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Feuerkind

Feuerkind

Titel: Feuerkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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von Manders bezeichneten Stelle trafen sie auf den Waldweg. Andy schaltete auf Vierradantrieb und bog ab. »Halt dich fest, Charlie, wir werden gleich durchgerüttelt.« Charlie hielt sich fest. Ihr Gesicht war blaß und teilnahmslos, und es machte Andy nervös, sie anzusehen. Die Hütte, dachte er. Großvater McGees Hütte am Tashmore-See. Wenn wir sie nur erreichen könnten, um auszuruhen. Dann wird es ihr wieder besser gehen, und wir werden über unsere nächsten Schritte nachdenken. Wir werden morgen darüber nachdenken. Wie heißt es noch? Morgen ist auch ein Tag.
    Mit heulendem Motor quälte sich der Wagen den Weg hinauf, der praktisch nur aus zwei ausgefahrenen Spuren bestand, zwischen denen Büsche und sogar vereinzelte Krüppelkiefern wuchsen. Diese Schneise war vor vielleicht zehn Jahren in den Wald geschlagen worden, und Andy bezweifelte, daß sie, außer von einem gelegentlichen Jäger, seitdem als Weg benutzt worden war. Nach sechs Meilen schien der Weg tatsächlich zu Ende zu sein, und zweimal mußte Andy anhalten, weil umgestürzte Bäume wegzuräumen waren. Als er beim zweiten Mal mit Herzklopfen und Kopfschmerzen von seiner Arbeit aufschaute, stand eine große Hirschkuh am Weg und sah ihn nachdenklich an. Sie blieb einen Augenblick stehen und verschwand dann im Wald. Andy schaute zu Charlie hinüber und sah, daß sie voller Staunen das Tier beobachtete … das war ein gutes Zeichen. Wenig später fanden sie die Wagenspuren wieder, und gegen drei Uhr erreichten sie eine zweispurige Asphaltstraße: die Route 152.
19
    Orville Jamieson war zerkratzt und verdreckt und konnte mit seinem verletzten Knöchel kaum gehen. Er saß etwa eine halbe Meile von der Mandersfarm entfernt an der Baillings Road und sprach in sein Walkie-Talkie. Seine Botschaft ging an einen provisorischen Kommandoposten, der in einem in der Hauptstraße von Hastings Glen geparkten Lieferwagen eingerichtet worden war. Der Wagen hatte eine Funkausrüstung mit eingebautem Zerhacker und einem starken Sender. OJs Bericht wurde zerhackt, verstärkt und nach New York City gesendet, von wo er über eine Relaisstation nach Longmont, Virginiaweitergegeben wurde. Dort saß Cap in seinem Büro und hörte ihn sich an.
    Caps Gesicht war nicht mehr so lustig und heiter wie am Vormittag, als er mit dem Fahrrad zur Arbeit gefahren war. OJs
    Bericht war fast unglaublich: sie hatten gewußt, daß das Mädchen gewisse Fähigkeiten hatte, aber die Geschichte von diesem plötzlichen Gemetzel und der völligen Umkehrung der Situation kam (wenigstens für Cap) wie ein Blitz aus heiterem Himmel Vier bis sechs Männer tot. Ein halbes Dutzend Wagen in Flammen. Ein Haus bis auf die Grundmauern niedergebrannt, ein Zivilist verwundet, der jetzt jedem, der es hören will, erzählen wird, daß eine Horde von Neonazis ohne Haftbefehl auf sein Grundstück gekommen sei und versucht habe, einen Mann und ein kleines Mädchen zu entführen, die er zum Essen eingeladen hatte.
    Als OJ seinen Bericht beendet hatte (in Wirklichkeit beendete er ihn überhaupt nicht, sondern wiederholte sich ständig in einer Art Hysterie), legte Cap auf, setzte sich in seinen bequemen Drehstuhl und versuchte nachzudenken. Soviel er wußte, war seit der Landung in der Schweinebucht keine Geheimaktion auf so spektakuläre Weise fehlgeschlagen – und diese hatte sich auf amerikanischem Boden ereignet.
    Jetzt, da die Sonne an der anderen Seite des Gebäudes stand, war es im Büro dunkel, und lange Schatten hatten sich über den Raum gelegt, aber Cap schaltete nicht das Licht ein. Rachel hatte ihn über die Sprechanlage gerufen, und er hatte ihr kurz gesagt, daß er mit niemandem, aber auch niemandem sprechen wolle.
    Er fühlte sich alt.
    Er hörte Wanless sagen: Ich rede vom Zerstörungspotential. Nun, das war wohl keine Frage des Potentials mehr. Aber wir werden sie kriegen, dachte er und starrte dumpf die Wand an. O ja, wir werden sie kriegen.
    Er drückte die Taste, um mit Rachel zu sprechen.
    »Sobald er eingeflogen werden kann, will ich mit Orville Jarnieson sprechen«, sagte er. »Und ich will mit General Brack-man in Washington sprechen. Höchste Dringlichkeitsstufe. Wir haben eine möglicherweise sehr unangenehme Situation im Staat New York, und ich will, daß Sie ihm das ohne Umschweife sagen.«
    »Jawohl, Sir«, sagte Rachel voller Respekt.
    »Um neunzehn Uhr möchte ich alle sechs stellvertretenden Direktoren hier sehen. Dann will ich mit dem Chef der Staatspolizei oben in New York

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