Feuerregen (Billy Bob Holland) (German Edition)
doch.«
»Dann hätten sie sich mal vorher überlegen sollen, auf was sie sich da einlassen. So wahr ich Wilbur T. Pickett heiße.«
Wilbur zog ein Baumwollhemd, Jeans und ein Paar Stiefel an, hängte sich eine Taschenlampe, die an einem Lederriemen hing, um den Hals, zäumte einen seiner Palominos auf und ritt ohne Sattel hinaus in die Hügel, hatte sein Gewehr quer über dem Widerrist des Pferdes liegen. Er ritt durch trockene Bachläufe und eine sandige Mulde, die voller roter Pfützen stand. Er ritt einen steilen Hang hinauf, durch Mesquitesträucher und Schwarzeichen, die von einem Buschfeuer versengt waren, zwischen grünen Bäumen hindurch, über felsigen Untergrund und hinauf auf ein Plateau hoch über der Eisenbahnbrücke.
Im Wetterleuchten, das zwischen den Wolken hindurchflackerte, sah er tief unten den Pickup stehen, zu Füßen der Brückenpfeiler.
Er drückte dem Pferd die Stiefelabsätze in die Flanken, lehnte sich zurück, hielt das Gewehr aufrecht an den rechten Arm gestützt und ritt den Hang hinab in die Schlucht.
Der Wind sprang um, und ein widerwärtiger Gestank schlug ihm entgegen, wie eine faulige Chemikalie, wie der Fluss, wenn das Hochwasser zurückging und die Überreste des ertrunkenen Viehs zum Vorschein kamen.
Die beiden Türen am Führerhaus standen offen, und Wilbur hörte Schmeißfliegen in der Dunkelheit schwärmen. Er nahm die Taschenlampe in die Hand, glitt vom Rücken des Pferdes und ging vorne um den Pickup herum.
Jemand saß stocksteif am Steuer, hatte die Hände reglos zu beiden Seiten der Hupe liegen. Graue Haarsträhnen wogten im heißen Wind, wehten um ein Gesicht, das keine Form zu haben schien, das schwarz war wie vermodertes Leder.
Als er die Taschenlampe einschaltete, sah er seine Mutter vor sich, in ihrem Totenhemd, das jetzt vom Grundwasser verschmutzt war, Kinn und Mundwinkel verkniffen, als wollte sie ihn bis in alle Ewigkeit schelten, die Augen schmale Schlitze, die hell wie Fischschuppen waren.
Am nächsten Morgen saß Wilbur in meinem Büro, wirbelte seinen Hut um den Zeigefinger und berichtete mir alles.
»Sie haben das Grab deiner Mutter geöffnet?«, sagte ich ungläubig.
»Aber sicher. Jede Wette, dass es dieser Fletcher war. Jedenfalls hab ich Earl Deitrich bereits angerufen«, erwiderte er.
»Willst du ihn etwa davonkommen –«
Er fasste den Hut an der Krempe und stülpte ihn auf den Kopf. »Meine Mutter war eine duldsame Frau im Geiste Christi. Ich weiß das, weil kein Tag vergangen ist, ohne dass sie’s mir gesagt hat. Sie hat’s meinem Vater so oft gesagt, dass er sich immer Zeitungspapier in die Ohren gestopft hat, wenn er daheim war. Er hat sogar gesagt, sie steigt wieder aus dem Grab und erzählt uns allen, wie nichtswürdig wir wären.
Also hab ich Earl Deitrich Folgendes gesagt. Diese Frau hat einen ihr Lebtag lang auf Trab gehalten. Der bessere Teil von jemand wie Earl Deitrich ist eh am Bein von seinem Vater runtergelaufen, und eher kommt der Tag, wo es in ganz Texas keine Kneipe mehr gibt, als dass Kippy Jo und ich ihn an unsrem Öl beteiligen. Verflucht, wenn der Junge nicht den Hörer aufgeknallt, wieder abgenommen und noch mal aufgeknallt hat.«
16
Für Jeff Deitrich waren allem Anschein nach schwere Zeiten angebrochen. Zumindest erzählte er das Lucas, nachdem er von einem Gespräch mit seinem Vater zurückkam, der ihm erklärt hatte, er hätte zweierlei Möglichkeiten – entweder werde er Esmeralda und ihre Bohnenfresserverwandtschaft los, oder er müsse sich an das Leben gewöhnen, wie es das Gesocks auf den Ölfeldern führte.
»Er hat mich aus dem Mitgliederverzeichnis vom Club streichen lassen. Er hat meine sämtlichen Kreditkarten gesperrt«, sagte Jeff.
»Dann pfeif auf den Club«, sagte Lucas.
»Luke, mein Junge, schwarze Basketballspieler mit orangefarbenen Haaren und nichts als Grütze im Hirn kassieren zwanzig Millionen Dollar pro Saison. Denk mal drüber nach, wo du mit deinem derzeitigen Lohn in zehn Jahren stehst.«
Jeff war von Kindesbeinen an mit Jachten gesegelt und Hochseeangeln gewesen. Er fuhr nach Aransas Pass und versuchte als Bootsführer auf einem Versorgungsschiff für die Ölbohrinseln anzuheuern. Der Reedereibesitzer hörte aufmerksam zu, kaute auf einem Streichholz herum und sagte Jeff, er sollte am nächsten Morgen wiederkommen, dann hätte er vielleicht etwas für ihn. Jeff und Esmeralda nahmen sich in einem Motel hinter einer Fernfahrerkneipe ein Zimmer für zwanzig Dollar die Nacht, und um
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