Feuermohn
den Segeln nahm, noch bevor sich in ihr ein Sturm entwickeln konnte. Es war schön, die Kontrolle so vollkommen abzugeben, schön, dass es jemanden gab, der ihrem Temperament gewachsen war, sie eisern dominierte – strategisch, überlegt und überlegen.
Sie ließ zu, dass er mit ihr machte, was er wollte. Alle Empfindungen, die sie für ihn hegte, beherrschten ihr Denken und Fühlen. Die Intensität dieser Ergebenheit fachte ihre Sehnsucht zusätzlich an, hielt sie im Griff. Darauf, dass sie wenigstens einmal neben ihm einschlafen durfte, wartete sie jedoch vergebens. Gemeinsame Stunden im Bett gab es nicht, kein Kuscheln, keine lieb geflüsterten Worte. Selbst der pure Sex fand überall, jedoch nicht im Bett statt.
In sentimentalen Augenblicken fraß dieser Gedanke sie auf. Mit tiefer Traurigkeit malte sie sich in solchen Momenten aus, wie sie das Anwesen ohne ein Wort des Abschieds und voller Entschlossenheit von heute auf morgen verlassen würde. Sie stellte sich vor, wie er verzweifelt nach ihr suchte, sich nach ihr verzehrte, sich ein Dasein ohne sie nicht vorstellen konnte. Irgendwann würde sie ihm dann einen Brief zukommen lassen, ihm die Gründe ihres Verschwindens schildern und schließlich selig in seine Arme zurückkehren, weil er ihr zu verstehen gab, wie sehr er bereute.
Derartige Phasen, getränkt mit triefend sentimentalen Fantasien, nahmen allerdings nie die Energie für sich in Anspruch, die nötig gewesen wäre, sie zu nähren und in die Tat umzusetzen. Sie war Aaron längst verfallen, nahm alles in Kauf, wenn sie nur in seiner Nähe sein konnte.
Sie wollte diesen Weg weiter gehen, ihre Begierde stillen, sich vollkommen hingeben, seine Wünsche erfüllen und ihm zeigen, dass sie seiner würdig war. Diesem hinreißend dominanten Kerl, der das Tor zu ihrer Seele aufgestoßen hatte.
Der Raum, in den Yvette sie schob, lag im Keller und war dunkel. Stockdunkel. Leichte Befangenheit legte sich um Annas Körper, als sie orientierungslos mit zitternden Knien und pochendem Herzen einen kleinen Schritt nach vorn wagte. Sie streckte ihre Hand aus, griff ins Leere.
Wo war Aaron? Irgendwo im Dunkeln? Oder noch gar nicht da?
Kein Laut war zu hören. Nichts als die Schläge ihres Herzens, das fast zu zerspringen drohte.
Dann das Zischen eines Streichholzes. Eine Kerze wurde entzündet. Noch eine.
Aarons Gestalt lag im Halbdunkel, sein Gesicht hingegen wurde immer wieder vom flackernden Kerzenlicht erhellt, wenn er eine weitere Kerze anzündete.
Nach einer Weile brannte eine Vielzahl an Kerzen und Fackeln, die in klobigen Halterungen steckten. Die dicken Vorhänge vor den kleinen Fenstern ließen kein Tageslicht hinein. Riesige Fresken schmückten die gemauerten Wände, zeigten eine Sonnenuhr, den Turmbau zu Babel, Straßenszenen aus dem alten Rom und Tempeltänzerinnen. Mit der Leuchtkraft ihrer Farben wirkten sie sogar in dieser gedämpften Atmosphäre. Mysteriöse Steinskulpturen säumten den Raum. Zu Annas Linken stand ein rechteckiger Bock mit ledernen Hand- und Fußschellen, die an Lederriemen von den Seiten baumelten. Dahinter befand sich ein Gestell mit Peitschen, Gerten, Fesseln, Halsbändern und Masken. In der Mitte des Raumes erblickte Anna ein riesiges Bett.
Aaron kam auf sie zu. Der Schein des Feuers glänzte in seinen Augen, und ihr Herz begann einen seltsamen polternden Rhythmus. Das Klopfen wollte ihr schier den Schädel sprengen, schien durch den ganzen Raum zu pochen, Donnerschlägen gleich, und mit jedem Schritt, den er näher kam, wurde es lauter.
Wie von ihm gewünscht, trug Anna unter einem Cape nichts als ein weißes Kleid aus transparenter Spitze und ein weißes Lederhalsband, das mit glitzernden Steinen versehen war.
Ihr Atem ging stoßweise, ihre vollen, weichen Brüste hoben und senkten sich, als sie das Cape über ihre Schultern abwärts gleiten ließ, wo es sich leise raschelnd um ihre Füße legte.
Sie hoffte, ihm gefiel, was er sah, konnte seinem Gesichtsausdruck jedoch nichts entnehmen. Spannung begann sich in ihr aufzubauen. Sie stand unter Strom, spürte, wie sich sämtliche Härchen ihres Körpers aufstellten. Sie ersehnte seine Nähe, seine Berührungen.
Er war jetzt nicht mehr weit von ihr entfernt. Sie hätte nur ihre Hand auszustrecken brauchen, um ihn zu berühren. Doch sie blieb stocksteif stehen, versank in seinen unergründlichen Augen. Ihr Puls raste, als ihr Blick genüsslich über seinen schlanken Körper wanderte. Er trug dunkle Jeans und ein weißes
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