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Feuerklingen (First Law - Band 2)

Feuerklingen (First Law - Band 2)

Titel: Feuerklingen (First Law - Band 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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lauerten. Und nicht nur darüber. Marschall Burr war vermutlich irgendwo in den Wäldern Anglands unterwegs, eilte nach Süden, um sie zu unterstützen, und wusste nicht, dass er in eine Falle lief. Dass Bethod ihn schon erwartete.
    Die Situation war ernst, aber obwohl es überhaupt keinen Grund dazu gab, war West leicht ums Herz. Hier draußen war das Leben einfach. Es gab keine täglichen Kämpfe auszufechten, keine Vorurteile zu überwinden, und man musste nicht stets einige Stunden im Voraus planen. Zum ersten Mal seit Monaten fühlte er sich frei.
    Er verzog das Gesicht und streckte die schmerzenden Beine aus, fühlte, wie Cathil sich im Schlaf rührte und sie den Kopf gegen seine Schulter legte, die Wange gegen seine dreckige Uniform gedrückt. Er fühlte ihren warmen Atem auf seinem Gesicht und spürte durch ihre Kleidung hindurch die Wärme ihres Körpers. Eine angenehme Wärme. Die Wirkung wurde nur ein wenig durch den Gestank von Schweiß und feuchter Erde verdorben, und davon, dass der Hundsmann ihm von der anderen Seite ins Ohr maunzte und murmelte. West schloss die Augen, und der Hauch eines Lächelns zog über sein Gesicht. Vielleicht konnte man die Dinge immer noch geraderücken. Vielleicht hatte er immer noch die Möglichkeit, ein Held zu werden. Wenn es ihm nur gelang, Ladisla lebend zu Marschall Burr zu bringen.

VERSCHWENDETER ATEM
    Ferro ritt dahin und beobachtete das Land mit wachsamem Blick. Noch immer folgten sie dem dunklen Wasser, noch immer fasste der Wind kalt in ihre Kleider, noch immer tobte Chaos über ihr am dräuenden Himmel, und dennoch änderte sich die Umgebung. Während sie zuvor flach wie eine Tischplatte gewesen war, taten sich nun Anhöhen und plötzliche, versteckte Senken auf. Land, in dem sich andere verstecken konnten, und der Gedanke gefiel ihr nicht. Nicht, dass sie Angst hatte, denn Ferro Maljinn fürchtete niemanden. Aber sie musste umso vorsichtiger lauschen und danach Ausschau halten, ob es Zeichen dafür gab, dass Menschen hier vorbeigekommen waren und vielleicht irgendwo auf sie warteten.
    Das sagte einem schon der gesunde Menschenverstand.
    Das Gras war auch anders geworden. Sie hatte sich daran gewöhnt, dass es überall um sie herum wogte, hoch und windgebeutelt, aber hier war es kurz und trocken und farblos wie verdorrtes Stroh. Es wurde immer kürzer, je weiter sie kamen. Heute gab es zwischendurch auch immer öfter kahle Stellen. Nackte Erde, wo gar nichts wuchs. Leere Erde, wie der Staub in den Wüsten Landen.
    Tote Erde.
    Und tot, ohne dass sie einen Grund dafür entdecken konnte. Sie sah finster über das Auf und Ab der Landschaft bis hin zu den Hügeln, die als schwache und gezackte Linie weit hinten am Horizont zu erkennen waren. Nichts bewegte sich in all dieser Weite. Nichts außer ihnen und den ungeduldigen Wolken. Und ein Vogel, der hoch, hoch über ihnen schwebte und beinahe still in der Luft stand, wobei die langen Federn an den dunklen Flügelspitzen flatterten.
    »Der erste Vogel, den ich seit zwei Tagen sehe«, knurrte Neunfinger, der misstrauisch nach oben blickte.
    »Hm«, knurrte sie zustimmend. »Die Vögel haben mehr Verstand als wir. Was tun wir hier?«
    »Wahrscheinlich gibt’s keinen besseren Ort für uns.«
    Für Ferro gab es solche Orte sehr wohl. Überall dort, wo man Gurkhisen töten konnte. »Für dich vielleicht nicht.«
    »Was soll denn das heißen? Du hast wohl einen Haufen Freunde in den Wüsten Landen, die alle Sehnsucht nach dir haben, hm? Wo ist Ferro nur geblieben? Es wird gar nicht mehr gelacht, seit sie weg ist.« Und er schnaubte, als hätte er etwas Lustiges gesagt.
    Ferro wusste nicht, was daran lustig sein sollte. »Wir können ja nicht alle so beliebt sein wie du, Rosig.« Sie schnaubte nun auch. »Ich bin sicher, dass man ein großes Fest für dich vorbereiten wird, wenn du wieder in den Norden kommst.«
    »Oh, da wird bestimmt ganz schön gefeiert. Jedenfalls, nachdem man mich aufgehängt hat.«
    Sie kurz dachte darüber nach, sah ihn aus den Augenwinkeln an. Guckte, ohne den Kopf zu bewegen, damit sie dann, falls er in ihre Richtung sah, schnell den Blick abwenden und so tun konnte, als hätte sie gar nicht geguckt. Jetzt, da sie sich allmählich an ihn gewöhnte, musste sie zugeben, dass der große Rosig gar nicht mal so übel war. Sie hatten Seite an Seite gekämpft, mehr als einmal, und er hatte stets seine Pflicht getan. Sie hatten sich darauf geeinigt, einander zu begraben, wenn es sein musste, und sie

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