Feuerregen (Billy Bob Holland) (German Edition)
besorgst. Ich geh kurz duschen, dann fahr ich dich hin. Du kannst ihnen ja erzählen, was für tolle Noten du auf dem College hast. Die sind bestimmt beeindruckt. Aus irgendeinem Grund, Esmeralda, geht’s mir einfach super.«
Lucas erzählte mir die Geschichte am Samstagmorgen, während ich Beau auf der Koppel striegelte. Wir standen im Schatten der Scheune, und die Luft war noch kühl, und der Wind, der vom Fluss her wehte, roch nach nassen Bäumen, wilden Blumen und dem Vieh auf der Weide meines Nachbarn.
»Jeff ist weg?«, sagte ich.
»Der hat auf zehn Meter die Reifen abradiert. Hat mir im Vorbeifahren den Finger gezeigt. Was für ein Typ«, sagte er.
»Wo ist Esmeralda?«
»Die bleibt im Wohnwagen«, sagte er.
Ich richtete mich auf, unterbrach meine Arbeit und legte die Arme auf Beaus warmen Rücken. Lucas blickte auf seine Füße und scharrte im Staub herum. Die Krempe seines Strohhuts war vorne spitz zusammengerollt.
»Sie hat den Job im Restaurant verloren. Sie kommt nirgendwo unter«, sagte er.
»Sie hat Angehörige.«
»Bloß Cholo. Der ist irre.«
»Du sagst es. Halte dich von diesen Leuten fern.«
»Was für Leute sind damit gemeint?«
»Mach daraus kein rassistisches Ding. Du weißt genau, was ich meine«, sagte ich.
»Soll ich sie etwa fortjagen? Sie genauso behandeln wie Jeff?«
Ich öffnete das Tor an der Koppel und führte Beau hinaus auf die Weide.
»Ich glaube, das Leben war noch viel einfacher, als ich in eurem Alter war«, sagte ich.
»Yeah, ich nehme an, deswegen bin ich hier«, erwiderte er.
Am Sonntagmorgen bekam ich einen Anruf aus dem Bezirksgefängnis. Wesley Rhodes, mein schwachköpfiger Mandant mit der Hasenscharte und der platten Nase, war drei Tage auf freiem Fuß gewesen, dann war er an diesem Morgen um vier Uhr früh wegen Drogenbesitzes, Fahrens ohne Führerschein und Erregung öffentlichen Ärgernisses aufgegriffen worden.
Ich wartete darauf, dass der Beschließer, ein fetter, schwitzender Mann, dessen Hose tief am Hintern hing, Wesleys Einzelzelle im Dachgeschoss des Gerichtsgebäudes aufsperrte.
»Warum ist er nicht in der Arrestzelle, L.J.?«, fragte ich.
»Die ist am Samstagabend immer voll. Der Bundesrichter scheißt uns deswegen ständig an«, erwiderte er.
Ich setzte mich auf die an Ketten aufgehängte Eisenpritsche gegenüber von Wesley. Draußen stand die Sonne inzwischen in Höhe der Baumwipfel, und das durch die Gitter fallende Licht warf verschlungene Schattenmuster auf sein Gesicht. Er trug ein dunkelblaues, durchsichtiges Hemd, ein mit Stacheln bewehrtes Hundehalsband und künstlich gebleichte Jeans, die an einem straff gezogenen Gürtel unter seinem Nabel saßen. Seine weit auseinander stehenden grünen Augen stierten mich mit starrem, aber wachsamem Echsenblick an.
»Was hast du bei dir gehabt, Wesley?«, sagte ich.
»Blaue. Die sind seit zwei Tagen im Umlauf.«
»Dilaudid?«
»Die warn nicht für mich. Es gibt da ’nen Mann, mit dem ich manchmal zusammenkomme. Der verkocht sie. Sie sind sicherer als das H, das vom Valley raufkommt.«
»Weswegen wirft man dir Erregung öffentlichen Ärgernisses vor?«
»Ich hab im Park geschifft.«
»Gehst du anschaffen, Wes?«
Er senkte die Augen, hielt sich an der Pritsche fest und schaukelte vor und zurück.
»Er führt mich manchmal zum Essen aus und kauft mir Klamotten, das ist alles. Ich muss aus dem Knast raus. Die machen mir Angst.«
»Inwiefern?«
»Zwei Moppköpfe, Sie wissen schon, Dreadlocks, Jamaikaner, ham allerhand Blaue und Bunte vertickert. Es geht das Gerücht, dass sie Jeff Deitrich ausgenommen haben.«
»Und?«
»Ich war in Handschellen im Streifenwagen, zusammen mit ’nem Freund, während der Deputy meinem Vater sein Auto auseinander gelegt hat. Ich hab meinem Freund erzählt, dass Jeff von den beiden Typen reingelegt worden ist. Dann kommt der Deputy zum Streifenwagen zurück und nimmt einen Kassettenrecorder vom Vordersitz. Er spielt ihn ab, hört sich jedes Wort an, was ich gesagt hab, und glotzt mich die ganze Zeit an, als ob ich was ganz Schlimmes gemacht hätte.
›Das ist illegales Abhören‹, sag ich.
Sagt er: ›Bleib du lieber dabei, dass du die Schwester von ’nem reichen Junkie bist, du Spinatstecher. ‹ Dann wollt er mich nicht in die Arrestzelle sperrn. Wieso sind Sie so stinkig, Mr. Holland? Etwa weil ich Ihnen gesagt hab, dass Sie das Band nicht benutzen können?«
»Du kannst nicht davon ausgehen, dass du auf dem Rücksitz eines Streifenwagens so was wie
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