Feuersteins Drittes
und dieser komische kleine Kerl mitten auf der Brücke des River Kwai >PENIS!< ins Abteil gebrüllt hat?« — »O ja, John. Bestimmt so ein Sextourist aus Deutschland.«
Das Kunstwerk scheiterte, Stefan hatte unbrauchbare Bilder geliefert. Er ist eben doch nicht immer der Größte.
Abschied vom dummen Huhn
Was wohl aus dem dummen Huhn geworden ist? Aus dem schwarzen Schwan? Und dem schönsten Gänse-Ehepaar von Südostasien und Umgebung? Ob sie jetzt wirklich im Königspalast wohnen, da es ihr Heim nicht mehr gibt, das verträumte Interconti und seinen Garten?
Über fünfundzwanzig Jahre lang war das Siam Intercontinental Hotel, wie sein voller Name lautet, meine Absteige in Bangkok. Nicht, weil es besonders luxuriös war — dafür war es im Laufe der Jahre schon zu gebrechlich geworden, um mit den anderen Nobelherbergen der Stadt ernsthaft zu konkurrieren, viel zu altmodisch in Zimmergröße und Ausstattung. Aber gleich hinter der Eingangshalle lag dieser Garten... Was heißt »Garten«: ein tropisches Park-Idyll vom Feinsten, hunderttausend Quadratmeter mit Teichen und Kanälen, mit Palmen, Baumriesen, Orchideen und Luftwurzeln, mit Blumengarten und Bambuswäldchen, und mit seinen wunderbaren Dauergästen: Pfauen, Schwänen, Enten und Gänsen, die frei und unbeschwert über die Wiesen wandeln durften, sowie drei ehrwürdigen Pelikanen, die wie schmutzig graue Denkmäler auf Holzpflöcken mitten in einem der Teiche hockten.
Verlief man sich weiter hinten im kleinen Regenwald, stieß man auf Volieren mit Zwerghühnern, deren beide Hähne den ganzen Tag damit beschäftigt waren, sich gegenseitig die Mädels abzujagen, sowie auf einen Schwarm weißer Tauben, die tatsächlich so friedlich waren, wie man uns immer vorgesungen hatte, als es die DDR noch gab. Als Nachbarn hatten sie zwei Vertreter jener Papageienart, die in den Kreuzworträtseln am häufigsten vorkommt, in der freien Natur aber nur noch ganz selten: zwei Aras, rot gefiedert und fast genauso alt wie ich, aber noch mürrischer und ungeselliger, falls das überhaupt möglich ist. Früher gab es auch noch einen leicht erregbaren Nashornvogel, der gleich am Eingang des Gartens in seinem Käfig lauerte und manche Gäste so laut anschrie, dass sie gleich wieder kehrtmachten und ins vornehme Oriental übersiedelten, wo nur hohe, aber keine lauten Tiere wohnen.
Natürlich gab es auch Fische in allen Größen, die man im sumpfig braunen Wasser allerdings nur erahnen, aber so gut wie nie sehen konnte. Hin und wieder platschte und brodelte es, wenn sich eine scheue Schildkröte entdeckt fühlte und erstaunlich gewandt vom Uferrand ins Wasser sprang. Und bei nächdichen Rundgängen musste man gut aufpassen, nicht auf einen Frosch zu treten, der sich die moderne Technik zu Nutze gemacht hatte und am Wegesrand unter einer Glühbirne wartete, weil er wusste, dass die Insekten dem Licht nicht widerstehen können.
Nun findet man paradiesische Hotelparks gewiss auch noch anderswo auf der Welt, in kleinen Kurorten, auf endegenen Südseeinseln oder weit hinter dem Stadtrand rund um ein altes Schloss. Aber der Wahnsinn des Interconti bestand darin, dass es mitten in Bangkok lag, im quirligen Nobelzentrum direkt um die Ecke des Siam-Center, dem Designer-Wunderland, wo sich die beiden Linien der erst vor wenigen Jahren gebauten Hochbahn kreuzen und von wo aus man, ob man will oder nicht, schon nach zwei Stationen in Patpong landet, dem Fleisch gewordenen Albtraum von Ramsch und Sex.
Flach geduckt, in einer Mulde zwischen den Hochhäusern, wussten nur Kuntlige, was sich gleich hinter dem Eingang versteckte: zehn satte Hektar des teuersten Bodens, den Bangkok zu bieten hat — und nichts darauf als Landschaft und Tiere. Der Grund dafür konnte nur ein Märchen sein. Und das war es auch. Ein königliches noch dazu.
Der Märchenonkel war König Mongkut 25 , der vierte Herrscher der gegenwärtigen Chakri-Dynastie und als Rama IV. Urahne des heutigen Königs Bhumipol. Mitte des 19. Jahrhunderts ließ Mongkut an dieser Stelle — damals noch weit außerhalb der Stadtgrenzen gelegen — auf einer Fläche von zwanzig Hektar einen Lustgarten nebst Minipalast anlegen. Hundert Jahre später baute dann Bhu-mipols Vater das Anwesen großzügig aus, nannte es Sra Vathum , »Lotusteich-Palast«, und zog selbst darin ein — man will ja im Alter seinen Kindern nicht zur Last fallen.
Seit seinem Tod residierte die Königsmutter 26 dort allein. Möglich, dass ihr der Garten zu groß
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