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Feuernacht

Feuernacht

Titel: Feuernacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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Büro in der erbarmungslosen Sonne in eine Sauna. Dóra und Bragi, der Miteigentümer der Kanzlei, hatten es immer noch nicht geschafft, Vorhänge zu kaufen, weshalb kalte Sonnentage im Büro unerträglich waren.
    »Nein.« Die knappe Antwort grenzte an Unverschämtheit. Grímheiður schien es zu merken, denn ihre Wangen, die von der Hitze schon ganz rot waren, wurden noch dunkler. »Ich meine, nein danke, ist schon in Ordnung.«
    Dóra nickte, ließ ihre ausgestreckte Hand sinken und beschloss, zum Thema zu kommen. »Wie ich dir schon am Telefon gesagt habe, wurde ich gebeten, den Fall deines Sohnes im Hinblick darauf zu untersuchen, ob er möglicherweise unschuldig verurteilt wurde.« Sie machte eine kurze Pause, falls Grímheiður etwas einwerfen wollte, aber die Frau reagierte nicht. »Da du der gesetzliche Vormund bist, möchte ich den Fall nur mit deiner Zustimmung übernehmen. Ich spreche auch noch mit dem Anwalt, den das Oberste Gericht als Jakobs Betreuer bestimmt hat. Wie du weißt, soll er kontrollieren, dass Jakobs Aufenthalt im Sogn nicht länger dauert als unbedingt notwendig. Eine eventuelle Wiederaufnahme des Falls würde er bestimmt begrüßen.«
    Grímheiður starrte schweigend und mit undurchdringlichem Gesicht auf die Tischplatte, und Dóra war sich nicht sicher, ob sie ihr überhaupt zuhörte. »Da die Entwicklung deines Sohnes Jakob …« Kurz vor dem Treffen hatte Dóra sich bemüht, die richtigen Worte zu finden, um Jakob zu beschreiben, ohne ihn zu verletzten. Jetzt, als es darauf ankam, konnte sie sich nicht mehr richtig erinnern und musste noch einmal ansetzen. »Da Jakob das Down-Syndrom hat, ist deine Meinung sehr wichtig, aber ich spreche natürlich auch mit ihm persönlich, wenn du möchtest, dass wir die Sache weiterverfolgen. Und wie gesagt, für euch wäre das völlig kostenfrei, deine Zustimmung hat keinen Einfluss auf Jakobs Finanzen. Wie ich dir schon am Telefon gesagt habe, ist dein Sohn anscheinend mit diesem Jósteinn befreundet, und der will unbedingt die Kosten für die Untersuchung übernehmen. Es ist mir wichtig, dir zu sagen, dass ich aus dem Mann nicht ganz schlau werde. Ich habe das Gefühl, dass nicht nur reine Menschenliebe hinter seinem Verhalten steht, aber das kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht richtig beurteilen.«
    »Ich habe ihn mal getroffen.« Die Frau kniff ihre Lippen so fest zusammen, dass sie fast nicht mehr zu sehen waren. »Ich mag ihn überhaupt nicht, aber Jakob hält ihn für einen guten Freund, und Jakob ist ein guter Menschenkenner, auch wenn er geistig behindert ist.« Grímheiður verstummte und nestelte wieder an den Fransen ihres Schals herum.
    Dóra wusste nicht, was sie dazu sagen sollte, ohne dass es peinlich werden oder ihre Unkenntnis über geistige Behinderungen offenlegen würde. Sie wollte sich erst näher mit dem Thema beschäftigen, wenn klar war, ob etwas aus dem Auftrag würde, und das hing von dem Treffen mit dieser Frau ab, die ihr schwitzend gegenübersaß. »Aber gehen wir mal davon aus, dass Jósteinn keine niederen Beweggründe hat. Wie ist deine Meinung dazu? Was glaubst du, welchen Einfluss das auf deinen Sohn hätte? Es wäre ja vollkommen ungewiss, ob sich für ihn etwas ändern würde. Ich kann nicht beurteilen, wie er eine Wiederaufnahme des Falls aufnehmen würde – geschweige denn, wie enttäuscht er wäre, wenn sich an seiner Situation womöglich doch nichts ändert.«
    Grímheiður hörte auf, an den Fransen herumzunesteln, und ballte stattdessen die Fäuste, so dass ihre Knöchel ganz weiß wurden. Dann lockerte sie ihren Griff plötzlich wieder und sackte in sich zusammen. »Als ich gemerkt habe, dass ich mit Jakob schwanger bin, hatten mein Mann und ich die Hoffnung auf ein Kind schon längst aufgegeben. Wir waren beide über vierzig und haben uns wahnsinnig gefreut. Als mir wegen meines Alters zu einer Fruchtwasseruntersuchung geraten wurde, kam heraus, was los war.« Die Frau atmete kurz ein und hob den Kopf. »Mir wurde dazu geraten, das Kind abtreiben zu lassen, nicht offen heraus, aber trotzdem nachdrücklich. Mein Mann und ich konnten uns das nicht vorstellen und haben alle Warnungen, dass unser Leben sich vollkommen ändern würde, ignoriert – genau deshalb wollten wir ja ein Kind. Es war mir völlig egal, dass ich aufhören musste zu arbeiten, obwohl wir zwei Einkommen gut hätten brauchen können. Wir haben beide nicht viel verdient. Aber eine Abtreibung kam überhaupt nicht in Frage. Jakob

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