Feuerprobe der Liebe - 1 Teil der Miniserie The great London fire - Historical Bd 217
Muskete.
„Wohl eher zur Hölle.“ Jakob schritt durch die Tür, wobei ihm mit einem Stoß zwischen die Schulterblätter nachgeholfen wurde.
Von überall her hörte er ängstliche und wütende Schreie. Die Wärter versuchten, ihre Gefangenen nach Southwark zu schaffen, aber sie waren nicht besonders gut organisiert und fürchteten sich genauso sehr wie die Gefangenen. Sobald sie die Straße erreicht hatten, war es ein Leichtes für Jakob, in der allgemeinen Verwirrung zu entkommen.
In der nächsten Gasse hielt er inne. Im Gefängnis hatte er sich an das Brausen des näher kommenden Feuers beinahe gewöhnt. Draußen auf der Straße fügte ihm der Lärm jedoch geradezu betäubenden Schmerz zu, dröhnte in seinen Ohren und raubte ihm fast die Orientierung. Steine zerbarsten unter den hohen Temperaturen, und es klang, als würde inmitten des Feuers eine Schlacht ausgefochten.
Er drehte sich um, warf einen ersten Blick auf den Brand – und der Schock ließ ihn erstarren. Der Wind, der seit Sonntag aufgekommen war, hatte die Flammen in ein wahres Inferno verwandelt. Es erhob sich über die höchsten Gebäude und ließ alles neben sich zwergenhaft klein wirken. Der Himmel über ihm war schwarz vom Rauch.
Ein Funkenregen fiel auf ihn herab und bedeckte seinen Überrock mit kleinen schwarzen Punkten. Die starke Hitze brannte in seinen Augen und schien sein Gesicht zu versengen. Plötzlich war überall beißender Rauch, der ihn zu ersticken drohte. Er konnte nichts mehr sehen, seine Lungen rebellierten. Fast wie lebendige Wesen verfolgten die Flammen eine boshafte Absicht: alles, was sich ihnen in den Weg stellte, zu vernichten.
Es gelang ihm, das lähmende Entsetzen abzuschütteln, und er drehte sich um und lief weiter durch die dicke Aschenwolke, die in der Straße umherwirbelte.
Bestimmt war sein vorübergehendes Quartier in der Stadt inzwischen verbrannt. Zu dem Haus in St. Martin’s Lane zu gehen hatte ebenfalls keinen Sinn, denn die Nachricht, die er dorthin geschickt hatte, war unbeantwortet geblieben. Außerdem brannte er nicht gerade darauf, sich seinem Großvater als entlaufener Sträfling zu präsentieren. Nun, da er frei war, bedauerte er es, diese Nachricht überhaupt geschickt zu haben.
Er blieb stehen, um sich zu vergewissern, wo er war, und musste husten.
Plötzlich dachte er an den Augenblick, da der Verwalter jener Dame die Pistole auf ihn gerichtet hatte. Jakob hatte sich flach hinter ein Blumenbeet gelegt, das ihm zumindest etwas Schutz bot. Der Verwalter hatte abgedrückt, aber es war ein Fehlschuss gewesen. Jakob bezweifelte nicht, dass der Mann beabsichtigt hatte, ihn dort auf dem Dach von Godwin House zu erschießen.
Er hatte das Debakel nur wegen einer Fehlzündung überlebt und weil Lady Desirée fest entschlossen war, ihn lebend vor ein Gericht zu bringen. Ihm fiel ein, wie sie ihn mit der Pistole in Schach gehalten hatte, die sie ihrem Angreifer entwendet hatte. Dass sie Mut besaß, stand außer Frage, aber das Feuer würde sich weder von ihrer Würde noch ihrer zurückgezogenen Lebensweise besänftigen lassen – und es war nicht einmal das einzige Risiko für ihre Sicherheit. Bestimmt war sie längst aus ihrem großen Haus geflohen, nur hätte Jakob zu gern gewusst, wohin sie gegangen war.
Er war vollkommen bedeckt von Schmutz und Asche, nichts als ein weiterer Mann auf der Flucht vor dem Feuer. Solange er nicht einem Angehörigen von Lady Desirées Haushalt begegnete, würde ihn niemand erkennen. Vielleicht würde er einen Menschen finden, der ihm sagen konnte, was er wissen musste. Er verdankte Lady Desirée sein Leben. Und er war fest entschlossen, diese Schuld zu begleichen.
Desirée stand in ihrem Dachgarten, in der Hand den Schlüssel für das Tor, das zum Fluss führte. Wie in Trance starrte sie auf die brennende Stadt. Abgesehen von ein paar Männern, die das Haus vor Plünderern schützen sollten, war sie allein in Godwin House. Sie fragte sich, ob Arscott oder Benjamin Finch überhaupt wussten, dass sie sie zurückgelassen hatten.
In dem Bemühen, die Einrichtung des Hauses in Sicherheit zu bringen, war niemandem aufgefallen, dass sie nicht dabei war. Die wertvollsten Gegenstände waren entweder mit einer Kutsche oder einem Lastkahn weggeschafft worden. Arscott hatte den Kahn begleitet, um die verschlossene Kiste zu bewachen, in der Desirées gesamtes Barvermögen aufbewahrt wurde. Mehr als neuntausend Pfund befanden sich in der Kiste, die Einnahmen aus den Besitztümern
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