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Feuerregen (Billy Bob Holland) (German Edition)

Feuerregen (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Feuerregen (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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kann jeder besitzen. Die eigentliche Kunst dabei ist das Formen der Tasche.« Ich öffnete eine Pappschachtel und ließ einen makellos weißen Baseball mit roten Nähten herausrollen. »Sieh mal, du musst die Tasche mit Öl einreiben, dann drückst du den Ball rein und bindest die Finger mit einer Lederschnur drüber. Pass auf.«
    Ich hörte, wie seine Mutter die Fliegendrahttür hinter uns öffnete, und roch den Zigarettenrauch, der von ihrer Hand in die flirrend klare Morgenluft aufstieg.
    »Was macht ihr denn da?«, sagte sie.
    »Der alte Handschuh hier hat bei mir rumgelegen. Ich dachte, Pete kann ihn vielleicht gebrauchen«, sagte ich.
    »Er hat noch nicht gefrühstückt«, sagte sie.
    »Er kommt gleich rein. Wie geht’s denn so, Wilma?«
    Doch sie schloss die Tür, ohne zu antworten. Ich zwinkerte Pete zu, reichte ihm den Handschuh und nahm ihm den Stetson vom Kopf.
    »Dürfen Anwälte eigentlich lügen, Billy Bob?«, fragte Pete.
    »Auf keinen Fall.«
    »Du kannst das aber mächtig gut.«
    »Ja, aber verrat’s niemandem«, sagte ich.
    »Ich doch nicht.« Grinsend kniff er die Augen zu.
    Zwei Tage später wurde Kippy Jo Picketts Kaution auf fünfundsiebzigtausend Dollar festgesetzt. Nachdem sie in die Frauenabteilung des Gefängnisses zurückgebracht worden war, passte ich Marvin Pomroy auf dem Korridor vor dem Gerichtssaal ab.
    »Sie nehmen eine Hypothek auf ihr Haus auf, damit sie die Kaution aufbringen können«, sagte ich.
    Er schaute mich durch die Brille an, wandte dann jäh den Blick ab. »Tut mir Leid«, sagte er.
    »Und all das nur wegen dem Hochmut und der Habgier eines Mannes«, sagte ich.
    »Na klar doch«, sagte er. Er stellte seinen Aktenkoffer auf die Armlehne einer Holzbank und ließ die Schlösser aufschnappen. Er holte ein zwanzig mal fünfundzwanzig Zentimeter großes Tatortfoto heraus und drückte es mir in die Hand, ohne mich eines Blickes zu würdigen. Bubba Grimes’ zerstörte Augen waren mit geronnenem Blut verklebt, das aus den Eintrittswunden gequollen war. »Behalten Sie’s. Ich habe noch ein gutes Dutzend Farbdias für die Geschworenen«, sagte er.
    An diesem Abend besorgte ich für Pete und mich eine große Portion Brathühnchen und ging dann mit ihm unter einer Trauerweide am Flussufer Breitmaulbarsche angeln. Die Sonne stand mattrot am Horizont im Westen, als gäbe sie ihre Hitze an die Dunkelheit ab, die hinter dem Rand der Erde lauerte, und als der Wind über den Fluss wehte, wurde das Gras auf den Wiesen in den schräg durch die Wolken einfallenden Lichtstrahlen sonderbar fahl, und die wilden Blumen schienen sich zu verfärben.
    »Kommen Wilbur Pickett und seine Frau in den Knast?«, fragte Pete.
    »Nicht, wenn ich’s verhindern kann.«
    Petes Gesicht wirkte versonnen, wie immer, wenn er die Welt der Erwachsenen einer Prüfung unterzog.
    »Die Leute sagen, Wilburs Frau hat den Kerl erschossen, weil sie alle miteinander Mr. Deitrich bestohlen haben«, sagte er.
    »Sie irren sich.«
    Er furchte die Stirn, und ich sah ihm an den Augen an, dass ihm eine weitere Frage durch den Kopf ging, wie ein Schmetterling, den er nicht zu fassen bekam.
    »Wenn Mr. Deitrich deine Mandanten hinter Gitter bringen will, wieso sind Mrs. Deitrich und du dann so dicke Freunde?«, fragte er.
    »Irgendwas hat gerade deinen Schwimmer unter Wasser gezogen.«
    Er schlug seine Rute an. Der Korkschwimmer flog samt Vorfach, Bleigewicht und Haken aus dem Wasser und landete im Gras.
    »Er muss sich losgerissen haben«, sagte ich.
    »Verflixt, ich hab gewusst, dass du das sagst.«
    Dann schaute Pete über meine Schulter hinweg auf einen Mercury mit tief gelegtem Chassis und abgesenktem Dach, der durch die Wiese auf uns zukam. Im Dämmerlicht wirkten die ineinander übergehenden Farben rötlich lila, wie ein Bluterguss.
    »Ich mach mich auf den Heimweg«, sagte Pete.
    »Nein, du bleibst hier. Du bist hier daheim. Du musst hier nicht weg, unter keinen Umständen.«
    »Diese Schlägertypen taugen nichts, Billy Bob. Du kriegst nicht mit, was die machen, wenn jemand wie du nicht in der Nähe ist.«
    Ich legte die Angelrute hin und ging auf den Mercury zu, bevor er am Flussufer war. Cholo Ramirez hielt an und stieg aus. Die weite Khakihose saß lässig auf der Hüfte, das gerippte weiße Unterhemd schmiegte sich wie angegossen an seinen Oberkörper. Die braunen Schultern glühten im Abendrot.
    »Was kann ich Ihnen alles erzählen, und inwiefern bin ich gedeckt?«, sagte er.
    »Meinen Sie, durch die anwaltliche

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