Feuerkind
Exotischeres) in der Dunkelheit des Kofferraums eingenistet hatten, auf dem warmen Motorblock schliefen oder sich im Handschuhfach ringelten. Er hatte das Handschuhfach aus Sicherer Entfernung mit einem Besenstiel geöffnet, für den Fall, daß eins der zischenden Ungeheuer ihm entgegensprang, und als eine Karte von Virginia aus dem viereckigen Loch im Armaturenbrett herausglitt, hätte er fast laut aufgeschrien.
Dann, auf dem halben Weg zur Firma, war er am Greenway Golfplatz vorbeigefahren und hatte auf dem Seitenstreifen angehalten, um mit einer Art verträumter Konzentration den Spielern zuzuschauen, wie sie das achte und neunte Loch in Angriff nahmen. Immer wenn einer von ihnen den Ball schnitt und ins unebene Gelände schlug, konnte er kaum dem Zwang widerstehen, aus dem Wagen zu steigen und ihnen zuzubrüllen,sie sollten sich in dem hohen Gras vor Schlangen in acht nehmen.
Endlich schreckte ihn die Hupe eines Lastzugs aus seiner Benommenheit, und er fuhr weiter.
Seine Sekretärin empfing ihn mit einem Bündel Fernschreiben, die über Nacht eingegangen waren, und Cap nahm sie einfach entgegen, ohne sich die Mühe zu machen, sie durchzublättern, um zu sehen, ob etwas Wichtiges dabei war. Das Mädchen am Schreibtisch beschäftigte sich mit einigen Anfragen und Mitteilungen, als sie plötzlich neugierig zu Cap aufschaute. Cap beachtete sie überhaupt nicht. Mit wirrem Blick betrachtete er die breite Schublade oben in ihrem Schreibtisch.
»Verzeihung«, sagte sie. Selbst nach so vielen Monaten fühlte sie sich immer noch ganz als die Neue, die an die Stelle einer Frau getreten war, die Cap nahegestanden hatte. Mit der er vielleicht sogar geschlafen hatte, wie sie manchmal glaubte.
»Hmmmm?« Endlich schaute er sie an. Aber seine Augen behielten ihren leeren Ausdruck. Es war irgendwie erschreckend … sie wirkten wie die geschlossenen Fensterläden eines Hauses, in dem es spukt.
Sie zögerte und sagte dann rasch: »Cap, ist Ihnen nicht gut? Sie sehen … ein wenig blaß aus.«
»Ich fühle mich ausgezeichnet«, sagte er und schien einen Augenblick wieder ganz er selbst zu sein. Das zerstreute einen Teil ihrer Zweifel. Seine Haltung straffte sich, und seine Augen blickten wieder klar. »Wer nach Hawaii fliegt, muß sich doch wohl fühlen, stimmt’s?«
»Hawaii?« sagte Gloria mißtrauisch. Das war ihr neu.
»Die Sachen haben Zeit«, sagte Cap, nahm die Anfragen und Mitteilungen und legte sie zu den Fernschreiben. »Ich sehe sie mir später an. Gibt es irgendwas über die McGees zu berichten?«
»Es gibt etwas«, sagte sie. »Ich wollte gerade darauf zu sprechen kommen. Mike Kellaher sagt, daß Charly heute nachmittag in den Stall zu den Pferden gehen will –«
»Aber selbstverständlich«, sagte Cap.
»– und ein wenig später klingelte sie wieder und sagte, daß sie um Viertel vor eins gehen wolle.«
»Geht in Ordnung.« »Wird Mr. Rainbird sie abholen?«
»Rainbird ist auf dem Weg nach San Diego«, sagte Cap, und seine Befriedigung war nicht zu überhören. »Ich werde einen Mann schicken, der sie abholt.«
»In Ordnung. Ich zeige Ihnen am besten noch …« Ihre Stimme verlor sich. Caps Blick hatte sich von ihr gelöst, und er starrte jetzt die breite Schublade an. Sie war immer ein Stück geöffnet, denn das war Vorschrift. In ihr lag eine Schußwaffe. Gloria war eine ausgezeichnete Schützin, genau wie Kachel es gewesen war.
»Cap, sind Sie sicher, daß alles in Ordnung ist?«
»Sie sollten die Schublade geschlossen halten«, sagte Cap. Sie lieben dunkle Örtlichkeiten. Sie kriechen gern hinein und verstecken sich.«
»Sie?« fragte sie vorsichtig.
»Schlangen«, sagte Cap und marschierte in sein Büro.
5
Er saß am Schreibtisch, und die Fernschreiben und Mitteilungen lagen unordentlich verstreut vor ihm. Er hatte sie vergessen. Er hatte alles vergessen und dachte nur noch an Schlangen und Golfschläger und an das, was er um Viertel nach zwölf zu tun hatte. Er würde hinuntergehen und Andy McGee aufsuchen. Er war fest überzeugt, daß Andy ihm sagen würde, was als nächstes zu tun war. Er war fest überzeugt, daß Andy schon alles in Ordnung bringen würde.
Was die Zeit nach zwölf Uhr fünfzehn anbetraf, so lag alles in tiefster Dunkelheit.
Es war ihm gleich. Es war für ihn sogar eine Erleichterung.
6
Um neun Uhr fünfundvierzig schlich Rainbird sich in den kleinen Überwachungsraum in der Nähe von Charlies Quarier. Louis Tranter, ein ungeheuer fetter Mann, dessen Hintern er die
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