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Feuersteins Reisen

Feuersteins Reisen

Titel: Feuersteins Reisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Feuerstein
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über Funk seine Vorhaben bekannt zu geben, für den Fall, dass sich im Luftraum eine andere Maschine in der Nähe befindet. Hier entfaltete Franz sein Österreich-Gen Nr. 4: Grandiose Sprüche. Seine Startmeldungen hatte die Bedeutung eines Raketenstarts in Cape Canaveral. »Calling all stations!«, schrie er in den Äther, gefolgt von mehr Daten als damals bei der ersten Mondlandung.
    Sofort nach dem Start war Franz verschwunden, und den restlichen Flug verbrachten mein Muffler und ich damit, ihn zu suchen. Tatsächlich fanden wir ihn ab und zu, aber immer nur ganz kurz. Es war ausgemacht, eng nebeneinander her zu fliegen, so dass mich Stephan gut sichtbar in der anderen Maschine filmen konnte. Aber das erschien Franz zu gefährlich. Nach seiner Auslegung besagt die Vorschrift, dass man, sobald man das andere Flugzeug mit bloßem Auge sieht, schon viel zu nahe dran ist. Und weg war er.
    Da mein Muffelpilot nicht mit Franz reden wollte, versuchte ich es selber. »Franz, wo seid ihr?«, fragte ich vorsichtig über Funk.
    »Calling all stations! I am here! I am here!«, krächzte es aus dem Lautsprecher. — Aha.
    Auch sein Strandanflug für die Eröffnungsszene wurde eine Katastrophe. Ich hatte mich weit draußen auf eine — flutfreie — Sandbank gestellt und hörte über Funk, wie Franz allen Stationen der Welt ständig das Neueste über Flugzeugtyp, Höhe, Geschwindigkeit, Wetter und die aktuellen Börsenkurse mitteilte. Aber er selber blieb unsichtbar. Er traute sich einfach nicht aufs Wasser runter und blieb in der vorgeschriebenen Minimalhöhe von 15 o Fuß, und auch das nur in viel zu großer Entfernung.
    »Ein letztes Mal«, baten wir ihn, als die Sonne schon tief am Himmel stand.
    »Calling all stations! I’m coming!! I’m coming!«, schrie Franz mit der Gewalt eines sich unaufhaltsam aufbauenden Orgasmus. Aber es kam nichts. Weder Franz noch der Orgasmus.
    Der Hubschrauber kam auch nicht. Eine Telefonleitung musste dringend vermessen werden, sagte man uns. Die Leute warteten dort schon sechzig Jahre darauf, da dürfe man keinen weiteren Tage mehr verlieren. Aber morgen wäre er wieder da. Morgen war unser vorletzter Drehtag.
    Da wir immer noch keine brauchbare Anfangsszene hatten, wurde das Hubschrauberproblem zum Dauergespräch, zur Obsession. Wir ertappten uns dabei, wie wir ständig zum Himmel schauten, mit gespitzten Ohren, selbst im Hotel. Er musste ja kommen. Ohne ihn waren wir verloren.
    Einmal riss sich Erik plötzlich die Kopfhörer von den Ohren, sah uns bedeutungsvoll an und sagte einen ganzen Satz, den einzigen auf dieser Reise: »Ich glaube, ich hab einen Hubschrauber gehört.« Es war aber ein Wackelkontakt.
    Wir merkten nicht, wie wir uns veränderten, wir spürten nicht, dass sich in uns das Wunder des Glaubens vollzog. Wir starrten nach oben und warteten auf den Messias, den Hubschrauber, der uns eine brauchbare Anfangsszene bescheren würde. Cargo-Kult nennt man das. Die Erlösung von oben. Wir waren zu Glaubensbrüdern der John-Frum-Sekte geworden, ohne es zu wissen.
    In einem Anflug von Atheismus beschlossen wir, uns doch noch nach einer Alternative umzusehen, und das war gut so, denn der Hubschrauber war auch am letzten Drehtag noch nicht da. Ich schlug eine Szene nach der Art Hollywoods vor: Wie ich mit dem Buschmesser einen Pfad durch die grüne Hölle des Regenwalds schlage, ein kleiner Jäger des verlorenen Schatzes.
    Das klang gut, war aber gar nicht so einfach. Denn der dichte Regenwald, das Innere fast aller Inseln, ist immer auch Tabu-Gebiet. Da muss man fragen, Regeln beachten, den Bigman suchen, auch im menschenleersten Gebiet. Wie sollte man das am letzten Tag noch hinkriegen?
    Ratlos und verzagt, auf dem Weg ins Hotel, entdeckte Stephan am Wegesrand ein dichtes Gestrüpp. Warum nicht hier? Das ließe sich wunderbar mit dieser Szene am Wasserfall verbinden, wo ich durchdrehte und mich auszog, allerdings nur bis auf die Badehose. Ohne Namba, aber mit Tarzanschrei.
    Wir blieben stehen, bauten auf, und ich schlüpfte zum letzten Mal in mein Schmutz starrendes Buschhemd. Dann wirbelte ich mit der Machete wie eine Windmühle und rodete ein gutes Stück Landschaft. Und weil ich mir dabei vorstellte, die Blätter wären Wolpers, wirkte das Ergebnis bestürzend echt: Im Film sieht es wirklich aus wie in der grünen Hölle. Die Tankstelle daneben ist ja nicht im Bild.
    Als wir am nächsten Morgen in der alten Boeing der Vanair in Richtung Neuseeland abhoben, glaubte ich, tief unter

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