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Feuerkind

Feuerkind

Titel: Feuerkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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lag mit dem Kopf auf dem Kissen und bewegte ihn immer wieder hin und her in einer fortwährenden Geste der Verneinung. Sie wollte nicht daran denken. Sie wollte es einfach nicht.
    Aber sie konnte nicht anders.
    Wenn sie … wenn sie nun den Stromausfall absichtlich herbeigeführt hatten? Oder wenn er ganz einfach passiert war … und er ihn ausgenutzt hatte?
    (NEIN! NEIN! NEIN! NEIN!)
    Aber sie hatte jetzt keine bewußte Kontrolle über ihre Gedanken, die mit kalter und unerbittlicher Entschlossenheit um dieses schreckliche und quälende Dilemma kreisten. Sie war ein gescheites Mädchen, und sie spulte die Kette ihrer Logik so gewissenhaft ab, wie ein reumütiger Sünder rückhaltlos und bis zum bitteren Ende die Beichte ablegt.
    Sie erinnerte sich an ein Fernsehstück aus der Serie Starsky und Hutch, das sie einmal gesehen hatte. Sie hatten den Kriminalbeamten mit dem Verbrecher, der alles über einen Raub wußte, zusammen in eine Zelle gesteckt. Der Beamte, der so tat, als sei er ein Verbrecher, war ein »Spitzel« gewesen.
    War John Rainbird ein Spitzel?
    Ihr Vater behauptete das. Und warum sollte ihr Vater sie belügen?
    Wem glaubst du jetzt? John oder Daddy? Daddy oder John?
    Nein, nein, nein, wiederholte ihr Verstand monoton … aber sie kam zu keinem Ergebnis. Die quälende Ungewißheit, in der sie steckte, war zuviel für ein achtjähriges Mädchen. Als sie endlich einschlief, kam auch der Traum wieder. Aber diesmal erkannte sie das Gesicht der Silhouette, die sich vor das Licht gestellt hatte.
11
    Ja, um was geht es denn?« fragte Hockstetter mürrisch.
    Sein Ton verriet, daß er sich nicht mit Lappalien belästigen lassen wollte. Es war Sonntag, und er hatte gerade einen Filmmit Jimes Bond gesehen, als das Telefon klingelte und eine Stimme ihm sagte, daß es mit dem kleinen Mädchen ein Problem gäbe. Über eine offene Leitung wagte Hockstetter nicht zu fragen, um was es sich denn handle. Er zog sich nicht erst um, sondern behielt seine farbbeschmierten Jeans und ein Tennishemd an.
    Er hatte gleich Angst gehabt und eine Tablette gegen sein Sobrennen genommen. Dann hatte er sich von seiner Frau verabschiedet und auf ihren fragenden Blick hin gesagt, daß er eine geringfügige technische Störung beheben müsse. Washätte sie wohl gesagt, wenn sie wüßte, daß diese »geringfügige Störung« ihn jeden Augenblick umbringen könnte.
    Jetzt stand er da und schaute auf den gespenstischen Infrarotmonitor, mit dem man Charlie überwachte, wenn das Licht aus war, und wünschte sich wieder einmal, daß alles vorbei und das Mädchen aus dem Weg wäre. Mit diesen Komplikationen hatte er nicht gerechnet, als das Ganze noch ein in ein paar blauen Ordnern zusammengefaßtes akademisches Problem war.
    Die Wahrheit aber war eine brennende Mauer aus Schlacke; die Wahrheit waren Spitzentemperaturen von über 16000 Grad; die Wahrheit war, daß Brad Hyuck über Urkräfte, die das Universum bewegten, geredet hatte; und die Wahrheit war, daß er schreckliche Angst hatte. Er hatte das Gefühl, auf einem Kernreaktor zu sitzen, der außer Kontrolle geriet.
    Neary, der Mann, der gerade Dienst hatte, fuhr herum, als Hockstetter eintrat. »Cap hat sie um ungefähr siebzehn Uhr besucht«, sagte er. »Sie wollte abends nicht essen und ist früh ins Bett gegangen.«
    Hockstetter schaute auf den Monitor. Charlie lag angezogen auf dem Bett und warf sich unruhig hin und her. »Sie scheint einen Alptraum zu haben.«
    »Oder eine ganze Serie von Alpträumen«, sagte Neary grimmig. »Ich habe Sie angerufen, weil die Temperatur bei ihr im Raum in der letzten Stunde um drei Grad angestiegen ist.«
    »Das ist nicht viel.«
    »Wenn man bedenkt, wie wir den Raum klimatisieren, ist es eine ganze Menge. Zweifellos verursacht sie selbst den Temperaturanstieg.«
    Hockstetter überlegte und biß sich dabei auf einen Knöchel.
    »Ich denke, jemand sollte hineingehen und sie wecken«, sagte Neary, der endlich zur Sache kam.
    »Haben Sie mich deshalb geholt?« schrie Hockstetter. »Ein Kind zu wecken und ihm ein Glas warme Milch zu bringen?«
    »Ich wollte meine Kompetenzen nicht überschreiten«, sagte Neary ungerührt.
    »Nein«, sagte Hockstetter und verschluckte, was er sonst noch sagen wollte. Wenn die Temperatur noch sehr viel höher stieg, mußte man das Mädchen tatsächlich wecken, und es bestand immer die Möglichkeit, daß sie sich nach dem Erwachen gegen den ersten Menschen wandte, den sie zu Gesicht bekam. Dazu würde schon ausreichen, daß

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