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Feuerkind

Feuerkind

Titel: Feuerkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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und es ihr gelang, sich mit ihm bei den Ställen drüben zu treffen … dann würde sie seine Fähigkeit ersetzen, er würde sie als Hebel, als Waffe benutzen. Wer wollte mit ihm schon lange streiten, wenn er eine Art Atomkanone zur Verfügung hatte?
    Cap war in seiner Wohnung in Longmont Hills. Wie an dem Abend, an dem Rainbird ihn besucht hatte, trank er ein Glas Brandy, und aus der Stereoanlage klang Musik. Heute abend war es Chopin. Cap saß auf der Couch. An der gegenüberliegenden Seite des Raumes lehnte unter zwei Drucken von van Gogh seine abgewetzte alte Golftasche an der Wand. Er hatte sie aus dem Keller geholt, wo sich allerlei Sportgeräte angesammelt hatten, seit er vor zwölf Jahren mit Georgia dieses Haus bezogen hatte. Er hatte die Golftasche ins Wohnzimmer gebracht, weil er in letzter Zeit immer wieder an Golf denken mußte. An Golf und an Schlangen.
    Er hatte die Golftasche heraufgebracht, weil er sich die beiden Schläger ansehen wollte. Vielleicht beruhigte es ihn ein wenig, wenn er sie berührte. Und dann schien einer der Schläger … es war merkwürdig (sogar lächerlich), aber einer der Schläger schien sich bewegt zu haben. Als ob er kein Golfschläger sei, sondern eine Schlange, eine Giftschlange, die in die Tasche gekrochen war –
    Cap hatte die Tasche gegen die Wand fallen lassen und war zurückgesprungen. Ein halbes Glas Brandy sollte das leichte Zittern seiner Hände kurieren. Wenn das Glas leer war, konnte er sich einbilden, daß er überhaupt nicht gezittert hatte.
    Er führte das Glas zum Mund und hielt inne. Da war es wieder! Eine Bewegung … oder spielten ihm seine Augen einen Streich?
    Eine optische Täuschung. Ganz bestimmt. In dieser verdammten Golftasche waren keine Schlangen. Nur Schläger, die er lange nicht benutzt hatte. Er war zu beschäftigt gewesen. Dabei war er kein schlechter Golfspieler. Natürlich kein Nicklaus oder Tom Watson, aber er schlug einen guten Ball. Er schnitt die Bälle nicht an wie Puck. Cap mochte den Ball nicht gern anschneiden, denn dann kam man leicht in unebenes Gelände, ins hohe Gras, und da waren manchmal -
    Reiß dich zusammen. Reiß dich ganz einfach zusammen. Entweder bist du noch der Captain oder nicht.
    Seine Finger zitterten wieder. Woran lag das nur? Woran, um alles in der Welt, lag das? Manchmal schien es eine Erklärung zu geben, eine völlig vernünftige Erklärung – vielleicht etwas, das jemand gesagt hatte und an das er sich ganz einfach … nicht… erinnern konnte. Aber manchmal
    (wie jetzt, verdammt, wie jetzt)
    hatte er das Gefühl, kurz vor einem Nervenzusammenbruch zu stehen. Es war, als zögen diese fremden Gedanken, derer er sich nicht erwehren konnte, sein Gehirn auseinander wie ein weiches Sahnebonbon.
    (Bist du nun noch der Captain oder nicht?)
    Cap schleuderte plötzlich das Brandyglas in den Kamin, wo es wie eine Bombe zerschellte. Ein ersticktes Geräusch – ein Schluchzen – drang ihm aus der Kehle, wie etwas Verfaultes, das um jeden Preis ausgestoßen werden mußte. Dann zwang er sich, durch das Zimmer zu gehen (er taumelte dabei wie betrunken), die Riemen der Tasche zu ergreifen (wieder schien sich in ihr etwas zu bewegen … zu zischen) und sie sich über die Schulter zu werfen. Er nahm allen Mut zusammen und schaffte die Tasche in das Dunkel des Kellers zurück. Dicke Schweißtropfen standen ihm auf der Stirn, und sein Gesicht war zu einer Fratze der Angst und der Entschlossenheit erstarrt.
    Es sind nur Golfschläger, nichts als Golfschläger, sang ihm sein Verstand immer wieder vor, und bei jedem Schritt erwartete er, daß etwas Langes, Braunes mit schwarzen Perlenaugen und scharfen Giftzähnen aus der Tasche vorstoßen würde, um ihm die tödliche Doppelspritze ins Genick zu jagen.
    Als er wieder in seinem Wohnzimmer war, fühlte er sich viel besser. Abgesehen von quälenden Kopfschmerzen, fühlte er sich sehr viel besser.
    Er konnte wieder zusammenhängend denken.
    Fast.
    Er betrank sich.
    Und am nächsten Morgen fühlte er sich wieder besser.
    Für kurze Zeit.
15
    Rainbird verbrachte den stürmischen Montag abend damit, Informationen zu sammeln. Beunruhigende Informationen. Zuerst wandte er sich an Neary, den Mann, der die Monitore überwacht hatte, als Cap Charlie besucht hatte.
    »Ich will die Videobänder sehen«, sagte Rainbird.
    Neary hatte vorsichtshalber nichts dagegen. Er gab Rainbird die Bänder von Sonntag, die er dann auf einem Sony-Gerät abspielen konnte. Neary schickte ihn in einen Nebenraum

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