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Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen

Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen

Titel: Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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Polizeihauptmeister
Zechser lotsten einen gelben VW-Bus auf eine Busspur. Dörsing trat an die
Fahrertür. Swensen folgte seinem Kollegen Wesener und baute sich mit der MP vor
der Frontscheibe auf. Er sah, wie der langhaarige Fahrer wild gestikulierend
auf Zechser einredete. Alles Weitere ging sehr schnell. Zechser riss die
Fahrertür auf, packte den Mann am Arm und zerrte ihn hinaus. Der wehrte sich
mit Händen und Füßen. Zu zweit warfen sie ihn zu Boden, drehten ihm die Arme
auf den Rücken und drückten ihm die Knie in die Seite. Der Mann brüllte laut um
Hilfe. Im selben Moment kletterte eine Frau aus dem Laderaum über den
Fahrersitz. Sie stürzte sich von hinten auf Zechser, schlang ihm die Arme um
den Hals und versuchte, ihn nach hinten zu ziehen. Swensen war wie erstarrt,
während Wesener nach vorn stürmte. Er packte die Frau an ihren Handgelenken,
drehte sie zur Seite, bis ihr Griff sich lockerte, zog sie hoch und schleudert
sie gegen den VW-Bus. Ihr Kopf knallte hart gegen das Blech, eine Augenbraue
platzte auf, und das Blut floss über Auge und Wange. Mittlerweile äußerten die
Passanten an der Bushaltestelle lauthals ihren Unmut.
    »Lassen
Sie die Frau los!«, »Schlägertruppe!«, »Bullenpack!«, tönte es herüber.
    Swensen
konnte es kaum ertragen, wäre am liebsten getürmt. Die aufgerissenen Augen des
Polizisten waren plötzlich wieder aufgetaucht, als wenn sie ihn verfolgen
würden. Sie starrten ihn angstverzerrt an, als wollten sie sagen: »Swensen,
jetzt bist du auf der anderen Seite!«
     
    Es kribbelt im Kopf. Der Urlauber Swensen versucht, die unangenehmen
Erinnerungen auszublenden, zumal die Überprüfung der beiden damals ergeben
hatte, dass sie nur harmlose Studenten waren. Außerdem fuhren wirkliche
Terroristen um diese Zeit schon lange BMW und Mercedes und liefen kurzhaarig
herum.
    Das
brüllende Geheul eines Kampfjets reißt seine Gedanken endgültig mit sich. In
kurzen Abständen jagen zwei weitere Maschinen dicht über ihre Köpfe. Anna
schließt die Augen und legt die Hände schützend über die Ohren.
    »Hier
ist ein Urlaubsgebiet!«, stöhnt sie mit verzogenem Gesicht.
    Swensen
sieht die drei Maschinen als kleine Punkte in Richtung Osten verschwinden. Zu
diesem Zeitpunkt ahnt er nicht, dass er jedes noch so kleine Ereignis dieses
Tages, selbst seine Gedanken und Gefühle, ein Leben lang nicht mehr vergessen
wird.
    Die Özalp erreicht das offene Mittelmeer. Der Kahn schippert nach rechts die lykische
Küste hinauf. Es wird immer heißer, kein Lüftchen weht. Swensen hat sich bis
auf die Badehose von aller Kleidung befreit. Anna trägt noch ihr sonnengelbes
Baumwollhemd über ihrem grünen Bikini. Der Kapitän lässt den Motor hochfahren
und stellt ihn ab. Mit dem letzten Schub schippert der Holzkahn um eine
pinienbewachsene Felswand. Schräg vor dem Bug erscheint eine malerische Badebucht
mit kristallklarem Wasser und einem menschenleeren Sandstrand. Das Boot driftet
aufs Ufer zu. Kurz bevor der Kiel im flachen Wasser auf Grund läuft, hat
Swensen sich mit Taucherbrille und Schwimmflossen vom Heck ins Wasser gestürzt.
Mit kraftvollen Beinbewegungen taucht er hinab in die Stille, fernab vom
Disco-Sound und Stimmengeschnatter. Sandboden gibt es nur in Ufernähe, gleich
dahinter beginnt ein felsiger Untergrund mit bizarren Formationen. Swensen
steigt kurz an die Oberfläche, holt Luft und arbeitet sich wieder hinab zu dem
Seegrasfeld, das sich über eine Art Steinplatte zieht. Vor ihm kreuzt ein
Schwarm Goldstriemen. Die gestreiften Fische gucken aus gelben Knopfaugen,
grasen den winzigen Bewuchs der Seegrasblätter ab und weichen geschlossen
zurück, wenn er ihnen allzu nahe kommt. Der Salzgehalt des Wassers zieht ihn an
die Oberfläche. Er schwebt wie in Schwerelosigkeit, pendelt mit dem linken Arm,
macht eine Drehung und bekommt einen Riesenschrecken. Keinen halben Meter vor
ihm treibt der braune Rückenpanzer einer Meeresschildkröte an seinem Kopf
vorbei. Der hakig gebogene Kiefer ähnelt einem gelben Papageienschnabel. Die
Vorderbeine haben Flecken im gleichen Gelb. Das Tier schwingt sie wie Flügel
und fliegt ins offene Meer zurück. Es ist wie eine Begegnung mit dem Anbeginn
unserer Welt .
    Swensen
ist völlig aus dem Häuschen, als er wieder an Land kommt. Immer wieder erzählt
er Anna begeistert die gleiche Geschichte und das fliegende Urtier nimmt von
Mal zu Mal an Größe zu. Einige Zeit später riecht es nach Sonnenöl und
Kreischen und Lachen erfüllen die Luft. Er

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