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Feuersteins Reisen

Feuersteins Reisen

Titel: Feuersteins Reisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Feuerstein
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uns einen Hubschrauber landen zu sehen. Aber es war bestimmt nur eine religiöse Wahnvorstellung. Oder eine Spätwirkung von Kava.

ARABIEN

MORD:
    Der fünfte Versuch

    Wohlgemerkt, ich zähle hier nur jene Mordversuche auf, die Wolpers auf unseren Reisen verübt, nicht jene unzähligen in Deutschland, wo er mir Giftschlangen ins Hemd schob oder mich in einen Stall sperrte und wilde Kühe auf mich hetzte, wie bei den »Tierversuchen« für Spiegel TV; oder seine ganz besonders heimtückischen Attentate in der »Spartakus«-Serie der SAT i-»Wochenshow«, wo er Profi-Stuntleute engagierte, um mich in Sicherheit zu wiegen, während aber die echten Explosionen, Gewehrschüsse und Axthiebe direkt auf meinen Körper gezielt waren, ohne dass überhaupt eine Kamera lief. Würde ich alle diese infamen und feigen Anschläge mitzählen, kämen wir auf insgesamt 137 Mordanschläge. So aber sind wir erst bei Nr. 5.
    Es ging wieder mal um die Anfangsszene. Das Motiv war klar, da konnte es nicht den geringsten Zweifel geben: Eine gewaltige Wüstenlandschaft musste es sein, wie sie der liebe Gott für die Camel Trophy geschaffen hat, sandgelb und unendlich weit, unter strahlend blauem Himmel. Darin ein winziger Punkt auf dem Kamm einer Düne, allein in einer leeren Welt — und dann langsam größer werdend: Das würde wieder mal ich sein, im Dishtlasha, dem weißen arabischen Traditionsgewand, dazu das karierte Kaffiya-Kopftuch, fröhlich winkend, samt Landkarte im Rahmen: der Wüstenfuchs.
    Die Wüste ist in den Arabischen Emiraten nicht schwer zu finden, und eigentlich hätten wir die Szene schon gleich nach der Ankunft mitten in Dubai drehen können, wären da nicht diese vielen Häuser gewesen. Zum Glück geht die Wüste auch hinter Dubai noch ein paar Millionen Quadratkilometer weiter, und auf der Autobahn nach al-Ain wird sie schon nach wenigen Minuten fast schöner als im Kino: Riesige Surfwellen eines erstarrten Ozeans, reine, makellose, gewaltige Sanddünen vom Feinsten. Da im Unterschied zu Sylt dort nichts wächst und auch kein Meer daran nagt, ist die Dünenlandschaft zur allgemeinen Benutzung freigegeben, was auch recht ausgiebig geschieht: Wüstensöhne und — väter reiten dort ihre Allrad-Vehikel zuschanden, man fährt Ski und Schlitten auf dem Sand, und des Nachts bringen Buskolonnen Romantik-Touristen zum Lagerfeuer hierher, mit Ziege am Spieß, Bier und Heino. Wir mussten ganz schön suchen, um ein Stück leere Wüste zu finden.
    Eine besonders mächtige Sanddüne hatte es uns angetan, steil aufragend in einem wahren Dünenmeer, gut 5o Meter hoch, mit genau dem richtigen flirrenden Licht und dieser typischen Mischung von Gluthitze und feinsten Sandkörnern, die der Wind wie ein Sprühregen ständig vor sich her treibt.
    Um dieses Wüstengefühl kamerareif zu präsentieren, zwang mich Wolpers zu einem Schnellkurs für den Umgang mit Allradantrieb auf lockerem Sand: Erst Luft aus den Reifen rauslassen, um das Laufprofil breiter und damit griffiger zu machen, und dann ein geduldiges Liebesspiel mit dem Gaspedal, diese gewisse zärtliche Wildheit, bei der alles erlaubt ist, außer, dass man zum Stehen kommt — also genau umgekehrt wie beim Sex.
    Da bei mir grundsätzlich das Gegenteil des Erwarteten eintritt, kam ich mit dem Fahrzeug dauernd zum Stehen. Wolpers wurde ungeduldig und ließ mich von unserem Fahrer doubeln, und weil jeder Araber von Geburt Stuntfahrer ist, war das Ergebnis hervorragend: Er verwandelte das Auto in einen Sandfloh, sprang über Dünenränder, stürzte kopfüber in Abgründe, riskierte Überschläge und löste Lawinen aus. Es wirkte so mörderisch gefährlich, dass ich gar nicht hinschauen konnte — ein Problem, das ich immer bei solchen Stunts habe: Denn ICH bin es ja, der gedoubelt wird, also geht es um MEIN Leben, auch wenn es ein anderer für mich riskiert... für den Zuschauer bin es ICH, der da drinnen sitzt. So bin ich eben, ein stellvertretender Feigling.
    Selbst mit der zärtlichsten Allrad-Technik war es unmöglich, auch nur die halbe Höhe unserer Kulissendüne hochzufahren. Also machten wir uns auf den Fußweg, der am Steilhang — verzeihen Sie bitte den nun folgenden, plumpen Kalauer — sofort zum Sisyhphusweg wurde, da man bei jedem Schritt nach oben im lockeren Sand fast die gleiche Strecke wieder nach unten rutschte. (Beim Überlesen stelle ich fest, dass dieser Kalauer, für den ich mich sogar noch entschuldigt habe, gar nicht funktioniert, da er nur phonetisch

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