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Feuerkind

Feuerkind

Titel: Feuerkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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sprechen.« Sie waren an der Suchaktion beteiligt gewesen, und Cap wollte sie darauf noch einmal hinweisen. Wenn Dreck geworfen werden sollte, wollte er einen großen Kübel voll für sie reservieren. Aber er wollte sie auch darauf hinweisen, daß man aus dieser Geschichte vielleicht einigermaßen ungeschoren herauskommen könnte, wenn man eine gemeinsame Front bildete.
    Er zögerte und sagte dann: »Und wenn John Rainbird kommt, sagen Sie ihm, daß ich mit ihm reden will. Ich habe wieder Arbeit für ihn.«
    Cap ließ den Kippschalter der Sprechanlage los. Er lehnte sich im Stuhl zurück und blickte in die auf ziehende Dunkelheit.
    »Nichts ist passiert, das man nicht in den Griff bekommen könnte«, sagte er zu den Schatten im Zimmer. Das war immer sein Motto gewesen – nicht aufgestickt und nicht in Kupfer geprägt als Tischschild: er hatte dieses Motto im Kopf.
    Nichts, das man nicht in den Griff bekommen könnte. Bis OJs Bericht kam, hatte er daran geglaubt. Diese Philosophie hatte den Sohn eines armen Minenarbeiters aus Pennsylvania recht weit gebracht. Und er glaubte immer noch daran, wenn dieser Glaube auch ein wenig wankend geworden war. Manders und seine Frau hatten wahrscheinlich von Neu-England bis Kalifornien verstreut Verwandte, und von allen mußte man annehmen, daß sie über die Vorfälle reden würden. Es gab genug Geheimdossiers hier in Longmomt, um sicherzustellen, daß bei einer Anhörung im Kongreß in Angelegenheiten der Firma … nun, mancher vielleicht ein wenig schwerhörig sein würde. Die Wagen und selbst die Agenten waren nur Material, obwohl es einige Zeit dauern würde, sich an den Gedanken zu gewöhnen, daß Al Steinowitz nicht mehr da war. Wer könnte Al schon ersetzen? Das kleine Mädchen und ihr Vater würden für das, was sie mit Al gemacht hatten, büßen müssen, wenn schon für nichts anderes. Dafür würde er sorgen.
    Aber das Mädchen. Konnte man das Mädchen in den Griff bekommen?
    Es gab Mittel und Wege. Es gab Methoden der Eindämmung.
    Die McGee-Akten waren noch in seinem Büro. Er stand auf und blätterte hastig in ihren herum. Er hätte gern gewußt, wo Rainbird sich jetzt aufhielt.

Washington D. C.
1
    In dem Augenblick, als Cap Hollister kurz an ihn dachte, saß John Rainbird in seinem Zimmer im Mayflower Hotel und sah sich eine Fernseh-Show an. Er war nackt. Er saß im Sessel, die bloßen Füße genau nebeneinandergestellt, und verfolgte die Sendung. Er wartete darauf, daß es dunkel wurde. Wenn es dunkel war, würde er darauf warten, daß es spät wurde. Wenn es spät war, würde er darauf warten, daß es früh wurde. Wenn es früh wurde, würde er aufhören zu warten, ins Zimmer 1217 hinauf gehen und Dr. Wanless töten. Dann würde er wieder nach unten gehen und über das nachdenken, was Dr. W anless ihm vor seinem Tod gesagt haben würde, und irgendwann nach Sonnenaufgang würde er noch ein wenig schlafen.
    John Rainbird war mit sich im reinen. Er war mit fast allem im reinen – mit Cap, der Firma und den Vereinigten Staaten. Er war im reinen mit Gott, Satan und dem Universum. Wenn er mit sich selbst noch nicht völlig im reinen war, dann nur, weil seine Reise noch nicht zu Ende war. Er hatte viele ehrenvolle Narben davongetragen. Es war nicht wichtig, daß die Leute sich vor Angst und Ekel von ihm abwandten. Es war nicht wichtig, daß er in Vietnam ein Auge verloren hatte. Wieviel man ihm zahlte, war nicht wichtig. Er nahm es, und das meiste davon gab er für Schuhe aus. Er liebte Schuhe außerordentlich. Er besaß ein Haus in Flagstaff, und, obwohl er selbst sich dort selten aufhielt, ließ er sich all seine Schuhe dorthin schicken. Wenn er einmal Gelegenheit fand, sein Haus aufzusuchen, bewunderte er seine Schuhe – Gucci, Bally, Bass, Adidas, Van Donen, Schuhe. Sein Haus war ein seltsamer Wald; in jedem Zimmer wuchsen Schuhbäume, und er ging dann von Raum zu Raum, um die Schuhfrüchte zu bewundern, die an ihnen wuchsen. Aber wenn er allein war, ging er barfuß. Sein Vater, ein reinrassiger Irokese, war barfuß beerdigt worden. Jemand hatte seine Mokassins gestohlen.
    Außer an Schuhen war Rainbird nur an zwei Dingen interessiert. Das eine war der Tod. Natürlich sein eigener Tod. Auf dieses Unvermeidliche hatte er sich schon seit zwanzig Jahren vorbereitet. Anderen den Tod zu geben, war immer sein Beruf gewesen, das einzige Metier, das er meisterhaft beherrschte. Als er älter wurde, begann er, sich immer mehr für den Tod zu interessieren, wie Maler sich

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