Feuerhimmel (German Edition)
Beifahrerseite herum. Doch bevor er dort ankam, hatte Mattie bereits die Tür geöffnet und war hinausgesprungen. Er verzog die Lippen zu einem kleinen Grinsen. Normalerweise mochte er es, wenn Frauen wenigstens in ein paar Situationen einen Mannbrauchten. Auf diese hier schien das nicht zuzutreffen. Andererseits konnten weder ihre konservative Kleidung noch die strenge Frisur ihre Weiblichkeit verstecken.
„Apartment 22“, sagte sie, „in der ersten Etage.“
„Gehen wir.“
Sie ignorierte seine ausgestreckte Hand und beeilte sich, mit seinen langen Schritten mitzuhalten. Nachdem sie die Eisentreppen hochgestiegen waren, trat Gabe ein Stück zurück. Mattie klopfte an die Tür. Sie hatte von Anfang an klargestellt, dass sie das Gespräch führen würde. Er war nur da, falls es Ärger geben sollte.
Die Tür wurde aufgerissen, und dahinter erschien eine kleine schmale lateinamerikanische Frau.
„Mrs Flores?“
„ Sí .“
„Ich bin Mattie Baker. Ich arbeite ehrenamtlich für das Family Recovery Center. Das hier ist Gabriel Raines. Wir würden gern mit Enrique sprechen. Ist er zu Hause?“
Die zierliche Frau musterte Gabe einen Moment. Der versuchte, so wenig bedrohlich wie möglich auszusehen. Es musste wohl funktioniert haben, denn sie trat zur Seite und bat die beiden herein. Das Wohnzimmer war ziemlich klein, die Möbel alt und abgenutzt; auf der Couch lagen ausgeblichene Fransendecken. Alles war sauber und ordentlich.
Die Frau drehte sich zum Flur um. „Enrique! Du hast Besuch!“
Gabe erkannte den schlanken Jungen sofort wieder, als er hereinkam. Enrique sah Gabe misstrauisch an, schien ihn aber noch nie gesehen zu haben. Mrs Flores warf ihnen noch einmal einen prüfenden Blick zu, bevor sie in die Küche verschwand. Enrique drehte sich zu Mattie um.
„Hallo Enrique“, begrüßte sie ihn lächelnd. „Ich bin eine Freundin von Angel, Mattie Baker. Ich arbeite fürs FRC.“
„Angel hat mir von Ihnen erzählt. Er meint, Sie hätten ihm und seiner Familie geholfen.“
„Das stimmt. Und das hier ist Mr Raines. Vielleicht erinnerst du dich an ihn? Er war gestern Nacht auch bei dem Feuer in den Towern.“
Dem Jungen wich die Farbe aus dem Gesicht. „Ich war nicht … ich war gestern Nacht nicht bei den Towern.“
„Du warst doch mit Angel dort. Mr Raines hat euch beide vor dem Gebäude gesehen, als ihr bei den Löscharbeiten zugesehen habt.“
Enrique straffte fast unmerklich die Schultern und hob das Kinn. „Ich hab gesagt, ich war nicht dort.“
„Weißt du, dass Angel wegen Brandstiftung verhaftet wurde?“, fragte Mattie ihn.
Der Junge riss die Augen auf.
„Das stimmt“, bestätigte Gabe. „Er ist von einer Streife angehalten worden, weil seine Rücklichter kaputt waren. Angel hat eine Vorstrafe, weil er vor ein paar Jahren ein Feuer gelegt hat. Der Polizist hat zwei und zwei zusammengezählt und Angel zur Befragung mitgenommen.“
Auf Enriques Gesicht spiegelte sich Angst wider. „Angel hat das Feuer nicht gelegt! Wir haben den Rauch ein paar Blocks weiter gesehen. Dann sind wir dahingelaufen, um zu sehen, was passiert ist. Mehr haben wir nicht getan! Wir haben den Feuerwehrleuten eine Weile zugesehen und sind dann nach Hause gefahren.“
„Es war mitten in der Schulwoche“, sagte Mattie. „Was habt ihr beiden denn um diese Uhrzeit in der Innenstadt gewollt?“
Enrique warf einen Blick Richtung Küche. „Wir sind einfach nur durch die Gegend gefahren.“
„Das stimmt vermutlich“, erwiderte Gabe. „Ihr zwei seid in der Innenstadt herumgefahren. Aber was habt ihr noch gemacht? Warum seid ihr überhaupt dort gelandet?“
Enrique blickte sich im Wohnzimmer um, als suche er eine Fluchtmöglichkeit.
„Wenn du uns nicht sagst, was wirklich gewesen ist“, begann Mattie freundlich, „wird Angel womöglich wieder eingesperrt.Du bist doch sein Freund! Willst du das etwa zulassen?“
Der Junge schüttelte den Kopf, sodass sein langer Pferdeschwanz im Rücken hin und her flog. „Nein, nein, das will ich nicht.“
„Dann sag uns die Wahrheit“, bat Gabe ihn.
Der Junge starrte auf seine schmutzigen weißen Sneakers hinunter. „Ich habe eine Wand bemalt. Angel hat mich in die Stadt gefahren, weil ich mein Bild beenden wollte.“
So wie Enrique sie ansah, schien seine Behauptung zu stimmen. Angel wollte seinen Freund nicht verraten. Das Besprayen von Häuserwänden war illegal.
„Und wo ist dein Bild?“, wollte Gabriel wissen.
„Ein paar Blocks von den Towern
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