Feuerklingen (First Law - Band 2)
Vögel auf seiner Schulter folgten flatternd seiner Geste.
»Gnade reicht nur so oder so weit«, bemerkte Bayaz.
»Sie wollten nicht ins Tote Land hineinflüchten und beschlossen daher, den Kampf zu suchen, und hier starben sie, im Schatten der Hundertmeilensäulen. Goltus nahm ihnen die Standarte der Dritten Legion ab. Jene Standarte, unter der Stolicus selbst in die Schlacht ritt. Ein Relikt aus der Alten Zeit! Ebenso wie du und ich es sind, Bruder.«
Bayaz schien nicht besonders beeindruckt. »Ein Fetzen altes Tuch. Diesen Burschen hier hat es verdammt wenig genützt. Nur, weil er ein Stück Mottenfutter vor sich her trägt, wird niemand zu Stolicus.«
»Vielleicht nicht. Das Tuch ist auch schon ziemlich ausgeblichen, um der Wahrheit die Ehre zu geben. Die Juwelen waren längst alle herausgerissen und versetzt, um Waffen davon zu kaufen.«
»Juwelen sind Luxus in der heutigen Zeit, aber Waffen braucht jeder. Wo ist dein junger Kaiser jetzt?«
»Bereits auf dem Rückweg nach Osten, ohne sich die Zeit genommen zu haben, die Toten zu verbrennen. Er zieht nach Darmium, um die Stadt zu belagern und diesen Verrückten Cabrian aus den Mauern zu verjagen. Dann können wir vielleicht Frieden haben.«
Bayaz schnaubte bitter. »Erinnerst du dich überhaupt daran, wie es sich anfühlt, Frieden zu haben?«
»Du wärst überrascht, woran ich mich erinnere.« Zacharus’ hervorquellende Augen starrten Bayaz an. »Aber wie laufen die Dinge draußen in der Welt? Wie geht es Yulwei?«
»Er passt auf, wie immer.«
»Und was ist mit unserem anderen Bruder, der Schande unserer Familie, dem großen Propheten Khalul?«
Bayaz’ Gesicht wurde hart. »Seine Stärke wächst. Er unternimmt die ersten Schritte. Er spürt, dass seine Zeit gekommen ist.«
»Und du möchtest ihn natürlich aufhalten?«
»Was sonst sollte ich tun?«
»Hmm. Khalul war im Süden, als ich zuletzt von ihm hörte, und dennoch reist du westwärts. Bist du vom Weg abgekommen, Bruder? Hier gibt es nichts außer den Ruinen der Vergangenheit.«
»In der Vergangenheit liegt Macht.«
»Macht? Ha! Du änderst dich auch nie. Seltsame Gesellschaft, mit der du reitest, Bayaz. Den jungen Malacus Quai kenne ich natürlich. Wie geht es, Erzähler von Geschichten?«, rief er dem Zauberlehrling zu. »Wie geht es, Redner? Wie behandelt mein Bruder Euch?«
Quai blieb zusammengesunken auf dem Kutschbock sitzen. »Ganz ordentlich.«
»Ganz ordentlich? Das ist alles? Ihr habt zumindest gelernt, Schweigen zu bewahren. Wie hast du ihm das beigebracht, Bayaz? Gerade das konnte ich ihm nie vermitteln.«
Bayaz warf Quai einen scharfen Blick zu. »Das musste ich gar nicht.«
»Aha. Was hat Juvens gesagt? Die besten Lektionen bringt man sich selbst bei.« Zacharus richtete die hervorquellenden Augen jetzt auf Ferro, und die Augen der Vögel gingen sofort, als seien sie alle eins, in dieselbe Richtung. »Aber hier hast du ein seltsames Wesen bei dir.«
»Sie hat das Blut.«
»Dann brauchst du noch immer einen, der mit den Geistern sprechen kann.«
»Das kann er.« Bayaz nickte zu Neunfinger hinüber. Der große Rosig hatte etwas an seinem Sattel zurechtgerückt, aber jetzt sah er verwirrt auf.
»Er?« Zacharus verzog das Gesicht. Sehr viel Zorn, dachte Ferro, aber auch Traurigkeit und ein wenig Angst. Die Vögel auf seinen Schultern, auf seinem Kopf und auf der Spitze seines Stabes richteten sich auf und breiteten die Flügel aus, flatterten und krächzten. »Hör mich an, Bruder, bevor es zu spät ist. Gib diese närrische Idee auf. Ich werde mit dir gegen Khalul ziehen. Ich werde an deiner und Yulweis Seite kämpfen. Wir drei, zusammen, wie in der Alten Zeit, als wir gegen den Schöpfer auszogen. Die Magi, wieder vereint. Ich werde dir helfen.«
Darauf folgte langes Schweigen, und harte Linien gruben sich in Bayaz’ Gesicht. »Du willst mir helfen? Wenn du mir diese Hilfe doch nur vor langer Zeit angeboten hättest, nach dem Fall des Schöpfers, als ich bei dir darum bettelte. Damals hätten wir Khaluls Irrsinn ausrotten können, bevor er Wurzeln schlug. Jetzt wimmelt der ganze Süden vor Verzehrern, die unsere Welt zu ihrer Spielwiese machen wollen und ganz offen ihre Verachtung für das feierliche Wort unseres Herrn zeigen! Wir drei würden nicht genügen, glaube ich. Und dann? Willst du Cawneil von ihren Büchern weglocken? Willst du Leru in der ganzen weiten Welt aufspüren und herausfinden, unter welchem Stein sie sich verkrochen hat? Willst du Karnault von der
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