Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feuerscherben

Feuerscherben

Titel: Feuerscherben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmine Cresswell
Vom Netzwerk:
er gut beim Scrabble war? Es gab so viel, was sie nie erfahren würde.
    Diese Erkenntnis machte sie unsagbar traurig. Ihre Gedanken schweiften ab, und sie versank in sanfte friedliche Dunkelheit.
    Als jemand an die Tür trommelte, brauchte sie beinahe eine volle Minute, bis ihr klar wurde, dass der Lärm keine Wahnvorstellung war, sondern reine Wirklichkeit.
    »Claire, bist du da? Mach auf, Liebling. Was ist los? Meine Güte, mach endlich auf!«
    »Ben?« Mühsam richtete Claire sich auf und lehnte sich an die Tür. Die Hitze brannte auf ihren Wangen, und sie weinte vor Erleichterung. »Ich kann die Tür nicht öffnen, Ben. Sie ist verklemmt.«
    »Verstehe. Ich drücke von hier, und du ziehst.«
    »Das reicht nicht«, schrie sie verzweifelt. »Du brauchst etwas, um das Schloss herauszudrücken. Die Tür hat sich von der Hitze verzogen. Beeil dich, Ben. Mein Schmelzofen kann jeden Moment explodieren.«
    Er verschwendete keine Zeit mit weiteren Fragen. »Dreh den Griff so, dass sich die Tür normalerweise öffnen müsste, und tritt ein Stück zurück. Aber nicht zu viel. Hast du verstanden?«
    »Ja.« Claire drehte den Griff in die entsprechende Richtung und legte den kleinen Riegel vor, damit der Schnapper in dieser Stellung blieb. »Erledigt«, rief sie.
    »Ich habe einen Feldstein aus deinem Vorgarten geholt und werde das Schloss jetzt einschlagen. Ist bei dir alles klar?«
    Ja.«
    Claire hörte, wie der Stein auf das Holz schlug. Die Tür vibrierte, öffnete sich aber nicht. Ben schlug erneut zu und noch einmal. Die Tür erbebte in ihren Angeln und flog mit solch einem Schwung auf, dass Ben zusammen mit dem Steinbrocken in die Diele stürzte.
    Er warf einen raschen Blick auf den fauchenden Schmelzofen, packte Claire an den zusammengebundenen Handgelenken und zerrte sie ins Freie. »Schnell«, rief er. »Bei dem zusätzlichen Sauerstoff kann der Ofen jeden Moment in die Luft fliegen.«
    Claire konnte sich kaum auf den Beinen halten und erst recht nicht über den holprigen Boden rennen. Ben blieb stehen und hob sie auf seine starken Arme. Er war höchstens hundert Meter die Straße hinabgelaufen, da erfolgte die Explosion. Geistesgegenwärtig warf er Claire auf den Rasen eines Nachbarhauses und schützte sie mit seinem Körper.
    Als der Donner der Explosionen endlich nachließ, hob er den Kopf und sah sie besorgt an. »Alles in Ordnung, Liebling? Bist du verletzt?«
    »Nein, es ist alles in Ordnung.« Sie blies einen Grashalm von der Nase und sah ihn durch ein Gewirr aus verschwitzten Haarsträhnen und baumelndem Klebeband an. »Spielst du Scrabble?«, fragte sie.
    »Scrabble?«, wiederholte Ben verblüfft. Dann verzog er lächelnd die Lippen. »Aber sicher«, antwortete er.
    »Schön«, sagte sie und wurde ohnmächtig.
    Als Claire wieder zu sich kam, hatten die Sanitäter sie auf eine Trage gelegt und schoben sie gerade in den Krankenwagen. Ben stand neben ihr, und Andrew beugte sich mit besorgter Miene über sie.
    »Es tut mir so leid«, sagte Claire und drückte seine Hand. »Es tut mir schrecklich leid, Dad.«
    »Meine Güte, Claire. Wir müssen uns bei dir entschuldigen«, antwortete er. »Du hast gewiss keinen Grund dafür.« Verlegen tätschelte er ihre Hand. »Wir bringen dich jetzt ins Krankenhaus, damit du gründlich untersucht wirst und wieder genügend Flüssigkeit in die Adern bekommst. Morgen um diese Zeit geht es dir bestimmt schon viel besser.«
    Hätte ihre panische Angst etwas länger zurückgelegen und wäre sie nicht fiebrig vor Schmerzen gewesen, hätte Claire ihre Worte sorgfältiger gewählt. So klang ihre Beschuldigung wie eine Verdammung. »Roger hat versucht, mich umzubringen«, stieß sie hervor. »Nicht nur diesmal, sondern auch damals in Vermont und in New Jersey.«
    »Ich weiß«, sagte Andrew und verzog schmerzlich das Gesicht. »O Claire, es ist alles so entsetzlich … «
    Ben trat vor und legte seine Hand zärtlich auf ihre Stirn. »Die Polizei sucht schon nach ihm, Claire. Er wird nicht weit kommen und dir nie wieder etwas antun. Das verspreche ich dir.«
    »Ich verlass mich auf dich«, sagte sie. Erschöpft schloss sie die Augen und schlief erneut ein.
    Roger saß in seinem Wagen und schaltete die Frühnachrichten aus. Vor Schreck über die Erkenntnis, dass sein Plan gescheitert war, wurde ihm eiskalt. Das Luder war nicht tot, und die Polizei hatte eine Fahndung nach ihm ausgeschrieben. Hätte er versucht, Boston zu verlassen, und wäre er gestern nicht so klug gewesen, das Auto

Weitere Kostenlose Bücher