Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feuernacht

Feuernacht

Titel: Feuernacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
Vom Netzwerk:
sich um kleine Gruppen, meist nicht mehr als sechs Personen, die mindestens sechzehn Jahre alt sein mussten und ständige Betreuung benötigten. Aufbau und Unterhalt dieser Einrichtungen waren staatlich finanziert, wobei die Gelder aus unterschiedlichen Töpfen stammten. Insgesamt gab es in Island ungefähr neunzig solcher Wohngruppen mit etwa 450 Bewohnern.
    Das Telefon auf dem Schreibtisch gab plötzlich ein merkwürdiges Geräusch von sich, und Dóra erschrak, denn der Klingelton war schrill und laut und ganz anders als sonst. Bella, die Sekretärin, musste die Einstellungen geändert haben, um ihr einen Schreck einzujagen. Dóra unterdrücke ihre Wut und nahm den Hörer ab. »Deine Eltern sind hier und wollen mit dir reden. Soll ich sie zu dir reinschicken oder ihnen sagen, dass du nicht da bist?«
    Dóra war vollkommen klar, dass ihre Eltern gerade direkt vor Bella standen. Die Frau war echt nicht mehr zu retten. »Schick sie rein.« Es war zwecklos, sich über Bella zu ärgern, zumal Dóra wusste, dass sie nicht mehr aufhören konnte, wenn sie einmal angefangen hatte.
    Kurz darauf erschienen ihre Eltern in der Türöffnung. Sie wirkten nervös und entspannten sich auch bei ihrem kurzen Smalltalk über das Wetter und den eisigen Nordwind nicht. Als ihr Vater endlich zum Thema kam, verstand Dóra sofort, warum er so nervös war.
    »Ihr könnt den Kredit also nicht abbezahlen?« Dóra nahm den Kreditvertrag und unterdrückte ein Seufzen. »Habt ihr denn nicht damit gerechnet, dass das passieren könnte, als ihr das Haus gekauft habt?« Die Immobilie, die mit einem gigantischen Kredit finanziert wurde, war ein exklusives Sommerhaus in Spanien. Der Kaufpreis erschien Dóra sehr hoch, obwohl sich der Euro-Kurs im Gegensatz zur Krone nicht verdoppelt hatte. »Die Raten sind wirklich heftig, vor allem als Rentner.«
    »Wir wollten das Haus vermieten und die Raten dadurch abbezahlen. Darum sollten sich eigentlich die ehemaligen Besitzer kümmern«, erklärte ihr Vater, während ihre Mutter eifrig nickte.
    Dóra knirschte mit den Zähnen. »Aha.« Sie suchte in dem Kaufvertrag nach den entsprechenden Paragraphen. »Hiernach wurde die Immobilie komplett kreditfinanziert, das ist ziemlich riskant, auch unabhängig von der Kursentwicklung. Außerdem ist es fraglich, ob die Miete die Ratenzahlungen überhaupt abdeckt, und wenn dann noch die Wirtschaftskrise und abnehmende Touristenzahlen in Spanien dazukommen …« Dóra musterte ihre Eltern eindringlich. »Wie ist es denn bisher mit der Vermietung gelaufen? Hat die Miete für die Raten gereicht?«
    Ihre Eltern waren peinlich berührt und hockten zusammengesunken auf ihren unbequemen Stühlen. »Tja, also …«
    »Wie viel konntet ihr damit abdecken? Alles? Die Hälfte? Ein Drittel?« Dóra wollte nicht noch weiter runtergehen. »Was soll ich denn jetzt machen? Warum habt ihr mir nicht früher erzählt, dass ihr ein Sommerhaus in Spanien gekauft habt? Ihr sitzt echt in der Klemme, aus diesem Kaufvertrag kommt ihr nicht mehr raus.«
    »Wir wollten dich damals nicht damit belästigen. Wir dachten, du könntest den Kredit vielleicht in ein Festdarlehen oder so was ändern lassen …« Ihr Vater lächelte zerknirscht. Anscheinend war er sich darüber bewusst, dass das nicht möglich war, während sich Dóras Mutter noch in der irrigen Annahme befand, der Vorschlag sei realistisch. Sie nickte noch eifriger.
    »Das geht nicht.« Dóra hatte keine Lust, sich länger als nötig mit dieser absurden Idee zu beschäftigen. »Ich hoffe, ihr habt wenigstens regelmäßig die Raten bezahlt, sonst sieht’s noch schlimmer aus. Ihr müsst so schnell wie möglich einen Teil abbezahlen, wenn ihr nicht auf eine Privatinsolvenz zusteuern wollt.«
    »Kann man denn da gar nichts machen? Irgendwelche Gesetzeslücken?«
    »Nicht, dass ich wüsste. Die Juristen, die solche Kreditverträge aufsetzen, sind nicht blöd, und die Bank hat euch in gutem Glauben Geld geliehen. Die Verkäufer, die euch das Haus aufgeschwatzt haben, sind auch sehr vorsichtig gewesen. Im Vertrag steht ganz klar, dass sie keine Verantwortung dafür übernehmen, ob das Haus vermietbar ist oder nicht.« Dóra legte die Papiere beiseite und versuchte, sich zu beherrschen. »Ihr müsst euch doch irgendwas überlegt haben. Ich weiß, dass das Haus zum Verkauf steht, und das ist gut, aber es lässt sich bestimmt nicht so schnell verkaufen, und ihr werdet lange nicht so viel dafür bekommen, wie ihr bezahlt habt. Der spanische

Weitere Kostenlose Bücher