Feuersteins Drittes
unserer Transaktionen ein. Natürlich händiigte er uns die falschen Unterlagen aus, für ein Ehepaar, das erst morgen kommen würde, und natürlich verrechneten wir uns mehrfach beim Addieren und dem anschließenden Geldzählen. Aber da die Übergangszeit zum Inlandsflug mehr als zwei Stunden betrug, mussten wir wenigstens nicht gelangweilt in einem Wartesaal sitzen und auf Anzeigetafeln starren, die ohnehin nicht funktionierten.
Der Inlandsflughafen von Yangon liegt zwar nur um die Ecke des internationalen Teils, aber wegen des Gepäcks braucht man ein Taxi. Mr. Williams war ungehalten, weil der Taxifahrer für die Strecke einen ganzen Dollar verlangte, und nicht, wie für Einheimische üblich, einen halben, und als ich einen zweiten Dollar drauflegte, weil ich kein Einheimischer bin, sondern ein Big Spender, der einen Ruf zu wahren hat, warf er mir einen missbilligenden Blick zu und murmelte, wie sehr doch die Touristen die Preise im Land verdürben. Wahrscheinlich hatte er Recht, denn die beiden Kofferträger, die ich vorher mit je einem Dollar entlohnt hatte, machten ein ziemlich unglückliches Gesicht, was ja nun gar nicht zur weltwirtschaftlichen Position Birmas passte. Denn ein Dollar, schwarz eingetauscht für das Vielfache des amtlichen Kurses, ist hier ein Haufen Geld, zwar nicht gleich die halbe Miete, aber ein solides Abendessen allemal. Doch gleich danach wurde mir klar, was ich falsch gemacht hatte: Meine Geldscheine waren alt und zerknittert, hier aber will man die Dollar glatt und neu. Warum, ist nicht unbedingt logisch, denn die einheimischen Kyat-Scheine (»Tschät« ausgesprochen) werden von jedermann ohne Zögern auch in erbärmlichstem Zustand angenommen. Vielleicht, weil der Dollar in diesem bitterarmen Land so was wie ein Fetisch ist, ähnlich wie in Indonesien, wo stark gebrauchte Scheine sogar von den Banken abgelehnt werden? Es ist daher wichtig, bei Reisen in diese Länder — und dazu zählen auch Vietnam und Kambodscha — nicht nur ein großes Bündel einzelner Dollarnoten mitzunehmen, da Wechselgeld fast nie vorhanden ist, sondern zusätzlich von der Hausbank zu verlangen, nur druckfrische Scheine hinzublättern. 29 Denn Dollarnoten wandern hier in den Sparstrumpf, nicht in den Umlauf, und unwissentlich hatte ich den beiden Trägern eine gar nicht so einfache Prozedur aufgezwungen: Sie mussten anschließend meine beiden Dollar säubern und bügeln, die in solchen Fällen hier übliche — und weltweit wohl einzige legale — Form der Geldwäsche.
Dankbar nahmen wir Abschied von Mr. Williams, dennoch wussten wir nicht, dass er uns morgen mit der falschen Anlegestelle die Schiffsreise verderben würde; und ebenso wenig wussten wir, dass er den falschen Flug gebucht hatte: Statt der flinken Nonstop-Maschine nach Mandalay, die gerade zum Einsteigen bereit war, hatte er uns für elende Stunden später eine Langversion angedient, mit Zwischenstopp in den Shan-Bergen. Und so umarmten wir arglos und herzlich denselben Mann, den wir nur zehn Minuten später furchtbar beschimpfen und am nächsten Tag zur Ermordung freigeben würden.
Die Halle für den Inland-Abflug hat nur noch wenig von dem ordentlichen, disziplinierten Weltflughafen von nebenan. Hier scheint das Chaos zu regieren — freilich nur im Tunnelblick unserer westlichen Augen, weil wir erzogen wurden, uns auf Anzeigetafel und Bildschirme zu verlassen. Fehlen diese, werden Überlebensinstinkte aus der Höhlenzeit wach, primitive Herdentriebe: Wir werden zu Büffeln, die voller Panik dem Aussterben entgegendonnern, zu klippenspringenden Lemmingen. Und so wühlten wir uns sinnlos durch falsche Warteschlangen und rannten, wann immer menschenähnliche Laute aus dem Lautsprecher krächzten, zu falschen Ausgängen. Bis dann endlich auch bei uns die große Ruhe Buddhas einkehrte und wir gelassen sitzen blieben, bis einer kam und uns sagte, dass wir dran seien. Darauf kann man sich tatsächlich verlassen: Es kommt IMMER jemand. Westliche Flughafenhöllen wie die verzweifelte Koffersuche vor den Gepäckschleudern von Miami, der lächerliche, sinnlose Versuch, im Terminal von München-Erding sein geparktes Auto jemals wieder zu finden, oder gar das »Phantom von Kelsterbach«, jene ältere Dame, die angeblich schon seit seiner Eröffnung durch den Frankfurter Flughafen geistert, weil sie den Ausgang nicht findet, sind hier undenkbar. Südostasien ist das Dienstleistungsparadies schlechthin. Endlich habe ich verstanden, warum hier jeder Job
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