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Feuerkind

Feuerkind

Titel: Feuerkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Illustrationen ausgestatteten Buch. Sie schaute auf, und ihr Gesicht war blaß und ernst … sie war auf der Hut. Die Haut schien ihr zu straff über die Wangenknochen gespannt. Endlich lächelte sie. Aber Rainbird glaubte zu erkennen, daß es nicht ihr normales Lächeln war.
    »Hallo, John.«
    »Du siehst heute morgen gar nicht gut aus, Charlie, wenn ich das mal sagen darf.«
    »Ich habe nicht gut geschlafen.«
    »So?« Er wußte es schon. Hockstetter, dieser Narr, hatte fast Schaum vor dem Mund gehabt, weil sie den Raum im Schlaf um ein paar Grad aufgeheizt hatte. »Das tut mir aber leid. Ist es wegen Daddy?«
    »Ich glaube ja.« Sie schloß das Buch und stand auf. »Ich denke, ich werde mich einen Augenblick hinlegen. Ich möchte mich jetzt nicht unterhalten.«
    »Natürlich. Das kann ich gut verstehen.«
    Er sah ihr nach, und als die Tür zum Schlafzimmer ins Schloß gefallen war, ging er in die Küche, um seinen Scheuereimer zu füllen. Wie sie ihn angesehen hatte. Das Lächeln. Das gefiel ihm nicht. Gut, sie hatte eine schlechte Nacht verbracht. Das konnte jedem mal passieren, und am nächsten Morgen schrie man dann seine Frau an oder starrte ein Loch durch die Zeitung.
    Alles gut und schön. Aber … irgend etwas in ihm schlug Alarm. Seit Wochen hatte sie ihn nicht mehr so angesehen. Sie war ihm heute nicht aus Freude, ihn zu sehen, entgegengelaufen, und das gefiel ihm genausowenig. Sie hatte sich ihm heute verschlossen. Das beunruhigte ihn. Vielleicht war es wirklichauf die schlechte Nacht zurückzuführen, und vielleicht hatte sie sich auch den Magen verdorben und deshalb schwer geträumt. Er war dennoch beunruhigt.
    Und noch etwas nagte in ihm. Cap hatte sie gestern am späten Nachmittag besucht, und das hatte er noch nie getan.
    Rainbird setzte seinen Eimer ab, tauchte das Scheuertuch ein, wrang es aus und fing an, den Fußboden aufzuwischen. Sein entstelltes Gesicht wirkte ruhig und konzentriert.
    Hast du mir ein Messer in den Rücken gestoßen, Cap? Oder hast du geglaubt, es reichte schon? Oder hast du vielleicht nur Schiß vor mir gehabt?
    Wenn das letzte stimmte, hatte er Cap völlig falsch eingeschätzt. Mit Hockstetter war es etwas anderes. Hockstetters Erfahrungen mit Senatsausschüssen und Unterausschüssen waren nicht der Rede wert; ein bißchen Gepinkel hier, ein bißchen Gepinkel da. Zeug, das irgendwelche Ergebnisse bestätigte. Er konnte sich den Luxus erlauben, Angst zu haben. Cap nicht. Cap wußte genau, daß es durchaus noch nicht genügend Beweise gab, besonders wenn es sich um etwas so potentiell Explosives handelte (der Witz war wirklich beabsichtigt) wie Charlie McGee. Und Cap würde nicht nur weitere Mittel beantragen. Wenn er erst in der geheimen Ausschußsitzung auftrat, würde von seinen Lippen jener von Bürokraten gefürchtete Satz fallen: langfristige Mittel. Und im Hintergrund, unausgesprochen aber bedeutsam, lauerte die Eugenik. Rainbirds Vermutung war, daß Cap es auf längere Sicht kaum würde vermeiden können, daß Senatoren Charlies Vorführungen beiwohnten. Vielleicht sollte man ihnen erlauben, ihre Kinder mitzubringen, dachte Rainbird, während er aufwischte. Dies war doch mal was anderes als die dressierten Delphine in Sea World.
    Cap würde jede Hilfe brauchen, die er bekommen konnte.
    Warum hatte er sie also gestern nachmittag besucht? Warum brachte er den Kahn zum Schaukeln?
    Rainbird drückte den Lappen aus und sah, wie das schmutziggraue Wasser in den Eimer zurücklief. Durch die offene Küchentür sah er Charlies geschlossene Schlafzimmertür. Sie hatte ihn ausgesperrt, und das gefiel ihm nicht. Es machte ihn nervös. Sehr nervös.
14
    An jenem Montag abend Anfang Oktober kam ein leichter Sturm auf, der schwarze, zerrissene Wolken von Süden herantrieb. Es war Vollmond. Die ersten Blätter fielen und raschelten über den sorgfältig gepflegten Rasen und das übrige Gelände, um am nächsten Morgen von den unermüdlichen Gärtnernwieder entfernt zu werden. Einige waren in den Ententeich gewirbelt und trieben dort wie kleine Schiffe. Es war wieder Herbst in Virginia.
    In seinem Quartier saß Andy vor dem Fernseher und versuchte, mit seinen Kopfschmerzen fertig zu werden. Die tauben Stellen in seinem Gesicht waren zurückgegangen, aber nicht verschwunden. Er konnte nur hoffen, daß er sich am Mittwoch nachmittag erholt haben würde. Wenn alles nach Plan verlief, würde er seine Fähigkeiten nur noch minimal einsetzen missen. Wenn Charlie seine Notiz bekommen hatte

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