in meinem Fall eine sehr plastische Vorstellung. Das ärgerte mich, weil ich mich der Wand gegenüber so hilflos fühlte.«
    »Es gibt solche Augenblicke«, sagte ich. »Dann muß man irgendwo neue Ideen herkriegen. Und

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