Feuerregen (Billy Bob Holland) (German Edition)
britischen Army geflogen sind, und dergleichen mehr. Aber wir haben allerhand Weiße vor den Kanaken und Buschnegern gerettet.‹«
Marvin stockte, zwinkerte ein paarmal.
»Was hat das mit meinen Mandanten zu tun?«, fragte ich.
»Allerlei Politikerpack aus Austin ruft mich ständig wegen Wilbur und Kippy Jo Pickett an, so als würde ich mich irgendwie nicht richtig hinter die Sache klemmen. Dann begegne ich diesem Fletcher Grinnel, der anscheinend meint, er könnte mir mit seinen rassistischen Sprüchen kommen, so als ob wir der gleichen weißen Bruderschaft angehören. Folglich habe ich einen Bundesagenten in Washington angerufen, der mir einen Gefallen schuldet, und ihn gebeten, den Typ zu überprüfen.
Grinnel stammt aus Neuseeland und hat die amerikanische Staatsbürgerschaft angenommen. Außerdem war er für ein paar ausgesprochen ekelhafte Leute in Südafrika und im ehemaligen Belgisch-Kongo tätig. Menschen zu verstümmeln hält er für einen großen Jux.«
»Steht das in seiner Akte?«
»Nein. Grinnel hat mir erzählt, sein Freund, der ehemalige Banker, der solche Hosenanträger trug wie ich, hätte Halsketten aus menschlichen Ohren und Fingern gemacht, die er gegen Elfenbein und Rhinozeroshörner eintauschte. Grinnel sagte, sein Freund hätte einem Mann einen brennenden Reifen um den Hals gelegt und seine Angehörigen zuschauen lassen.«
Marvin saß reglos da, wirkte gedankenverloren, so als kämen ihm die eigenen Worte fremd vor, kümmerte sich nicht darum, dass ihm eine Haarsträhne in die Brille hing.
»Ich glaube, hin und wieder wird uns ein Blick in die Augen eines Menschen gewährt, der uns kurz zuvor noch völlig normal vorkam, und plötzlich schauen wir in den tiefsten Abgrund der Hölle«, sagte er. »Aber vielleicht liegt das nur an meiner strenggläubigen Erziehung.«
Mit ernstem Blick wandte er sich an mich, als wartete er auf eine Stellungnahme.
An diesem Abend fuhr Wilbur Pickett mit einem Tieflader auf meinen Hinterhof und stieg mit einer Viertelliterflasche Whiskey in der Hand aus dem Führerhaus. Seine Haut war eingestaubt, das verwaschene Jeanshemd bis zur Brust aufgeknöpft, der zerbeulte Hut mit Schmutz verschmiert.
»Du hast schwere Schlagseite, mein Guter«, sagte ich.
»Ich bin an einem Tag zwei Jobs losgeworden. Der Bohrmeister am Ölturm hat mich einfach entlassen, und der Brunnenbauboss hat gesagt, es war ihm peinlich, dass er einen Rodeomann für Negerarbeit eingestellt hat. Hat mir erklärt, dass er mich aus lauter Hochachtung feuert. Wie sieht’s denn da mit ’ner Abfindung aus?«, sagte er.
»Warst du betrunken?«
»Nein. Aber ich arbeite dran.«
»Warum haben sie dich rausgeschmissen?«
Er setzte die Flasche an, trank aber eher zaghaft, vermutlich nicht mehr als einen Fingerhut voll Whiskey, der unter dem Glas in der Sonne aufleuchtete.
»Jemand hat sich an sie gewendet. Jemand namens Earl Deitrich, nehm ich an«, sagte er.
»Wir können etwas dagegen unternehmen«, sagte ich.
»Nein, kannst du nicht. Er ist der Mann mit dem Geld und dem Einfluss. Ich hab gedacht, die Leute hier in der Gegend stehn hinter einem der Ihren. Aber so was bildet sich bloß ein Blödmann ein, mein Junge.«
»Komm rein.«
»Nix da. Ich geb auf. Ich lass mich auf ’nen Kuhhandel mit diesem Pomroy ein.«
»Was?«
»Ich überlass Earl Deitrich unsere Bohrstelle in Wyoming. Weder ich noch Kippy Jo wollen in den Knast.«
Er versuchte meinem Blick standzuhalten, gab es dann auf und setzte die Flasche wieder an.
»Ist doch egal, was dir Deitrich oder seine Leute erzählt haben. Marvin Pomroy will mit so was garantiert nichts zu tun haben. Und ich, ehrlich gesagt, auch nicht«, sagte ich.
»Dann besorg ich mir ’nen andern Anwalt.«
»Von mir aus, Sir.«
»Ich bin kein ›Sir‹. Ich bin gar nix. Aber wenigstens schlaf ich nicht mit der Frau von dem Mann, der meine Freunde hinter Gitter bringen will.«
Er wirkte mürrisch, betreten und vorwurfsvoll zugleich, machte eine Miene wie ein kleines Kind. Ich drehte mich um und ging wieder ins Haus. Ich hörte, wie er die offene Whiskeyflasche ins Zwielicht schleuderte, dann seinen Laster anließ und eine Pappel streifte, als er zur Straße zurücksetzte.
Was konnte ich für Wilbur tun? Schlicht und einfach gar nichts. Am nächsten Morgen fuhr ich hinaus zu seinem Haus in der Einöde. Als ich mich dem Anwesen näherte, donnerte ein 49er Mercury in entgegengesetzter Richtung an mir vorbei.
Kippy Jo saß auf der Treppe vor der
Weitere Kostenlose Bücher