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Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen

Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen

Titel: Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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allmählich in sich
zusammengesackt.
    »Einmal
umzingelte meine Einheit ein Dorf mit Terroristen in der Nähe von Sirvan. Wir
forderten sie auf, sich zu ergeben. Doch sie antworteten sofort mit
Gewehrfeuer. Wir setzten schweres Geschütz ein, feuerten wahllos auf alle
Häuser. In solchen Momenten will man einfach nur sterben. Ich wollte zeitweise
nur noch tot sein. Nach der Logik unserer Vorgesetzten war jeder, der sein
Recht haben wollte, automatisch Mitglied der PKK. Wenn Menschen in einem Dorf
zu fragen wagten, warum sie noch keine Straße hatten, waren sie sofort
Mitglieder der PKK.«
     
    Das Signalhorn schreckte Hashim aus seinen Gedanken. Das Anlegemanöver
war beendet. Der Kurde sah zu, wie die ersten Passagiere von Bord gingen. Er
ließ sich unendlich viel Zeit, wollte sicher sein, dass sich niemand von hinten
an ihn heranschleichen konnte. Im selben Augenblick als er mit seinem Fuß auf
die Kaimauer trat, rollte neben ihm ein türkischer Militärjeep nach dem anderen
aus dem Bauch der Fähre.
     
    *
     
    Unter den ersten Männern, die an Land gegangen waren, befand sich auch
ein mittelgroßer Mann mit drahtigem Aussehen. Er mischte sich gleich unter die
Menschengruppe, die sich zum Empfang des Schiffs eingefunden hatte. Sein Name
war Osman Cevik. Er trug einen kurz geschnittenen, schwarzen Bart. Den glatt
rasierten Kopf zierte ein mit Glasperlen besticktes Käppi. Unter der schwarzen
Weste trug er ein graues Hemd, das bis zu den Knien über die Hose fiel. Seine
Augen hefteten sich auf den Passagier, der als l etzter die Fähre verlassen hatte. Er wartete eine kurze
Zeit, dann schlenderte er ihm hinterher. Der Verfolgte schien misstrauisch zu
sein. Immer wieder drehte er sich urplötzlich um. Osman ging gelassen hinter
ihm. Der Mann überquerte die Straße und setzte sich in einem Teehaus an den
letzten freien Holztisch. Osman platzierte sich an den Nebentisch, an dem
gerade zwei Männer Tavla (Backgammon) spielten. Sie sprachen kein Wort,
nur der Straßenlärm, das eintönige Geräusch der Würfel und das Ziehen der
Steine auf dem Brett war zu hören. Seine Hand fasste unter die Weste nach der
Pistole.
    Vater
wäre jetzt stolz auf mich, dachte er und sah zwei stechende Augen, die
bedrohlich auf ihn herabblickten.
    Seine
Kindheit in Batman war von der mächtigen Gestalt dieses Vaters geprägt gewesen,
die ihn in seinem schwarzen Kaftan immer bis in den Schlaf begleitet hatte.
1981 hatte man seinen Vater aus dem türkischen Staatsdienst geworfen. In der
Begründung hatte es geheißen: »Der selbsternannte Prediger unterzieht die
Schüler seiner privaten Religionsschule einer Gehirnwäsche.«
    Er
konnte sich noch erinnern, wie wütend sein Vater damals gewesen war. Da war
auch er wütend geworden. Der Vater hatte von da an in seinen Ansprachen gegen
den korrupten Staat und seine unwürdige Demokratie gewettert, die eindeutig der Scharia (islamisches Recht) widersprach.
    »Die
Trennung von Kirche und Staat ist etwas Gottloses«, hatte er immer wieder
gesagt. »Allah duldet nur einen Kalifatsstaat auf türkischem Boden, und die
Hauptstadt muss Istanbul sein.«
    Danach
hatte er kein Blatt mehr vor den Mund genommen. Seine Predigten waren immer
radikaler geworden.
    »So
wahr ich es will, wird Allah die Heiden unserer Zeit durch meine Armee des
Kalifatsstaates niedermachen, denn es gibt keine Bedenken, auf die Ungläubigen
zu schießen, egal wo man sie trifft.«
    Er
spürte, wie tief diese Aussagen mit seinem Vater verbunden waren, wie sehr er
sie selbst verinnerlicht hatte.
    Sein
Blick musterte heimlich den Journalisten am Nebentisch. Er wusste, dass er
seinen Hass jetzt im Griff haben musste. Jede Form von Emotion könnte für den
weiteren Verlauf gefährlich werden.
    Die
Ungläubigen müssen alle sterben, dachte er. Besonders dieses kommunistische
Pack um Abdullah Öcalan, das seinen Terror durch Drogenhandel und
Schutzgelderpressung im Ausland finanziert.
     
    Um etwas gegen den Abschaum zu tun, war er 1992 als Kämpfer der
Organisation der islamischen Hizbullah (Partei Gottes) beigetreten, die
in Batman ein als Wohltätigkeitsverein getarntes Büro unterhielt. Man hatte ihn
in ein Ausbildungslager im Iran geschickt, wo er im Gebrauch von Waffen und
Sprengstoff geschult worden war. Dort hatte er sich den Ideen seines Vaters
endlich nahe gefühlt, dort wurde aktiv gekämpft, und er hatte in kurzer Zeit zu
den Besten im Camp gehört. Nach der Rückkehr in die Türkei hatte er eine Gruppe
in Batman geleitet. Als e

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