Feuersteins Drittes
gehören, die von Chiang Rai unbedingt die letzten paar Kilometer hoch zum Mekong fahren wollen, zum Dreiländereck Thailand-Laos-Birma: Vergessen Sie das. Nirgendwo ist der Mekong trostloser, und für das Erinnerungsfoto an der Plastiktafel mit der Aufschrift Golden Triangle müssen Sie eine halbe Stunde Schlange stehen, weil vor Ihnen ein paar hundert Japaner und Taiwanesen dieselbe Idee hatten. Biegen Sie lieber zwanzig Kilometer vorher nach links ab und fahren Sie die gewundene Straße hinauf nach Doi Tung mit den Dörfern und Werkstätten, dem üppigen Park und dem eigentlich ziemlich bescheidenen Holzpalast der Königsmutter. Und wenn Sie schon mal da sind: Von hier sind es nur wenige Kilometer zur neuesten Touristenattraktion Nordthailands, der Hall of Opium, ebenfalls nach der »Himmelsmutter« benannt, wo Sie alles über die Drogenkultur erfahren, was Sie sonst in dieser Gegend niemals zu fragen wagen, weil Sie nicht sicher sein können, ob der Typ neben Ihnen nicht ein Drogenpolizist ist oder ein Opiumhändler der immer noch recht aktiven Shan-Armee... oder womöglich beides zugleich. Alles ganz toll und aufwäntlig gemacht, nach dem letzten Stand der Technik vom interaktiven Video bis zum Hologramm. Nur der kleine Blumengarten des Museums mit dem rosa blühenden Schlafmohn und seinen faustgroßen Kapseln ist aus Plastik. Das Risiko, dass jemand nachts zur Ernte kommt, war den Behörden dann doch zu groß.
Natürlich verblieb der gelbe Stadtpalast auch nach dem Tod der großen alten Dame im königlichen Besitz, doch wurden die Regeln nach der Übernahme durch die Erben deutlich gelockert: Da seine Frontseite samt Garten durch dichten Baumbestand ohnehin gegen jedes neugierige Auge undurchdringlich abgeschirmt ist, entfiel das Verbot von Hochhausbauten rundherum. Aus hunderttausend Quadratmetern Parkparadies waren über Nacht hunderttausend Quadratmeter Bauland geworden. In der teuersten Ecke der Stadt.
Sofort waren die Investoren wieder da. Und diesmal war ihr Angebot so hoch, dass kein Hotel der Welt hätte dagegenhalten können. Der Pachtvertrag, ohnehin immer nur auf zehn Jahre geschlossen, wurde nicht mehr erneuert. Das Interconti wurde zum Abriss freigegeben.
Im Frühjahr 2002 waren wir zum letzten Mal dort. Alles war wie immer, und das machte den Abschied besonders schmerzlich: Der Neun-Uhr-Pfau war pünktlich zur Stelle, die beiden Aras ließen sich mit Weintrauben füttern und beschimpften uns trotzdem, und das dumme Huhn wandelte schmachtend im Schatten des Pfaus seiner Träume.
Zum Glück befreite uns Khun P’pi von der allerschlimmsten Sorge. Allen Tieren würde es gut gehen, da sei Buddha vor, der Schützer des Lebens. Die Enten, Gänse und Pelikane kämen hinüber in den Garten des Lotusteich-Palastes und die hoch neurotischen Papageien fänden Asyl im Dusit-Zoo. Den Schwänen und Pfauen aber würde allerhöchste Ehre erwiesen: Sie dürften in den Park meines alten Bekannten aus Wien übersiedeln — jawohl, in den Palastgarten von König Bhumipol persönlich. Natürlich zusammen mit dem dummen Huhn.
Zwei Monate später begann der Abriss des Hotels, und als ich im Herbst wiederkam, war nichts mehr davon übrig. Von der Plattform der Hochbahn aus, an der Stadon »Siam Center«, war nur noch eine riesige Baustelle zu sehen, mit unzähligen Kränen und einer großen Tafel mit dem Hinweis, dass hier das Varagon entstehen würde, ein Einkaufstempel, wie ihn die Welt noch nie gesehen hat.
Wolpers habe ich übrigens ins Interconti nie reingelassen.
EINE FLUSSFAHRT IN BIRMA
Mjönma oder so ähnlich
Schuld war diesmal nicht Wolpers, sondern Don Williams, unser Mann in Birma 28 , unerlässlich für Hotelbuchungen, Flüge und Behördenkram. Er ist so groß wie ich und eine Milliarde Asiaten, beflissen und liebenswert, leider aber völlig konfus. Und so hatte er uns für die dreitägige Schiffsfahrt auf dem Irrawaddy zur falschen Anlegestelle geschickt und damit eine Menge Ärger eingebrockt. Aber eins nach dem andern.
»Wie kann man in eine Militärdiktatur wie Burma reisen?«, fragen viele Moralisten und sämtliche WDR-Redakteure, und ihre Stirnfalten verkünden Missbilligung. Meine auch, denn »Burma« ist falsch, das ist der alte englische Name. Im Deutschen sagt man »Birma«, aber eigentlich ist das auch falsch, denn offiziell heißt das Land »Myanmar«. Doch so unterschiedlich die drei Namen auch geschrieben sein mögen, im Klang sind sie identisch: »Mjönma« sprechen es die
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