Feuerprobe der Liebe - 1 Teil der Miniserie The great London fire - Historical Bd 217
Geräusche der Stadt hatten sich in Chaos verwandelt, dessen Lärm durch die dicken Steinmauern und Eisengitter hereindrang.
Die ersten Meldungen über einen Brand im Osten der Stadt hatten das Gefängnis am Sonntagmorgen erreicht, aber Brände zwischen den alten Holzbauten waren so etwas Gewöhnliches, dass anfangs nur ein paar notorische Schwarzseher beunruhigt waren. Dennoch machten bald Gerüchte über das Ausmaß und den Grund für die Katastrophe unter den Gefangenen die Runde. Am Montag hieß es bereits, das Feuer erstreckte sich von der London Bridge im Süden bis zur Lombard Street im Norden und hätte das gesamte Ufer fast über die ganze Länge der Thames Street erfasst. Viele Leute glaubten fest daran, dass das Feuer von einem holländischen Bäcker gelegt worden war. Andere waren überzeugt, dass die Franzosen Brandbälle auf Häuser geworfen hätten. Schließlich befand England sich mit beiden Ländern im Krieg. Bis Montagnacht hatte das Feuer Cornhill vernichtet und bewegte sich auf Cheapside zu.
Bis Dienstagmorgen waren sowohl die alte St.-Paul’s-Kirche als auch Newgate bedroht. Inzwischen war es sämtlichen Insassen des Gefängnisses egal, wer das Feuer entzündet hatte. Ihre einzige Sorge galt der Flucht. Selbst in ihrem Verlies hörten die Gefangenen die Entsetzensschreie derjenigen, die durch das Tor flüchteten, ebenso wie das donnernde Brausen der Flammen, die sich auf die Türme zubewegten. Der Brandgeruch überlagerte sogar den sonst durchdringenden Gestank des Gefängnisses. Die Luft war erfüllt von Qualm.
Jakob stand an dem vergitterten Fenster. Sein Hals schmerzte von der rauchgeschwängerten Luft. Er atmete möglichst flach, um nicht zu viel davon in die Lungen zu bekommen. Ihm ging es besser als den meisten anderen Gefangenen, die unterhalb des Erdbodens eingesperrt waren. Zum Glück war Jakob nicht mittellos gewesen, als er hier eintraf. Er hatte den Wärter bestochen, um in den oberen Räumen untergebracht zu werden. Bei der ersten sich bietenden Gelegenheit hatte er außerdem eine Nachricht an seinen Cousin geschickt, den Duke of Kilverdale. Jakobs Verbindungen zu hochgestellten Persönlichkeiten hatten den Wärter beeindruckt, und seither behandelte er ihn vorsichtig und mit Respekt.
Nur bisher hatte Kilverdale weder die Nachricht beantwortet, noch war er persönlich hier erschienen. Montagmorgen, nach zwei Nächten in Newgate, hatte Jakob widerstrebend eine weitere Botschaft geschickt. Diesmal an seinen Großvater, der an der St. Martin’s Lane ein Haus besaß. Unter anderen Umständen hätte Jakob erheblich länger auf eine Antwort von Kilverdale gewartet, ehe er Lord Swiftbourne um Hilfe bat, aber er war überzeugt, dass Lady Desirée noch immer in Gefahr schwebte. Auch auf diese zweite Nachricht erhielt er keine Antwort.
Jakob rüttelte an einem der Gitterstäbe vor dem Fenster, während er sich ärgerlich fragte, wohin Kilverdale wohl verschwunden sein mochte. Offenbar war sein Cousin außerstande, länger als fünf Minuten an einem Ort zu verweilen.
Das Feuer schien näher zu kommen, zwischen den Gitterstäben drangen Rauchschwaden und Glut herein, ein schrecklicher Vorgeschmack auf das, was noch kommen würde. Jakob war entsetzt bei der Vorstellung, hier gefangen wie eine Ratte auf die Flammen warten zu müssen.
In den letzten zwei Tagen hatte er viel Zeit damit verbracht, mit einem großen Eisennagel an dem Mörtel um das Fenster zu kratzen. Bei seinen Vorbereitungen zur Flucht war das Feuer sein Verbündeter gewesen. Falls jemandem auffiel, dass er viel Zeit am Fenster verbrachte, würde der nur glauben, dass Jakob beobachtete, wie der Brand sich ausbreitete.
Jetzt stemmte er eine Hand gegen die Wand und umfasste mit der anderen die erste Gitterstange. Unter Aufbringung all seiner Kräfte gelang es ihm, den Stab herauszubrechen. Zum Glück musste er sich nicht bemühen, leise zu sein. Sollte jemand ihn hören und ihn an der Flucht hindern wollen, müsste er dazu die Tür öffnen.
Und das Einzige, was Jakob brauchte, war eine offene Tür.
Gerade als er den Stange zu Boden fallen lassen wollte, hörte er das Klappern eines Schlüssels. In den wenigen Sekunden, die ihm blieben, bis die Tür nach innen aufging, schob er die Stange in seinen Mantel.
„Wo wart Ihr so lange?“, fragte er und ging auf den erschrockenen Wärter zu.
„Beeilt Euch! Wir gehen zum Kittchen.“ Der Wärter hustete und deutete mit der linken Hand auf Jakob. In der rechten hielt er eine
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