Feuerkind
IRA oder die PLO, wenn auch manche Leute -zum Beispiel einige dieser verdammten Bastarde im Kongreß -es gern glaubten.
Sie waren schließlich eine der Wissenschaft verpflichtete Organisation.
Vielleicht wäre bei einem Kind das Ergebnis anders. Vielleicht fand er, wenn der Tod eintrat, in den Augen eines Kindes einen anderen Ausdruck als nur diese Bestürzung, die ihm so fade erschien und ihn – ja, das stimmte – so traurig machte.
Bei einem Kind wie Charlene McGee.
»Mein Leben ist wie ein gerader Pfad durch die Wüste«, sagte Rainbird leise. Gebannt schaute er in die trüben, blauen Murmeln, die einst die Augen des Dr. Wanless waren. »Aber dein Leben ist überhaupt kein Pfad, mein Freund … mein guter Freund.«
Er küßte Wanless, erst auf eine Wange, dann auf die andere.
Dann zog er ihn auf das Bett zurück und warf das Laken über ihn. Ganz langsam, wie ein Fallschirm, fiel es, und Wanless’ vorspringende Nase hob sich unter dem Laken ab wie aus einem weißen Rasen. Zeitlos.
Rainbird verließ das Zimmer.
In dieser Nacht dachte er an das Mädchen, von dem man annahm, sie könnte Feuer anzünden. Er dachte die ganze Zeit an sie. Er hätte gern gewußt, wo sie war, was sie dachte, wovon sie träumte. Er hatte ein zärtliches Gefühl für sie. Er fühlte sich sehr als ihr Beschützer.
Als er endlich einschlief, war es schon kurz nach sechs. Er wußte genau: das Mädchen würde ihm nicht entkommen.
Tashmore, Vermont
1
Zwei Tage nach dem Brand auf der Mandersfarm erreichten Andy und Charlie McGee die Hütte am Tashmore-See. Der Willys war von Anfang an in schlechtem Zustand gewesen, und die Schlammfahrt über die Waldwege, die Irv ihnen beschrieben hatte, konnte diesen Zustand kaum gebessert haben.
Als nach einem endlosen Tag, der in Hastings Glen begonnen hatte, die Dämmerung herabsank, hatten sie die Route 22 erreicht und hielten in einiger Entfernung an. Die Straße lag, hinter dichtem Buschbestand verborgen, unter ihnen, und sie konnten sie nicht sehen. Sie hörten aber gelegentlich dis Zischen und Jaulen vorbeifahrender Fahrzeuge. In dieser Nacht schliefen sie im Willys, wobei sie sich gegen die Kälte eng aneinanderkuschelten. Am nächsten Morgen – gestern morgen – brachen sie auf. Es war kurz nach fünf, und das Tageslicht war erst ein heller Strich am östlichen Horizont.
Charlie sah blaß aus und wirkte teilnahmslos und erschöpft. Sie hatte Andy nicht gefragt, was aus ihnen werden würde, wenn die Straßensperren nach Osten verlegt worden wären. Aber das war auch gleichgültig, denn wenn die Sperren verlegt worden wären, würde man sie schnappen. Mehr war dazu nicht zu sagen. Sie konnten den Willys auch nicht einfach stehenlassen, denn Charlies Verfassung ließ weite Märsche nicht zu, und ihm selbst ging es nicht anders.
Deshalb war Andy zuerst auf die Hauptstraße gefahren, und dann hatten sie sich diesen ganzen Oktobertag auf Nebenstraßen durchrütteln lassen, immer bei verhangenem Himmel, der Regen ankündigte, ohne diese Ankündigung wahrzumachen. Charlie schlief sehr viel, und darüber machte Andy sich Sorgen – er machte sich Sorgen, weil sie sich vor den jüngsten Ereignissen auf ungesunde Weise in den Schlaf flüchtete, anstatt sie aufzuarbeiten.
Zweimal hielt er an Imbißsländen an. Beim zweiten Mal mußte er die Fünfdollarnote angreifen, die Jim Paulson, der Lieferwagenfahrer, ihm aufgedrängt hatte. Fast das ganze restliche Geld aus den Münztelefonen war weg. Er mußte es während des Durcheinanders auf der Mandersfarm aus den Taschen verloren haben, aber er erinnerte sich nicht daran. Noch etwas war verschwunden: diese beängstigenden gefühllosen Stellen im Gesicht waren heute morgen nicht mehr da. Dieser Verlust konnte ihm allerdings nur lieb sein.
Charlie hatte ihr Essen kaum angerührt.
Gestern abend war er eine Stunde nach Einbruch der Dunkelheit auf einen Rastplatz gefahren. Der Platz lag verlassen da. Es war Herbst, und die Zeit des Ausflugsverkehrs war vorläufig vorbei. Auf einem verwitterten Holzschild stand: CAMPING UND FEUERANZÜNDEN VERBOTEN. HUNDE ANLEINEN. 500 DOLLAR STRAFE FÜR VERUNRENIGUNG!
»Scheinen nette Leute zu sein«, murmelte Andy und fuhr den Willys am hinteren Rand des Platzes einen Abhang hinunter zwischen die Büsche. Sie hielten an einem schmalen Wasserlauf, der leise glucksend dahinfloß. Er und Charlie stiegen aus und gingen wortlos zum Wasser hinunter.
Die Bewölkung hielt sich, aber es war nicht kalt. Kein einziger Stern war
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