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Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen

Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen

Titel: Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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Glied. Neben ihm schläft Anna mit ruhigen rhythmischen
Atemzügen in ihre Bettdecke gerollt. Er betrachtet ihr entspanntes Gesicht, die
beiden Falten, die den schmalen Mund einklammern und das glatte, rote Haar. Ein
konfuses Gefühl steigt in ihm auf. Unmerklich, aber unangenehm. Was war da mit
ihm passiert, gestern Abend?
     
    Er sieht sich, wie er vor Annas Haustür steht, nicht ganz bei sich, das
ganze Gewicht der Welt auf seinen Schultern. Sieht sich klingeln, sieht die Tür
aufgehen, Anna vor sich stehen, ihre graublauen Augen leuchten. Er kann sie nur
anschweigen, ist gleichzeitig bedrückt davon, aber etwas hat seine Gefühle fest
im Griff, erstickt jedes Wort. Anna packt ihn an der Schulter, zieht ihn
wortlos an sich. Sein Körper reagiert prompt, scheint froh, sich von der Qual
zu befreien. Er drückt seine Lippen auf ihre, die Zunge versinkt in der
feuchten Mundhöhle. Ihr Keuchen treibt ihn an. Er überlässt der Gier alle Macht,
opfert ihr seinen Willen, nur weg von dieser Angst und dem ewigen Zweifel.
Annas Rücken zeigt die Richtung. Seine Hände an ihrer Hüfte. Ihr Hintern, der
sich ihm entgegenstemmt. In einer Welle rast seine Lust den Rücken hinauf,
trifft wie ein Blitzstrahl auf sein Hirn. Für einen Moment ist er nur noch
Kraft, dann sinkt er zusammen.
     
    Swensen liegt bewegungslos auf dem Rücken und starrt an die Decke. Er
versucht einen klaren Gedanken zu fassen, doch sein Kopf scheint wie betäubt.
Vor seinem inneren Auge läuft ein Film. Er ist nur der Zuschauer, abgespalten
von der animalischen Potenz, die gestern aus ihm herausgebrochen war, die er
aber jetzt nicht bei sich haben möchte. In seinem Bauch sitzt etwas Dumpfes. Er
verspürt den absurden Drang, sich auflösen zu wollen. Ohnmacht.
    Ist
Leidenschaft nur der direkte Wille zur Macht, denkt er. Wie konnte ich nur nach
dem furchtbaren Tag so hemmungslos über Anna herfallen.
    »Unser
Leben hat ein Grundproblem«, hört er die ruhige Stimme seines Meisters. »Das
alltägliche Überleben und der Versuch, unsere erworbene Position zu bewahren,
verwickelt uns in einen steten Kampf. Wir klammern uns an dieses Bild von einem
unabhängigen ICH und müssen diese fixe Idee danach Tag für Tag verteidigen.«
    Was
ist deine fixe Idee, fragt er sich. Der achtsame Jan Swensen, der in jeder
Situation richtig handelt? Der Polizist, der gelassen für die Gemeinschaft
arbeitet, gegen das Verbrechen kämpft? Ich glaube, ich träume gar nicht von der
idealen Gesellschaft, sondern nur von meinem idealen Selbst. Gestern war das
genauso!
     
    Er schlug mit dem Holz zum dritten Mal gegen die Klangschale, als das
Klingeln des Telefons in den schwingenden Oberton schrillte. Swensen legte die
beiden Handflächen vor der Brust zusammen, machte eine kurze Verbeugung vor dem Amoghasiddhi-Buddha , stand auf und eilte zum Telefon. Es gelang ihm, den
Hörer abzunehmen, bevor der Anrufbeantworter ansprang.
    »Silvia
hier! Ich störe dich ungern, Jan! Da soll eine Wasserleiche im Wilden Moor bei Schwabstedt herumliegen!«
    »Na
endlich!«, brach es aus Swensen heraus. »Ich wette, das ist der fehlende Körper
zu unserer Hand! Woher kommt der Hinweis?«
    »Ich
bekam grade einen Anruf aus dem Kreiskrankenhaus. Heute Vormittag ist ein Mann
mit einem Herzinfarkt eingeliefert worden, der will in einem Tümpel die Leiche
gesehen haben.«
    »Ist
die Dienststelle schon informiert?«
    »Natürlich,
die Kollegen und die Flensburger wissen Bescheid! Mehrere Streifenwagen dürften
momentan alle Fußwege in das Naturschutzgebiet absperren. Ich bin auf dem Weg
ins Krankenhaus, um eine genauere Ortsbeschreibung zu bekommen.«
    »Okay,
dann fahr ich rüber ins Moor! Ruf an, wenn du n äheres
weißt!«
    Kurze
Zeit später steuerte Swensen seinen alten VW-Polo auf der Osterfelder Straße
heraus aus der Stadt in Richtung Mildstedt. Nach acht Minuten ließ er
Oldersbeck links liegen, passierte Winnert und bog in Winnertfeld rechts auf
eine kleine Teerstraße. Zweihundert Meter weiter versperrte ein Schlagbaum die
Weiterfahrt. Ab da führte ein Feldweg ins Wilde Moor . Obwohl man den
Baumstamm mühelos hätte zur Seite schieben können, stand eine Gruppe Männer
neben ihren geparkten Fahrzeugen. Hollmanns Spurenteam machte sich für den
Einsatz bereit. Colditz hatte sein Handy am Ohr, und einige der Flensburger
redeten mit Dr. Lade und dem Fotografen. Als Swensen ausstieg, winkte Colditz
ihn zu sich.
    »Gut,
dass du kommst, Jan!«, rief er ihm entgegen. »Haman ist dran. Der Zeuge

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